Am 21. Juli 1922 trat das Republikschutzgesetz („Gesetz zum Schutze der Republik“) in Kraft, einen Monat nach der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau durch die völkische „Organisation Consul“. Das Gesetz enthielt eine Reihe neuer Strafbestimmungen, etwa die Herabwürdigung der „republikanischen Staatsform“, richtete einen speziellen „Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik“ ein und ermöglichte Verbote republikfeindlicher Vereinigungen, die Beschlagnahme entsprechender Druckschriften oder Wiedereinreiseverbote für „Mitglieder vormals landesherrlicher Familien“. Auf der Grundlage des Republikschutzgesetzes wurden etwa die „Organisation Consul“ und der „Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund“ verboten, stark betroffen war aber auch die KPD. Seit 1925 galt ihre Politik der Rechtsprechung als Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Die Staatsfeindlichkeit der KPD verstand sich für die Justiz nach der Funktionärskörperlehre fast von selbst, während diejenige der NSDAP allenfalls im Einzelfall angenommen wurde. Grundsätzlich schützte die Weimarer Justiz den Staat an sich und verteidigte eher die Reichswehr oder die Ministerialbürokratie anstatt demokratische Institutionen und gesellschaftliche Partizipation.
Mitprägend für die Bundesrepublik und ihre Justiz wurde die (Fehl-)Interpretation, die nationalsozialistische Machtübernahme sei legal erfolgt und deutsche Juristen seien demgegenüber aufgrund ihres vermeintlichen Rechtspositivismus wehrlos gewesen. Der Anspruch, nunmehr eine „wehrhafte Demokratie“ zu sein, konkretisierte sich in den 1950er-Jahren juristisch im Schutz der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ („fdGO“). Angelegt im Grundgesetz (Artikel 9 Abs. 2, 18, 21 Abs. 2) waren die Grundrechtsverwirkung sowie Verbote von Vereinigungen und Parteien. Verfahren am BVerfG führten zum Verbot von SRP (1952) und KPD (1956). Behördlich wie gerichtlich breit praktiziert wurden nach dem Radikalenbeschluss von 1972 „Berufsverbote“ im öffentlichen Dienst.
Was aus einer Perspektive unvermeidlich ist, also Demokratie und Freiheitsgrundrechte zu ihrem eigenen Schutz staatlich zu beschneiden, wird umgekehrt als paradoxe Stärkung der Exekutive inklusive der Inlandsgeheimdienste kritisiert. Aktuelle Fälle von rechtsradikalen Netzwerken in Sicherheitsbehörden oder rechten Richtern zeigen die anhaltende Brisanz des Themas ebenso wie die Debatte darum, für Justizpersonal die sogenannte „Regelanfrage“ wieder einzuführen. Bestanden und bestehen Anknüpfungspunkte an einen demokratischen und verfassungsstaatlichen „Republikschutz“, können beim Umgang mit „Verfassungsfeinden“ die illiberalen Muster des hergebrachten Staatsschutzes vermieden werden?
Tagungskosten
(zwei Übernachtungen, Vollpension):
€ 195,00 Nichtmitglieder
€ 175,00 Mitglieder
€ 90,00 Studierende, Referendar_innen und Teilnehmende ohne Einkommen
Es besteht dank der Unterstützung durch ein Vereinsmitglied die Möglichkeit, für die Tagung ein Stipendium zu erhalten. Die Bewerbung auf ein Stipendium muss bis spätestens zum 23. August 2022 beim Forum Justizgeschichte eingehen. Der Wunsch nach einem Stipendium ist kurz zu begründen. Die Vergabe erfolgt entsprechend der zur Verfügung stehenden Mittel. Ein Rechtsanspruch besteht nicht. Das Stipendium umfasst die Reisekosten, die Teilnahmegebühren für zwei Übernachtungen und Verpflegung in Wustrau.
info@forum-justizgeschichte.de
Tagungsort
Deutsche Richterakademie
Am Schloß 1
16818 Wustrau-Altfriesack
Tel.: 033925 897-0
Fax: 033925 897-202
E-Mail: wustrau@deutsche-richterakademie.de