Das Phänomen des Primators – Oberbürgermeisters. Persönlichkeiten an der Spitze der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert

Das Phänomen des Primators – Oberbürgermeisters. Persönlichkeiten an der Spitze der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert

Veranstalter
Archiv der Hauptstadt Prag in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, der Fakultät für Humanistische Studien der Karls-Universität, der Philosophischen Fakultät der J. E. Purkyně-Universität in Ústí nad Labem, dem Institut für Geschichte und Archivwissenschaft der Pädagogischen Universität in Krakau
Veranstaltungsort
Prag
PLZ
11000
Ort
Praha 1
Land
Czech Republic
Vom - Bis
04.10.2022 - 05.10.2022
Deadline
15.04.2022
Von
Marketa Ruckova

41. internationale Tagung des Archivs der Hauptstadt Prag und Partner zur Stadtgeschichte

Das Phänomen des Primators – Oberbürgermeisters. Persönlichkeiten an der Spitze der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert

Schon in der mittelalterlichen Stadtverwaltung nahm im Amt des Bürgermeisters, in dem sich die einzelnen Ratsherren abwechselten, derjenige Bürger eine besondere Stellung ein, der bei der Erneuerung des Stadtrats als Erster dieses Amt übernahm: der erste Ratsherr – der erste Bürgermeister – primus magister civium. Gerade er war nicht nur der symbolische, sondern auch der reale Repräsentant der Stadt und hatte ein entscheidendes Mitspracherecht im wichtigsten Bereich der Stadtverwaltung, nämlich in den Fragen der städtischen Finanzen. Der Titel Primas – Primator taucht im Zusammenhang mit dieser Funktion in den Prager Städten erstmals 1547 auf. Im Laufe der Frühen Neuzeit verlor dieses Amt jedoch allmählich an Gewicht, da seine Bedeutung stets vom Grad der Autonomie abhing, die die Städte genossen bzw. in dieser Zeit vielmehr allmählich verloren.

Die historische Funktion des Primators – Oberbürgermeisters hat sich auch in der modernen Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung erhalten. Die Befugnisse der Stadtoberhäupter, ob sie nun im 19. und 20. Jahrhundert unter dem Titel Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Primator agierten, variierten dabei in Abhängigkeit von dem Grad der Autonomie der Stadtverwaltungen bzw. nach 1848 der Selbstverwaltungen. Viele Oberbürgermeister beschränkten sich nicht auf die rein formale Repräsentation der Stadt, sondern wirkten aktiv an der Gestaltung der städtischen Politik mit. So setzten sie Visionen oder bestimmte politische Programme durch und initiierten die Stadterweiterung, den Wohnungsbau, den Aufbau einer modernen Infrastruktur, eine großzügige Sozialpolitik oder die kulturelle Entwicklung der Stadt. Sie vertraten die Stadt über die Landesgrenzen hinaus und bereicherten die städtische Politik mit ihren ausländischen Kontakten und Erfahrungen. Parallel zu ihrem Wirken auf kommunaler Ebene waren einige von ihnen auch in der Landespolitik aktiv, für andere wiederum war die Führungsposition in der Stadt ein Sprungbrett in die nationale Politik.

Viele Oberbürgermeister erlebten schwierige politische Situationen, in denen sie die Existenz der kommunalen Selbstverwaltung und die Interessen der Stadt gegen die Entscheidungen der staatlichen Exekutive verteidigen, die Stadtverwaltung durch Krisen- und Kriegssituationen steuern und das Leben der Stadt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aufrechterhalten mussten. Einige von ihnen waren nicht zuletzt auch mit verschiedenen Naturkatastrophen, wie etwa wiederholten Überschwemmungen, oder Epidemien konfrontiert, die das städtische Leben lahmlegten und bedrohten.

Die Bedeutung des Oberbürgermeisteramtes änderte sich erst in der Zeit der totalitären Regime, in der die Prinzipien der kommunalen Selbstverwaltung beseitigt wurden, die Führungsposition Teil der totalitären Nomenklatura wurde und es keine Möglichkeit mehr gab, eine eigenständige Stadtpolitik zu betreiben. Doch schon damals gab es vielerorts Persönlichkeiten, die eine vorübergehende Lockerung der Verhältnisse zu nutzen wussten und im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten eine Reihe von Maßnahmen zum Wohle der Stadt ergriffen.

Auf unserer Konferenz möchten wir uns auf jene Persönlichkeiten an der Spitze der Städte konzentrieren, die im 19. und 20. Jahrhundert ihre Entwicklung maßgeblich beeinflussten und in ihrer jeweiligen Geschichte wesentliche, wenn auch bisweilen kontroverse Spuren hinterlassen haben. Nicht zu vergessen sind ebenfalls diejenigen Persönlichkeiten hinter den Kulissen der städtischen Politik, die aufgrund ihrer besonderen Stellung in der Stadtverwaltung oder in inoffizieller Funktion die Richtung der städtischen Politik beeinflussten und bisweilen die Oberbürgermeister in den Schatten stellten. Weiter interessiert uns die Frage, welche Rolle die Parteipolitik bei der Ausübung des Oberbürgermeisteramtes spielte und wie diese von der staatlichen Politik beeinflusst wurde, die über weite Strecken des Untersuchungszeitraums vor allem auf die Nutzung des wirtschaftlichen und politischen Potenzials der Städte ausgerichtet war. Welchen Einfluss hatten persönliche, berufliche oder politische Netzwerke auf die Ausübung des Oberbürgermeisteramtes? Wie und in welchem Maße spiegelte sich die politische Agenda der jeweiligen Parteien in den Handlungen und Entscheidungen der städtischen Spitzenpolitiker wider?

Im Zentrum unseres Interesses steht vor allem Prag. Darüber hinaus interessieren uns vor allem die weiteren großen, meist ehemaligen Statutarstädte in Böhmen, Mähren und Schlesien sowie ein Vergleich mit anderen europäischen, insbesondere mitteleuropäischen, Metropolen.

Potenzielle Referenten bitten wir, den geplanten Titel ihres Vortrags zusammen mit einem aussagekräftigen Abstract und einer Kurzbiographie bis zum 15. April 2022 an die unten angegebene Kontaktadresse einzureichen. Die Organisatoren behalten sich vor, unter den eingesandten Beiträgen eine Auswahl zu treffen. Die vorgetragenen Referate werden für die Veröffentlichung in der Reihe Documenta Pragensia berücksichtigt. Die Unterbringung der ausländischen Referenten erfolgt auf Kosten der Organisatoren, ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben. Die offiziellen Tagungssprachen sind Tschechisch und Deutsch (ggf. Englisch), eine Simultanübersetzung wird gewährleistet.

Kontakt

Dr. Markéta Růčková
Archiv hl. města Prahy
Archivní 6
CZ-149 00 Praha 4
Tschechische Republik
E-Mail: marketa.ruckova@praha.eu

http://www.ahmp.cz/eng/index.html?mid=61
Redaktion
Veröffentlicht am