In zahllosen Fernseh- und Vortragsreihen, Podcasts, Social Media Stories sowie in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Medien sind in den vergangenen anderthalb Jahren die medizinischen und virologischen Hintergründe, aber auch die psychischen sowie andere gesellschaftlich relevante – etwa ökonomische, soziale und politische – Auswirkungen der Corona-Pandemie beleuchtet worden. Nie zuvor standen Seuche und Krankheit, Heilung und Genesung so sehr im Blickpunkt eines weltweiten öffentlichen Interesses wie in diesen Zeiten.
Seuche und Krankheit, ihre kulturellen und sozialen Auswirkungen sowie ihre medizinische Überwindung beschäftigen die Menschheit jedoch schon seit viel längerer Zeit. So haben in Europa insbesondere wiederkehrende Pest-Epidemien und Geschlechtskrankheiten wie die Syphilis, aber auch andere weit verbreitete Krankheitsbilder tiefe Spuren hinterlassen, die heute medizinhistorisch, aber auch allgemein kulturgeschichtlich erforscht werden.
Die Ringvorlesung des ZMR wird den überlieferten Spuren von Seuche und Krankheit, Heilung und Genesung in Mittelalter und Renaissance nachgehen und dabei nicht nur räumlich und zeitlich einen weiten Bogen vom sechsten Jahrhundert bis in die frühe Neuzeit und von Konstantinopel bis über den Ärmelkanal ziehen, sondern durch die unterschiedlichen fachlichen Perspektiven der Vortragenden auch die verschiedensten Untersuchungsgegenstände hervorheben. In den Blick geraten werden neben einzelnen Epidemien wie der Justinianischen Pest (im sechsten Jahrhundert) oder der Epidemie im Heer Kaiser Friedrich Barbarossas vor Rom (1167) und natürlich dem „Schwarzen Tod“ (14. Jahrhundert) byzantinische wie westeuropäische Heilkonzepte, praktische Erfahrungen auf Pilgerfahrten, literarische Imaginationen wie auch philosophische und theologische Reflexionen über Krankheit und Heilung, zeitgenössische Theorien über die Heilkraft der Musik und schließlich auch Überlegungen zur ersten Seuche, die zum Medienereignis wurde.
Neben einem geschichtswissenschaftlich, literatur- oder philosophiegeschichtlich begründetem Interesse an Krankheit und Heilung wird dabei auch die Frage eine Rolle spielen, ob unsere von der Pandemie und ihrer Bewältigung gekennzeichnete Gegenwart „Lehren“ aus der Vergangenheit ziehen kann, ob etwa bestimmte individuelle, soziale oder politische Handlungsmuster historische Vor- oder Gegenbilder finden, oder ob letztlich nicht gerade auch die Kulturgeschichte von Krankheit und Heilung von einem fundamentalen Wandel zwischen Vormoderne und Moderne durch den (medizinischen) Fortschritt zeugt.
Die Veranstaltung wird online via Zoom stattfinden.
Alle Interessent:innen können sich jederzeit bei Jan Glück (jan.glueck@lmu.de) oder Klaus Kipf (klaus.kipf@germanistik.uni-muenchen.de) per E-Mail anmelden. Sie erhalten dann den Link zu den Zoom-Konferenzen.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!