Rückkehr nach Aschkenas - Juden vom Mars und Deutsche aus Russland: Die Rekonstruktion einer Fehleinschätzung

Rückkehr nach Aschkenas - Juden vom Mars & Deutsche aus Russland: Die Rekonstruktion einer Fehleinschätzung

Veranstalter
Tikvah Institut gUG & Heinrich-Böll-Stiftung
Veranstaltungsort
Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8
Gefördert durch
Bundesministerium des Inneren und für Heimat im Rahmen des Festjahres "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland"
PLZ
10117
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
29.05.2022 - 30.05.2022
Deadline
23.05.2022
Von
Ulf Plessentin für Tikvah Institut gUG, Berlin

Die Tagung "Rückkehr nach Aschkenas - Juden vom Mars & Deutsche aus Russland: Die Rekonstruktion einer Fehleinschätzung" ist eine öffentliche Tagung (29. bis 30.05.2022, Berlin), widmet der komplexen Geschichte von Aschkenas. Es werden historische und gesellschaftspolitische Linien vom mittelalterlichen Judentum in den deutschen Landen (Aschkenas), über deren Flucht und Vertreibung aufgrund von Progromen nach Osteuropa, bis zu den jüdischen Flüchtlingen aus der Ukraine im Frühjahr 2022 gezogen.

Rückkehr nach Aschkenas - Juden vom Mars & Deutsche aus Russland: Die Rekonstruktion einer Fehleinschätzung

"Aschkenas" steht bei jüdischen Gelehrten des Hochmittelalters für die deutschen Lande, das erste Siedlungsgebiet von Jüdinnen und Juden in Nordwesteuropa, zwischen Köln, Metz und Regensburg, vor allem an den Ufern des Rheins. Das Programm der Tagung wird die Geschichte des aschkenasischen Judentums nacherzählen: Von seinen Ursprüngen im Rheinland und Süddeutschland, über die von Pogromen und Vertreibungen geprägte Zeit im 13. und 14. Jahrhundert, die zur Flucht und Migration vor allem Richtung Osteuropa führte, bis zur heutigen Situation jüdischer Flüchtlinge aus der Ukraine im Frühjahr 2022. Dabei wird die Entstehung einer langlebigen aschkenasischen Kultur sowie deren andauerndem Austausch mit den deutschsprachigen Regionen portraitiert und anschließend die Lebensbedingungen der Juden und Jüdinnen in der Sowjetunion vor, während und nach der Shoah, untersucht. Historische, kulturelle und sprachliche Verbindungen werden auf der Veranstaltung gemeinsam neu entdeckt und historisch überlieferte Fremdmachungen durch Aufzeigen wenig bekannter Zusammenhänge dekonstruiert.

Nach dem Mauerfall hat Deutschland Juden und Jüdinnen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion die Umsiedlung ermöglicht, um jüdisches Leben hierzulande wiederaufzubauen, jedoch ohne ihnen im Gegensatz zu den „russlanddeutschen“ Spätaussiedler:innen die Staatsangehörigkeit zu gewähren. Diese folgenschwere Ungleichbehandlung in Bezug auf Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sowie im Hinblick auf die Sozial- und Rentenversicherungen soll im Rahmen der Tagung analysiert und hinterfragt werden sowie über eine Neubewertung diskutiert werden: Die Geschichte des aschkenasischen Judentums soll auch als ein reichhaltiger Teil der deutschen Kulturgeschichte wiederentdeckt werden, ohne sie für Deutschland zu vereinnahmen.

Die Fachtagung aus Anlass des Jubiläums "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" wird vom Tikvah Institut gUG mit der Heinrich-Böll-Stiftung organisiert. Das Käte Hamburger Kolleg des CERES (Ruhr-Universität Bochum), das Centrum Judaicum und die Amadeu Antonio Stiftung sowie die Hertie Stiftung sind Kooperationspartner.

Programm

Sonntag, 29. Mai 2022

Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8

ab 08:30 Uhr EINLASS

09:00–09:20 Uhr / Volker Beck (Geschäftsführer Tikvah Institut gUG Berlin/Bochum); Deidre Berger (Associate Partner Tikvah Institut gUG Berlin); Dr. Ellen Ueberschar (Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin): EINFÜHRUNG

09:20–09:45 Uhr / Prof. Dr. Julia Bernstein (Frankfurt a. M.): Professorin für Diskriminierung und Inklusion in der Einwanderungsgesellschaft, Frankfurt University of Applied Sciences: Input: Juden vom Mars? Wer sind die russischsprachigen Juden in Deutschland

SESSION I: „GOMER IST CARMANIA“ – DIE WIEGE DES ASCHKENASISCHEN JUDENTUMS AM RHEIN

09:45–10:30 Uhr Prof. Dr. Micha Brumlik (Senior Research, Fellow am Selma Stern Zentrum, Humboldt Universität zu Berlin): Was war dieses Aschkenas? – Die Ursprünge des aschkenasischen Judentums

10:30–11:15 Uhr Prof. Dr. em. Karl E. Grözinger (Ephraim-Veitel-Stiftung, Universität Potsdam): Geschichten aus Jerusalem am Rhein

11:15–11:30 Uhr KAFFEEPAUSE

SESSION II: FLUCHT, VERTREIBUNG, EMIGRATION

11:30–12:15 Uhr / Dr. Christoph Cluse (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden, Universität Trier): Verfolgung – Vertreibung – Flucht? Zu den Anfängen der aschkenasischen Diaspora in Osteuropa.

