Vorsorge, Verbote und Sanktionen: Grabschutz in der griechisch-römischen Antike im Spiegel der epigraphischen Quellen

Vorsorge, Verbote und Sanktionen: Grabschutz in der griechisch-römischen Antike im Spiegel der epigraphischen Quellen

Veranstalter
Prof. Dr. Kaja Harter-Uibopuu, Hamburg; Dr. Karin Wiedergut, Wien
Veranstaltungsort
Universität Hamburg
PLZ
22297
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.10.2022 - 14.10.2022
Deadline
20.02.2022
Von
Kaja Harter-Uibopuu, Fachbereich Geschichte, Arbeitsbereich Alte Geschichte, Universität Hamburg

Vorsorge, Verbote und Sanktionen: Grabschutz in der griechisch-römischen Antike im Spiegel der epigraphischen Quellen

Vorsorge, Verbote und Sanktionen: Grabschutz in der griechisch-römischen Antike im Spiegel der epigraphischen Quellen

Provisions, Prohibitions and Sanctions: Tomb Protection in Greco-Roman Antiquity as reflected in the epigraphic sources

CfP for the conference on "Provisions, Prohibitions and Sanctions: Tomb Protection in Greco-Roman Antiquity as reflected in the epigraphic sources" from 12 to 14 October 2022 at the University of Hamburg.

Vorsorge, Verbote und Sanktionen: Grabschutz in der griechisch-römischen Antike im Spiegel der epigraphischen Quellen

Eines der markantesten Merkmale der epigraphischen Kultur (nicht nur) des griechischen Ostens ist die Fülle an Grabinschriften. Das Spektrum reicht von kurz gehaltenen Memorialinschriften, die lediglich den Namen der verstorbenen Person preisgeben, bis hin zu umfassenden, in die Zukunft gerichteten „Vorsorgeinschriften“, deren memorialer Gehalt deutlich hinter die Bemühung tritt, die weitere Nutzung des Grabmonuments bestmöglich zu regeln. Diesen soll sich die Tagung in Hamburg widmen.

Dieser ausführliche Inschriftentyp ist alleine in Kleinasien mit mehreren tausend Beispielen vom späten Hellenismus bis in die Kaiserzeit prominent vertreten, zahlreiche weitere Zeugnisse sind aus Makedonien, dem unteren Donauraum sowie Rom und der italischen Halbinsel bekannt. Dabei fällt auf, dass die Vorschriften auf der einen Seite zahlreiche Gemeinsamkeiten aufweisen, etwa wenn Unberechtigten die Verwendung des Grabbaus verboten wird. Auf der anderen Seite sind lokale Besonderheiten in den einzelnen Formulierungen, der Auswahl der Verbote, den möglichen Sanktionen oder der Bestimmung der Empfänger der Strafgelder zu beobachten. Die Tagung, zu der wir hier einladen, möchte gleichermaßen die Traditionen und die Vielfalt dieses spezifischen epigraphischen Phänomens abbilden und den rechtlichen und sozialen Rahmen der Vorschriften näher erläutern. Sie trägt damit dem breiten Interesse Rechnung, das an diesen Inschriften in jüngster Zeit erwacht ist.

Folgende thematische Schwerpunkte sollen Anhaltspunkte für mögliche Beiträge geben:

Graberwerb

Gräber konnten sowohl neu errichtet, als auch als bestehende Bauten weiter verwendet werden. Für beide Szenarien musste in jedem Fall die Berechtigung zur Nutzung vorhanden sein, die entgeltlich oder unentgeltlich zumeist bereits zu Lebzeiten des ersten Grabherrn bzw. der Grabherrin erworben werden konnte. Der Eigentumsübergang oder das Nutzungsrecht konnten in den Grabinschriften erwähnt werden – das musste aber nicht zwingend geschehen. In jedem Fall bietet dieser Themenkomplex die Möglichkeit, lokale Spezifika und unterschiedliche Zugänge im griechischen und im römischen Recht zu beleuchten.

