Anna Schüller, Sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
Einführungsvortrag: Cornelia Siebeck (KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
Diskussion: Auf Erinnerung bauen. Der Ideenwettbewerb „Gedenkstätte Konzentrationslager Sachsenburg Umgestaltung der ‚Kommandantenvilla‘“ – Herausforderungen, Chancen und Konsequenzen
Der Ideenwettbewerb zum Umgang mit der ehemaligen „Kommandantenvilla“ auf dem Gelände des früheren KZ Sachsenburg brachte in seinem Verlauf zahlreiche Fragestellungen hervor. Diese berührten die „Kernthemen“ von Wettbewerben. Sie reichten von der Ausschreibung mit ihren Zielstellungen und Intentionen, den damit verbunden Formalia über die einbezogenen und beteiligten Sachverständigen bis hin zu den Ergebnissen und deren Diskussion.
Zur gemeinsamen Nachbetrachtung verschiedenster Aspekte des Wettbewerbs haben wir Melanie Engler (Gedenkstätte Lichtenburg Prettin), Anna Schüller (Geschichtswerkstatt Sachsenburg), Prof. Dr. Jörg Skriebeleit (Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg) sowie Dr. Markus Pieper (Geschäftsführer der Stiftung Sächsischen Gedenkstätten) eingeladen.
Im Podium werden insbesondere Kernfragen von Wettbewerben im Hinblick auf die Spezifika des Umgangs mit NS-Tat- und Täterorten reflektiert. Dabei sind hier ebenso Begriffe wie „Authentizität“ und „Aura“, Aspekte der doppelten Geschichte von Tat- und zugleich Täterort sowie didaktische Fragen zu betrachten. Ebenso wird die Rolle der beteiligten Akteur:innen von der Wettbewerbsfinanzierung bis hin zum Denkmalschutz und den beteiligten Architekt:innen in den Blick zu nehmen sein.
Die Rückschau auf unterschiedliche Erwartungen an den Wettbewerb, die sich daraus ergebenden Konfliktlinien sowie die Perspektiven auf dessen Ergebnisse soll schließlich zu gemeinsamen Schlussfolgerungen und zur Formulierung wesentlicher, zukünftiger Fragestellungen und Aufgaben führen. Diese können bei weiterführenden Veranstaltungen zum Thema vertieft werden und die Prozesse zukünftiger, ähnlich gelagerter Vorhaben ratgebend begleiten.
Details Workshops:
Workshop I: NS-Tat- und Täterorte unter Denkmalschutz? Möglichkeiten und Grenzen denkmalpflegerischer Würdigung von Orten mit NS-Vergangenheit in Sachsen
Prof. Dr.-Ing. Anke Fissabre (FH Aachen, Geschichte und Theorie der Architektur), Alma Thum und Valentin Bauer (freiberufliche Restaurator:innen)
In der sächsischen Denkmalpflege sind Orte mit NS-Vergangenheit meist nur ein Aspekt des Denkmaleintrages. Bundesländer wie Baden-Württemberg sind dem schon einige Schritte voraus. Die dortige Denkmalpflege erforscht, erfasst und sichert Orte – auch und gerade mit ausschließlicher NS-Geschichte. Welche Möglichkeiten bietet denkmalpflegerische Erfassung? Welche Perspektiven eröffnet die denkmalpflegerische Würdigung den Orten? Kann sie Abriss und Umnutzung längerfristig verhindern?
Workshop II: Zeitschichten entdecken
Anja Neubert (Universität Leipzig, Fachdidaktik Geschichte): Historisches Lernen an überformten Orten der NS-Geschichte
Trotz unzähliger Möglichkeiten der digitalen Vergegenwärtigung ist der Besuch von historischen Tat- und Täterorten der NS-Geschichte weiterhin von großem Interesse. Vielfach sind solche Orte jedoch nicht mehr vorhanden, stark überformt oder werden umgenutzt. Dies trifft insbesondere auf Orte von NS-Zwangsarbeit, frühen Konzentrationslagern oder von Euthanasie-Verbrechen zu. Sie sind meist im Alltag „unsichtbar“. In ihrer augenfälligen Überformung irritieren sie uns und brechen mit der Vorstellung von Lagern und Tatorten. Wie kann diese Irritation didaktisch aufgefangen werden? Welche Chancen bieten diese Orte, um eine oft unreflektierte Annahme von „Authentizität“ zu brechen und für Zeitschichten und Spuren zu sensibilisieren? Oder führt dies letztendlich zu Überforderung und zum Orientierungsverlust in einer allgegenwärtigen NS-Geschichte?
Workshop III: Räume denken – Räume gestalten
Monika Müller-Rieger (Geschäftsführerin „Büro Müller Rieger – Ausstellungen und Medien“, München, Szenografin): Perspektiven integrativer Prozesse beim Umgang mit NS-Tat- und Täterorten
Die architektonische Gestaltung von Gedenkstätten und anderen Erinnerungsorten gleicht einem Balance-Akt. Ästhetische Erwägungen und die Verwendung von Symbolsprache treffen auf bauliche Überreste, historische Fakten und breit formulierte Vermittlungs- und Bildungsziele. Gemeinsamer Konsens der Beteiligten ist idealerweise der Anspruch, den Besucher:innen eigene Denk- und Interpretationsräume zu eröffnen. Auf welche Fragen ist im Vorfeld von kreativen Prozessen und Gestaltungsideen zu fokussieren, welche Aspekte können wesentlich sein für gemeinsame Brainstormings von Historiker:innen, politischen Bildner:innen, Künstler:innen und Architekt:innen, um diesem Anspruch an die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte schließlich eine Formensprache zu geben und Raum zu schaffen?