Bäuerliche Kleinarchive

Bäuerliche Kleinarchive

Veranstalter
Stadtarchiv Bruneck; Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde; Geschichte und Region / Storia e regione
Veranstaltungsort
Bozen (digital)
PLZ
39100
Ort
Bozen
Land
Italy
Vom - Bis
02.12.2021 - 02.12.2021
Von
Michaela Oberhuber, Stadtarchiv Bruneck

Ein Online-Workshop zum „bäuerlichen Kleinarchiv“. Gemeint sind damit Bestände meist geringen Umfangs, die sich teils über Jahrhunderte vor allem im Besitz von Familien erhalten haben, die dem ländlich-bäuerlichen Milieu zuzuordnen sind.

Bäuerliche Kleinarchive

Der Fokus des Workshops richtet sich auf Quellenmaterial, welches bis dato in der Forschung und der Archivarbeit wie auch in der museologischen Praxis wenig Beachtung fand, aber gerade im Raum des historischen Tirol relativ häufig überliefert ist: das „bäuerliche Kleinarchiv“. Gemeint sind damit Bestände meist geringen Umfangs, die sich teils über Jahrhunderte vor allem im Besitz von Familien erhalten haben, die dem ländlich-bäuerlichen Milieu zuzuordnen sind.

Die Begriffe „ländlich“ und „bäuerlich“ dienen hier als Arbeitsbegriffe, auf die wegen mangelnder Alternativen zurückgegriffen werden muss. Der Begriff „Kleinarchiv“ ist ebenso zu hinterfragen wie auch die Bezeichnung „Archiv“, die in diesen Fällen ebenfalls eher eine Verlegenheitslösung als einen fest umrissenen Terminus darstellt. Unter „bäuerlichen Kleinarchiven“ verstehen wir vorerst Sammlungen von Dokumenten auf Papier und Pergament, von Schreibheften, gedruckten Büchern und Proklamationen sowie anderem Schriftgut, das sowohl dem obrigkeitlichen Verwaltungshandeln als auch der eigenen (bäuerlichen) Selbstverwaltung entstammt. Den Hauptteil stellen somit, soweit bis heute bekannt, meistens die in der Stube am Hof verwahrten „brieflichen Gerechtigkeiten“, d. h. Dokumente, die zur Sicherung und zum Nachweis der Besitztitel dienen (Urkunden, Reverse), dar. Bisweilen gibt es auch originale oder kopiale Wappenverleihungen und -erneuerungen sowie Bücher (Bibeln, Katechismen, Gebetsbücher, Werke der Volksaufklärung) und gedruckte Kalender. In seltenen Fällen gehören Ego-Dokumente wie Tagebücher, Briefe und andere reflexive Textsorten zu diesen Corpora, im ausgehenden 19. und im 20. Jahrhundert können weiters Fotografien, Sterbebilder, Stammtafeln, „Ahnenpässe“ und andere Zeugnisse der Familien- und Hausgeschichte dazugekommen sein. Die Kleinarchive können noch von der Familie selbst – vielleicht noch am Hof – oder aber in Museen und Archiven als Leihgaben oder Schenkungen verwahrt sein. Sie können in eigenen Archivmöbeln geordnet oder aber prekär überliefert sein, sofern sie überhaupt noch physisch vorhanden sind und wir nicht nur aus der literarischen Überlieferung über ihre einstige Existenz wissen.

Im Workshop werden wir uns der Überlieferungsform „bäuerliches Kleinarchiv" annähern, um dann eventuell zu einer Definition von Gemeinsamkeiten zu gelangen, welche diese Form archivalischer Überlieferung charakterisieren. Ein weiterer Fokus wird auf dem Umgang mit Dokumentencorpora liegen. Die Möglichkeiten der Nutzung und Erschließung bäuerlicher Kleinarchive decken dabei die breite Palette von der reinen Zimelienschau („Schatzarchiv“) über die Erschließung für den Eigengebrauch (Familien- und Höfegeschichte) bis zur (populär-)wissenschaftlichen Veröffentlichung ab.

Ein Zweck des Workshops wird es schließlich auch sein, die Bedeutung von Kleinarchiven für die Dokumentation und Erforschung von Alltags-, Sozial-, Mentalitäts-, Mikro-, Sammlungs-, Archiv- und somit Kulturgeschichte festzuschreiben, damit einen Beitrag zur gesicherten Überlieferung zu leisten und dem Verlust vorzubeugen.

Programm

13.00–13.10 Uhr
Andreas Oberhofer, Stadtarchiv Bruneck:
Einführende Worte

13.10–13.40 Uhr
Philipp Tolloi, Südtiroler Landesarchiv:
Privatarchive in Südtirol – Erhebung, Kontrolle und Erwerbung durch das Südtiroler Landesarchiv

13.40–14.10 Uhr
Ingrid Rittler, Volkskunstmuseum Innsbruck/Karl C. Berger, Leiter Tiroler Volkskunstmuseum und Hofkirche:
Der „Stindl“ in Absam – Hausbriefe im Tiroler Volkskunstmuseum

14.10–14.40 Uhr
Michael Kasper, Kulturwissenschaftlicher Bereichsleiter beim Stand Montafon/Edith Hessenberger, Leiterin Ötztaler Museen:
Bäuerliche Kleinbestände im Kontext regionaler Archive im Montafon und im Ötztal

14.40–15.00 Uhr Pause

15.00–15.30 Uhr
Andreas Oberhofer, Stadtarchiv Bruneck:
Bäuerliche Kleinarchive – Eine Begriffs- und Standortbestimmung

15.30–16.00 Uhr
Brigitte Strauß, Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde:
Zur Rolle nicht akademischer Forschender für die Überlieferung bäuerlichen Schriftgutes am Beispiel des „Heimatkundlers“ Anton Ebner

16.00–16.30 Uhr
Michael Span, Volkskunstmuseum Innsbruck:
Die brieflichen Gerechtigkeiten. Verlassenschaftsabhandlungen als Quellen für private Archive im ländlichen Raum (1750–1800)

16.30–16.50 Uhr
Hannes Obermair, Eurac Bozen:
Zusammenfassung und Schlussstatement

ab 16.50
Schlussdiskussion

Kontakt

archiv@bruneck.eu
Anmeldung erbeten innerhalb 26. November 2021.
Die Zugangsdaten werden kurz vor Veranstaltungsbeginn übermittelt.