Berechtigung zur Bestattung und Weitergabemöglichkeiten

Üblicherweise bildet die Kernfamilie des jeweiligen Grabherrn bzw. der Grabherrin die Bestattungsgemeinschaft einer Grabanlage mit Vorsorgeinschrift. Dabei handelt es sich um die Ehefrau resp. den Ehemann und die gemeinsamen Kinder, oft erweitert um mindestens eine zusätzliche (pauschal angesprochene) Generation (... καὶ ἐγγόνοις). Doch welche Möglichkeiten gab es – abseits dieser sozial-alltagsnahen Notwendigkeiten – weiteren Personen das Bestattungsrecht zukommen zu lassen? Und, umgekehrt, wie konnte die Bestattung selbst naher Angehöriger verhindert werden?

Verbote

Wie in zahlreichen anderen Normen auch, wird die Einhaltung der Vorschriften durch Verbote ergänzt und durch Sanktionen geschützt. Erwartungsgemäß machen die zahlenmäßig stärkste Kategorie der Verbote auf Gräbern jene Klauseln aus, die die Beisetzung einer unberechtigten Person unterbinden wollen. Sprachlich zwar gegen eine anonyme Allgemeinheit gerichtet, erlauben die Texte dennoch weiterführende Überlegungen etwa zur Frage, welchen konkreten Personen der Inschriftensetzer hier die Bestattungsmöglichkeit absprechen wollte. Daneben müssen das Verbot der Graböffnung, der Veräußerung des Grabes, der Veränderung von Grabmal oder Inschrift, oder überhaupt der Zerstörung der Anlage näher betrachtet werden. Gibt es hierbei lokale Muster? Welche Kombinationen sind anzutreffen? Und: Als wie wirksam können diese Verbote aus rechtlicher und aus praktischer Perspektive erachtet werden?

Sanktionen

Geldstrafe oder Verfluchung? Die kaiserzeitlichen Grabherren wählten üblicherweise die erste Variante, und setzten einen empfindlich hohen Geldbetrag fest, der an eine öffentliche Institution zu entrichten war. Sie hofften wohl, dadurch potenzielle Täter genügend abgeschreckt zu haben. Die in den Texten anzutreffenden Empfänger, zumeist öffentliche oder sakrale Einrichtungen, sind hier ebenso von Interesse wie etwa das auffällige Fehlen lokal bedeutender Institutionen, die Höhe der Geldbußen, sowie das vereinzelte Abweichen von gängigen Mustern, etwa Zahlungen in Gold oder Zahlungen an die eigene Familie.

Strafverfolgung und Vollstreckung

Die Anrufung eines engagierten Freiwilligen (ὁ βουλόμενος) war die gängigste Möglichkeit, die breite Öffentlichkeit in den Schutz der eigenen Grabstätte einzubinden und entsprach den Vorschriften in anderen Bereichen des Polis-Rechts. Durch das Versprechen einer vorab definierten Prämie konnte gewährleistet werden, dass auch Personen außerhalb der eigenen Familie Interesse an der Umsetzung der inschriftlich festgehaltenen Bestimmungen hatten und im Anlassfall sogar gegen die Familie des Grabherrn vorgehen konnten. Verbreitung und Formulierung dieser und ähnlicher Bestimmungen sind hier ebenso von Interesse wie Überlegungen zum konkreten Verfahrensablauf, den rechtlichen Grundlagen dieser Klauseln und der Einbindung ihrer Umsetzung in das Rechtsgebäude der kaiserzeitlichen Polis.

Wir freuen uns auf Beiträge zu diesen oder ähnlichen Themen auf Deutsch oder Englisch und bitten um Einreichung eines Abstracts bis zum 20. Februar 2022.

Die Tagung wird vom 12. bis 14. Oktober 2022 an der Universität Hamburg stattfinden, die anschließende Publikation der Beiträge ist vorgesehen.

