Antiakademismus und Wissenschaftskritik vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Antiakademismus und Wissenschaftskritik vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Veranstalter
Prof. Dr. Christian Hesse (Historisches Institut der Universität Bern)
Ausrichter
Historisches Institut der Universität Bern
Veranstaltungsort
Universität Bern, Hallerstrasse 6
PLZ
3012
Ort
Bern
Land
Switzerland
Vom - Bis
06.09.2022 - 09.06.2022
Von
Sara Rohr

Vom 6. bis 9. September 2022 findet am Historischen Institut der Universität Bern die internationale Tagung "Antiakademismus und Wissenschaftskritik vom Mittelalter bis zur Gegenwart" in Kooperation mit der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte statt.

Antiakademismus und Wissenschaftskritik vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Die Infragestellung, Kritik und Bedrohung von Wissenschaft, ihrer Institutionen und Akteur:innen hat im Kontext der aktuellen globalen Herausforderungen der Pandemie und der Klimakrise zweifellos zugenommen. In Ostereuropa, aber auch in Ländern von der Türkei bis zu den USA stehen Akademiker:innen unter Beschuss, institutionelle Mechanismen werden kritisiert und wissenschaftliche Fakten in Zweifel gezogen. Die Kritik an Universitäten und gelehrtem Wissen ist freilich nicht neu. Vielmehr ist sie so alt wie die Hochschulen selbst und hat über die Jahrhunderte immer wieder neue Ausformungen erfahren. Bereits die scholastische Wissenskultur des hohen Mittelalters kannte vehemente Kritiker, später traten die Humanisten gegen die Universitäten auf, bis sich während der Reformationszeit ein vorläufiger Höhepunkt der Institutionenkritik einstellte. Schon in dieser frühen Phase ist zu unterscheiden, dass Kritik einerseits von innen kommen konnte, also eher auf eine Reform als auf eine Aufhebung der Universitäten zielte, oder aber von außen als radikale Infragestellung dieser Wissensinstitution formuliert wurde. Mit dem Elfenbeinturm entstand im 19. Jahrhundert ein wirkmächtiges Bild der Universitäten, das für die soziale Entfremdung des Akademischen vom Rest der Gesellschaft steht und auf das noch heute gerne Bezug genommen wird, wenn es darum geht, sich von der Institution und ihres Lehrkörpers abzugrenzen. Im Zentrum der Tagung soll weniger die Selbstkritik des Wissenschaftssystems stehen, sondern die radikale Infragestellung von außen. Die Grausamkeiten des Nationalsozialismus in Deutschland und des Pol Pot Regimes der Roten Khmer in Kambodscha bilden dabei traurige Höhepunkte. Für die jüngere deutsche Geschichte gelten das Jahr 1968 und die sogenannten 68er als Chiffre einer radikalen Kritik der akademischen Institutionen und Denkstile. Institutionenkritische Ansätze wie die Geschlechterforschung oder die Postcolonial Studies sind jedoch in jüngerer Zeit selbst zur Zielscheibe des Ressentiments gemacht und unter Ideologieverdacht gestellt worden. Die Freiheit der Rede scheint wiederum gerade an den Universitäten in einer Krise zu stecken, aus dem akademischen Freiraum könnte ein „Unsafe Space“ werden. Hier setzt die Tagung ein, die sich das Ziel gesetzt hat, nach Formen von Antiakademismus und Wissenschaftskritik in der „longue durée“, vom Hochmittelalter bis zur heutigen Zeit, zu fragen und dabei auch deren mediale Repräsentation etwa in der Kunst einzubeziehen.

Anmeldung und Kosten:

Die Kosten für die Teilnahme an der Tagung belaufen sich auf CHF 30.00 sowie für Studierende und Promovierende auf CHF 15.00. Für die Teilnahme am gemeinsamen Abendessen vom 08. September 2022 müssen zusätzlich CHF 40.00 bezahlt werden.

Die verbindliche Anmeldung für die Tagung sowie das Abendessen muss bis spätestens 15. August 2022 an Frau Gabriele Jordan (gabriele.jordan@unibe.ch) erfolgen. Benötigt werden der akademische Titel, die Universität, Vor- und Nachname, Adresse sowie die Telefonnummer. Wird bei einer zusätzlichen Teilnahme am Abendessen die vegetarische Option gewünscht, sollte dies entsprechend im Mail vermerkt werden.