12:15–13:00 Uhr / Prof. Dr. Jürgen Heyde (Leibniz Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europas, Universität Leipzig): Das Statut von Kalisch (1264) und die Aufnahme der aschkenasischen Juden in Polen-Litauen

13:00–14:00 Uhr MITTAGSPAUSE

SESSION III: JUDENTUM, DEUTSCHLAND UND DER EUROPÄISCHE RAUM: DIE TRANSNATIONALEN VERFLECHTUNGEN DER ASCHKENASISCHEN KULTUR

14:00–14:45 Uhr / Prof. Dr. Yvonne Kleinmann (Professorin für Osteuropäische Geschichte, Direktorin des Aleksander-Brückner-Zentrums für Polenstudien, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg): Der „Jüdische Ansiedlungsrayon“ im imperialen Russland: Rechtsnorm, Narrativ und Lebenswelt

14:45–15:30 Uhr / Prof. Dr. em. Shaul Stampfer (Hebrew University of Jerusalem): [Via Zoom] Coming, Going, Returning – The Ebbs and Flows of Ashkenaz Immigration to and from Germany (Jewish Perspectives on Germany and German Perspectives on Ashkenazi Jewry)

15:30–16:00 Uhr KAFFEEPAUSE

16:00–16:45 Uhr Dr. Dirk Sadowski (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Bildungsmedien, Georg-Eckert-Institut Braunschweig): Juden im Habsburgerreich 1780–1810: Reformabsolutistische Politik und lebensweltlicher Widerstand

16:45–17:30 Uhr / Bozhena Kozakevych, (Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Entangled History of Ukraine, Viadrina Universität Frankfurt a. d. Oder): Der Wandel der sowjetischen Nationalitätenpolitik gegenüber der jüdischen Bevölkerung: Die Rolle des Jiddischen

17:30–18:30 Uhr / Daniel Kempin (Kantor des Egalitären Minjan der Jüdischen Gemeinde Frankfurt a. Main): Die Rückkehr des Jiddischen nach Deutschland – eine musikalische Reise

18:30 Uhr EMPFANG

Montag, 30. Mai 2022

Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8

SESSION IV: ZWISCHEN ANERKENNUNG UND VERFOLGUNG – JÜDINNEN UND JUDEN IN DER SOWJETUNION

ab 08:30 Uhr EINLASS

09:00 Uhr BEGRÜẞUNG

09:00–09:45 Uhr / Nicolas Werth (Präsident von Memorial France, Paris): [Via Zoom] Antisemitism in the Late Czarist, Leninist and Stalinist Periods

09:45–10:30 Uhr / Prof. Dr. Ilya Altman (Professor der Russian State University for the Humanities Moskau, Direktor des International Center for the History of the Holocaust and Genocides, Co-Vorsitzender des Russian Research and Educational Holocaust Center Moskau): The Holocaust in the Soviet Union and Phases in its Commemoration Policies

10:30–10:45 Uhr KAFFEEPAUSE

10:45–11:30 Uhr / Dr. Irina Scherbakowa (Memorial International Moskau): „Brombergs Violine“ – Opfer der Antisemtischen Kampagnen in der Sowjetunion

11:30–12:15 Uhr / Prof. Dr. em. Zvi Gitelman (Center for Russian and East European Studies, Frankel Center for Judaic Studies): The Rise and Evolution of the Jewish National Movement in the USSR and Official Responses

12:15–13:15 Uhr MITTAGSPAUSE

SESSION V: RÜCKKEHR – DIE Jüdische EINWANDERUNG INS NACHKRIEGS-DEUTSCHLAND

13:15–14:00 Uhr / Prof. Dr. em. Zvi Gitelman (Center for Russian and East European Studies, Frankel Center for Judaic Studies): Paradoxes and Ironies: Reconstructing Jewish Life Amidst Mass Emigration

14:00–14:45 Uhr / Volker Beck (Geschäftsführer Tikvah Institut gUG Berlin/Bochum): Motive, Annahmen und Voraussetzungen zur Aufnahme jüdischer Kontingentflüchtlinge: Aufnahmediskussionen von 1989/90 bis in die Gegenwart

14:45–15:15 Uhr KAFFEEPAUSE

PANELS & DISKUSSIONEN

15:15–16:15 Uhr

PANEL 1: Die Aufnahmediskussionen in Ost- und Westdeutschland – Akteur:innen und Zeitzeug:innen

- Micha Guttman (Publizist & Rechtsanwalt, ehem. Generalsekretär Zentralrat der Juden, Berlin)
- Wolfgang Templin (Publizist & Bürgerrechtler, Mitbegründer von Bündnis 90, Berlin
- Anetta Kahane (Publizistin, Gründerin und ehem. Vorstandsvorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Berlin)

16:15–17:15 Uhr PANEL 2: Ausgerechnet Deutschland?!

- Moderation: Dalia Wisgott-Moneta (Pädagogin, Familientherapeutin, Publizistin, Frankfurt a. M.)
- Dr. Anastassia Pletoukhina (Senior Representative der Jewish Agency for Israel in Berlin)

17:15–17:30 Uhr / Dr. Sergey Lagodinsky (MdEP, Die Grünen/EFA, Brüssel/Berlin): INPUT: Deutsche Bestrebungen und Erwartungen an die russisch-sprachigen jüdischen Einwanderer:innen

17:30–18:30 Uhr PANEL 3: Öffentliche Diskussion mit Gästen aus Politik und Gesellschaft

18:30 Uhr EMPFANG

Kontakt

E-Mail: anmeldung@tikvahinstitut.de

https://aschkenas.de/anmeldung/