An den deutschen Fürstenhöfen der Frühen Neuzeit gab es zahlreiche Menschen dunkler Hautfarbe, meist Afrikaner:innen, sogenannte „Hofmohren“. Sie waren oft als Sklaven:innen nach Deutschland gekommen und wurden dort oftmals weiterverschenkt und verschickt, um als Diener:innen an den Fürsten- und Adelshöfen beschäftigt zu werden. Zumeist wurden sie getauft und bekamen einen neuen Namen. Die Höfe interessierten sich für sie wegen ihrer Exotik und Seltenheit – ähnlich wie für die Objekte in Kunst- und Wunderkammern. „Hofmohren“ gehörten somit zur Repräsentationspraxis der Residenzen.
In jüngster Zeit ist das Thema „Mohren“ durch die intensiven Debatten zum Kolonialismus, Rassismus und Sklavenhandel in den Vordergrund gerückt. Konkrete Forschungen sind aber noch rar. Wie „rassistisch“ war die Frühe Neuzeit? Wie gestaltete sich das Leben der Diener:innen in der fremden Umgebung? Gab es soziale Intergration oder sogar Aufstiegschancen, Möglichkeiten zur Heirat? Gab es einen Wissenstransfer zwischen Europa und Afrika? Die Untersuchung der Schicksale dieser Menschen steht erst am Anfang; sie ist meistens durch einen Mangel an Quellen erschwert, insbesondere was die Herkunft und Vorgeschichte dieser Menschen, oft sogar den ursprünglichen Namen angeht. Immerhin hat Anne Kuhlmann-Smirnov in einer Datenbank fast 400 dokumentierte Fälle zusammengetragen. Auch in Gotha hat es „Hofmohren“ gegeben, wie die Fourierbücher belegen. Zudem weisen die Kunstsammlungen von Schloss Friedenstein zahlreiche Spuren auf, die von der Präsenz von Afrikaner:innen im Deutschland der Frühen Neuzeit zeugen.
Das einwöchige Seminar wendet sich an fortgeschrittene Studierende während der Masterarbeit, an Promovierende und Post-Doktorand:innen, die im weiteren Umfeld dieser „Hofmohren“-Thematik arbeiten und ihr Interesse vertiefen wollen, sowie an Mitarbeiter:innen von Museen und ähnlichen Institutionen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Es gibt die Möglichkeit zur gemeinsamen Diskussion von Texten (etwa zu zeitgenössischen Theorien über Hautfarbe im 17. Jahrhundert und zur postkolonialen Perspektive auf das Thema) und künstlerischen Darstellungen wie Gemälden und figürlichen Objekten, zur selbstständigen Forschung in den Gothaer Archiven und Sammlungen und dem Hören von Vorträgen (u.a. von Adrian Masters, Trier, Kerstin Volker-Saad, Berlin/Gotha und Rebekka von Mallinckrodt, Bremen). Außerdem wird es Führungen durch die reichhaltigen Bestände der Forschungsbibliothek und der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha geben.
Die Teilnehmer erhalten freie Unterkunft und eine Erstattung der Reisekosten (in einem bestimmten Rahmen).
Die Bewerbung besteht aus einem Anschreiben mit Darlegung der Motivation zur Teilnahme, einem akademischen Lebenslauf und einem Empfehlungsschreiben eines/r akademischen Lehrers/Lehrerin. Bitte fügen Sie ebenfalls die unterschriebene Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten an, zu finden auf der Homepage. Einsendeschluss für Ihre Bewerbung – nur per E-Mail – ist der 15. Juli 2022. Fassen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen bitte in einer PDF-Datei zusammen (max. 5 MB) und senden Sie sie an: forschungszentrum.gotha@uni-erfurt.de. Für eine verschlüsselte E-Mail-Kommunikation beachten Sie bitte die Hinweise zum Datenschutz auf unserer Homepage. Aus dem Anschreiben soll hervorgehen, warum eine Teilnahme gewünscht und welcher Gewinn für die derzeitige oder zukünftige wissenschaftliche Tätigkeit erhofft wird. Die Bewerber:innen werden bis zum 20. Juli 2022 über die Auswahl informiert. Die Teilnehmer:innenzahl ist auf maximal 15 begrenzt. Ein Rechtsanspruch auf Teilnahme besteht nicht. Wir erwarten eine Teilnahme an der gesamten Sommerschule (Montagmittag, 29. August, bis Freitagabend, 2. September 2022). Konzept und Leitung stehen unter Prof. Dr. Martin Mulsow, Direktor des Forschungszentrums Gotha.