Wir bitten um Überweisung der Kosten bis zum 15.08.2022 an:

Kontoinhaber: GUW c/o Historisches Institut, 3012 Bern
IBAN: CH41 0079 0042 4057 8195 6
BIC: KBBECH22XXX
Bank: BEKB, CH-3011 Bern
Betreff: Tagung Bern

Programm

Dienstag, 06. September 2022
Universität Bern, Unitobler, Raum F021; Lerchenweg 36

18.00 Uhr
Virgina Richter (Bern, Vizerektorin der Universität): Grußworte
Martin Kintzinger (Münster, Präsident der GUW): Grußworte
Christian Hesse, Marian Füssel (Bern, Göttingen): Begrüßung und Einführung

18.30–19.15 Uhr
Claus Beisbart (Bern): Was, warum und wie? Wissenschaftskritik aus philosophischer Perspektive
Anschließend Apéro

Mittwoch, 07. September 2022
Universität Bern, Hallerstrasse 6, Seminarraum 205

Sektion 1 Moderation: Wolfgang Eric Wagner (Münster)

09.00–09.45 Uhr Marcel Bubert (Münster): Die gestörte Universität. Antiakademismus und die Dynamiken von Wissenschaftskritik in der Scholastik des späten Mittelalters

09.45–10.30 Uhr Daniela Rando (Pavia): “Melius esse studia non habere“. Ordensobservanzen und Wissenschaftskritik am Anfang des Quattrocento

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–11.45 Uhr Marian Füssel (Göttingen): Aufgeklärter Antiakademismus? Die Kritiker der Universität im 18. Jahrhundert

11.45–12.30 Uhr Wolfgang E. J. Weber (Augsburg): Wider die “Diener des Buchstabens“. Frömmigkeitspraktisch-charismatische Kritik am Klerusakademismus der Frühen Neuzeit

12.30–14.30 Uhr Mittagspause

Sektion 2 Moderation: Kurt Mühlberger (Wien)

14.30–15.15 Uhr Caspar Hirschi (St. Gallen): Französischer Antiakademismus im Ancien Régime und in der Revolution

15.15–16.00 Uhr Livia Prüll (Mainz): Wer hat Expertise? Auseinandersetzungen um die naturwissenschaftliche Medizin im 19. und 20. Jahrhundert

16.00–16.30 Uhr Kaffeepause

16.30–17.15 Uhr Stefanie Coché (Giessen): Antiakademismus und Evangelikale in den USA im 19. und 20. Jahrhundert

17.15–18.00 Uhr Christa Klein (Leipzig): Lebensreform und Antiakademismus um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert

Donnerstag, 08. September 2022
Universität Bern, Hallerstrasse 6, Seminarraum 205

Sektion 3 Moderation: Sabine Happ (Münster)

09.00–09.45 Uhr Peter Schneemann (Bern): Die Ästhetiken von Regelwerk und Diskurs. Warum die Kunst den Akademismus braucht

09.45–10.15 Uhr Kaffeepause

10.15–11.00 Uhr Rüdiger Hachtmann (Berlin): Antiintellektualismus, Wissenschaftsbild und Forschungspolitik unter der NS-Diktatur

11.00–11.45 Uhr Folker Reichert (Stuttgart): Walter Frank wider die „Griechlein“

11.45–14.00 Uhr Mittagspause

14.00–14.45 Uhr Jan-Hendryk de Boer (Duisburg-Essen): Humanistische Universitätskritik. Entwürfe einer alternativen Wissensordnung im spätmittelalterlichen Europa.

Ab 15.00 Uhr Exkursion: Führung durch die Altstadt von Bern

Anschließend gemeinsames Abendessen (mit Anmeldung).

Freitag, 09. September 2022
Universität Bern, Hallerstrasse 6, Seminarraum 205

Moderation: Martin Wagendorfer (München/Innsbruck)

09.00–09.45 Uhr Anne Kwaschik (Konstanz): Die Evidenz von Erfahrung. Wissenschaftskritik und Wissensermächtigung in sozialen Bewegungen

09.45–10.30 Uhr Philipp Felsch (Berlin): Gegen die Uni studieren. Antiakademismus um 1968

10.30–11.00 Uhr Kaffeepause

11.00–11.45 Uhr Sylvia Paletschek (Freiburg): Kommentar und Diskussion

12.00 Abschluss der Tagung

Kontakt

Gabriele Jordan
Tel.: 0041 31 684 39 45
E-Mail: gabriele.jordan@unibe.ch

Sara Rohr
Tel.: 0041 31 684 36 54
E-Mail: sara.rohr@unibe.ch

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