Provisions, Prohibitions and Sanctions: Tomb Protection in Greco-Roman Antiquity as reflected in the epigraphic sources

One of the most striking features characterizing the epigraphic culture of the Greek East is the plentitude of funerary inscriptions. Their spectrum ranges from brief epitaphs only revealing the name of the deceased to texts displaying comprehensive provisions geared towards the future, with their memorial content clearly receding behind efforts of regulating the use of the monument. This latter type is prominently attested in Asia Minor, with several thousand examples dating to the Hellenistic and Imperial periods; numerous examples are furthermore known from Macedonia, the lower Danube regions, as well as Rome and the Italic peninsula. On the one hand, the regulations given in these texts show considerable similarities, e.g. when seeking to keep unauthorized persons from using the tomb. On the other hand, local particularities can be observed regarding the chosen formulae, the selection of the specific prohibitions, the details of the sanctions imposed and the recipients of the fines. Recent scholarship has seen a rising interest in this particular set of evidence. It is, thus, the intention of the conference to equally map the traditions and the diversity of this peculiar epigraphic phenomenon as well as to further our understanding of the underlying legal and social frameworks.

The following selection of topics is intended to provide suggestions for contributions:

Acquisition of the tomb

Burial facilities could either be built from scratch or made ready by using an existing structure. In both cases, legal authorization had to be at hand, which could be acquired against payment or free of charge by the tomb founder. Though a specific mentioning in the epitaph was not obligatory, many texts nevertheless deliver accounts of the transfer of ownership or the acquisition of usage rights. The pertaining details, with a focus on local patterns, are of equal interest here as are the different approaches within Greek and Roman law.

Entitlement for burial and possibilities of transfer

The “burial community” of a tomb monument is usually constituted by its owner’s nuclear family, viz. his wife/her husband and their children. This limited circle is often extended by (at least) one additional generation, addressed in a very general manner (... καὶ ἐγγόνοις). Apart from these seemingly rather practical necessities, what were other possibilities to grant the right of burial? And, conversely, what were the ways and methods to prevent the burial of even close relatives?

Prohibitions

As it is with numerous other regulations, the given set of regulations is complemented by prohibitions and protected by sanctions. As one would expect, prohibitions seeking to prevent the burial of unauthorized persons are numerically predominant to all other categories. Although these clauses are aimed at the general public in terms of their formulation, the texts nevertheless allow for further considerations, e.g. on the question if the tomb owner did, in actual fact, have in mind a more specific group of persons. Additionally, a closer look on other categories of prohibitions is called for, such as the ban on opening or selling the tomb, of altering the inscription, or of destroying the monument as a whole. Are local patterns emerging? What combinations can be found? And: To what extent can these prohibitions be considered effective, from a legal as well as a practical perspective?

Sanctions

Fine or curse? Tomb owners of the Roman Imperial period usually opted for the first variant, and set a specific amount of money to be paid to a public institution, in the hopes that the fine would be painfully enough to discourage potential violators. Of interest here are, e.g., the frequency of certain public or sacred bodies as recipients of these fines as well as the conspicuous absence of other, locally prominent institutions, the specific amounts of the fines as well as the occasional deviation from common patterns, such as the demand for payments in gold or to one's own family.

Prosecution and enforcement

Appealing to a volunteer (ὁ βουλόμενος) was the most common way to involve the general public in the protection of one's burial place and corresponded to the regulations observable also in other areas of polis law. By promising a monetary reward, it was possible to ensure that individuals outside one's own family were interested in monitoring the compliance with the provisions recorded in the inscription and, should it be required, would even be able to take action against the tomb owner’s family. The dissemination and formulation of these and similar provisions are of interest here, as are considerations of the specific procedure, the legal ground to the clauses as well as the integration of their implementation into the legal system of the Imperial polis.

We are looking forward to your contributions on these or similar topics in German or English and ask for submission of an abstract by February 20, 2022.

The conference will be held at the University of Hamburg, the subsequent publication of a conference volume is intended.

Kontakt

Prof. Dr. Kaja Harter-Uibopuu
Univ. Hamburg
E-Mail: kaja.harter@uni-hamburg.de

Dr. Karin Wiedergut
Univ. Wien
E-Mail: karin.wiedergut@oeaw.ac.at

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Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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