Der Körper im politischen Diskurs der Antike

Der Körper im politischen Diskurs der Antike

Veranstalter
Jonas Borsch, Abteilung für Alte Geschichte und Rezeptionsgeschichte der Antike, Universität Bern
Veranstaltungsort
Universität Bern
Gefördert durch
Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
PLZ
3012
Ort
Bern
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.11.2022 - 19.11.2022
Deadline
15.05.2022
Von
Jonas Borsch, Abteilung für Alte Geschichte und Rezeptionsgeschichte der Antike, Universität Bern

Tagung an der Abteilung für Alte Geschichte und Rezeptionsgeschichte der Antike der Universität Bern vom 17. bis 19. November 2022.

Der Körper im politischen Diskurs der Antike

Die politischen Systeme der Antike waren in starkem Maße durch Interaktion zwischen persönlich Anwesenden geprägt. In dieser für vormoderne Kulturen nicht untypischen Konstellation kommt dem menschlichen Körper eine besondere Rolle zu. Einerseits nämlich geschieht Kommunikation unter Anwesenden immer auch über den Körper, andererseits können im Körper in besonders wirkmächtiger Weise Identitäten, Hierarchien und Machtverhältnisse zum Ausdruck kommen. Die Tagung zielt darauf ab, die Rolle des Körpers im politischen Prozess in einer auf die gesamte griechisch-römische Antike gerichteten Perspektive zu beleuchten.

Orientierend soll dabei die Frage nach der Rolle des Körpers im politischen Diskurs wirken. Unter dem Begriff des politischen Diskurses wird hier die Produktion von Wissensbeständen über Macht, Mächtige und Praktiken der Machtverteilung verstanden, die sich in verschiedenen Medien äußern kann: Wissensbestände über Körper und Macht werden nicht nur in textlichen Auseinandersetzungen mit Körpern erzeugt, sondern sie liegen auch bildlichen Repräsentationen von Körpern zugrunde und formen nicht zuletzt das körperliche Auftreten selbst. So verstanden, erleichtert der Begriff des politischen Diskurses einen interdisziplinären Zugriff, in dem Text, Bild und Praxis gleichermaßen Berücksichtigung finden.

Methodologisch liegt der Tagung die Beobachtung zugrunde, dass der Körper zwar kulturellen Formungen unterliegt, dass er aber auch eine physische Widerständigkeit besitzt, die solche Formungen notwendigerweise begrenzt. Diese nur scheinbare Paradoxie macht ihn im politischen Diskurs auf doppelte Weise funktionalisierbar: Er kann einerseits zum Ideal oder zur Groteske geformt werden, ja sogar metaphorisch die politische Ordnung als Ganze versinnbildlichen. Andererseits verfügen die Teilnehmer am politischen Diskurs über physische Körper, die performativ in der politischen Arena eingesetzt werden und deren Einsatz wiederum von anderen beobachtet und interpretiert wird.

Ziel der Tagung ist es, im Rahmen einer diachronen Betrachtung Kontinuität und Wandel im politischen Diskurs über den Körper vom Archaischen und Klassischen Griechenland über den Hellenismus und das republikanische und kaiserzeitliche Rom bis in die Spätantike hinein nachzuverfolgen. Das griechisch-römische Altertum bildet hier deshalb einen besonders interessanten Gegenstand, weil sich für diesen Zeitraum die Rolle von Körperlichkeit in sich verändernden politischen Systemen – von der autonomen Bürgergemeinde zur Monarchie – besonders gut nachzeichnen lässt. Darüber hinaus hat sich in der Antike auch ein Wandel des Diskursrahmens vollzogen, der sich etwa in der sukzessiven Etablierung des Christentums als einer in außerordentlichem Maße körperbezogenen Religion manifestiert.

Folgende Aspekte sollen bei der Tagung im Zentrum stehen:

1. Die Politisierung des Körpers in Text und Bild: Inwiefern und warum kommt der Körper in der literarischen Auseinandersetzung mit politischen Sachverhalten zur Sprache, z.B. im Rahmen der politischen Theorie, der Rhetorik, der Panegyrik oder der Geschichtsschreibung? In welchem Verhältnis stehen Körper und Politik zueinander in bildlichen Darstellungen, z.B. auf öffentlichen Monumenten, auf Münzen, Vasen, Kameen oder Diptychen? Wie verhalten sich Schrift- und Bildquellen zueinander? Ergeben sich aus ihnen miteinander korrespondierende oder voneinander divergierende Diskurse?

2. Körperkonzepte: Welche Konzeptionen liegen dem antiken Denken über Körper und Macht zugrunde und wie steht das Wissen über den Körper in Beziehung zur Ausübung von Macht? Wie werden schöne und hässliche, starke und schwache, gesunde und kranke, makellose und versehrte, bekleidete und nackte Körper in politischen Kontexten wahrgenommen? Inwiefern werden der Körper und dessen Bestandteile im politischen Diskurs symbolisch oder metaphorisch aufgeladen? Inwiefern wird der Körper zum Gegenstand von Grenzziehungen, etwa mit Blick auf Status und Zugehörigkeit? Welche Rolle spielen Geschlecht und Sexualität?

3. Praxis: Wie bewegen sich Körper im politischen Raum? Wie treten die am politischen Geschehen beteiligten Personen und Personengruppen körperlich auf? Verfügen bestimmte soziale Gruppen über einen spezifischen körperlichen Habitus? Auf welche Art und Weise werden körperliche Eigenschaften und Verhaltensweisen im Rahmen politischer Interaktionen funktionalisiert? Welche Rolle spielt der Körper im Kontext öffentlicher Rituale? Inwiefern werden Bilddarstellungen von Körpern in die politische Praxis integriert?

4. Rezeption und Relevanz der Antike: Wie wird unser Blick auf antike Körper durch moderne Wahrnehmungen der Antike geformt? Warum und unter welchen Voraussetzungen hat sich die moderne Welt mit den Körpern der Antike beschäftigt und was lässt sich daraus für eine aktuelle Perspektive auf Körper und Politik in der Antike mitnehmen? Was ist der Beitrag der Altertumswissenschaften zur epochenübergreifenden Körpergeschichte? Was ist das historisch Spezifische am antiken Verhältnis von Macht und Körper?

Der Call for Papers richtet sich an WissenschaftlerInnen aller altertumswissenschaftlichen Disziplinen. Zu den bestätigten Sprechern zählen Véronique Dasen (Fribourg), Thomas Späth (Bern) und Adrian Stähli (Harvard). Vorträge können in deutscher, englischer oder französischer Sprache gehalten werden und sollten ca. 30 Minuten dauern. Bei Interesse senden Sie bitte bis zum 15.05.2022 ein Abstract von maximal 300 Wörtern sowie einen knappen wissenschaftlichen Lebenslauf an jonas.borsch@unibe.ch. Kosten für Anreise und Aufenthalt können (unter Vorbehalt der Finanzierung) vollständig übernommen werden.

Kontakt

jonas.borsch@unibe.ch

https://www.academia.edu/76300903/Call_for_Papers_The_Body_in_Ancient_Political_Discourse