Welchen Stellenwert hat Theorie in der Geschichtswissenschaft? Mit dieser Frage setzen sich zahlreiche Beiträge auseinander. Sie diskutieren welche Bedeutung Theorie(n) in der Forschungspraxis von Historiker*innen haben und inwieweit sie Erkenntnisfragen, Methoden und Deutungen bestimmen bzw. bedingen sollen. Spätestens seit Kosellecks Aufsatz „Wozu noch Historie?“ von 1970 ist jedoch klar, dass die Geschichtswissenschaften theoriebedürftig sind. Unbeantwortet und ungestellt sind bisher überwiegend die Fragen geblieben, die sich darauf richten, wie genau Geschichtstheorien vermittelt werden sollten. Dies schließt auch die Fragen ein, welchen Beitrag eine Reflexion der jeweiligen Theorien für die praktische Umsetzung und für den historischen Erkenntnisprozess bewirken kann. Gerade weil Geschichtstheorien (und Theorien in der geschichtswissenschaftlichen Forschung) das historische Arbeiten und Denken vielfältig beeinflussen, ist die eher randständige Thematisierung und Reflexion von (Geschichts-)Theorien in den verschiedenen geschichtswissenschaftlichen Studiengängen eine umso auffälligere Leerstelle. Bei diesem Desiderat setzt der Workshop an. Im Rahmen des Workshops soll daher diskutiert werden, wie geschichtstheoretische Fragestellungen und theoretische Annahmen erstens an Studierende in den verschiedenen geschichtswissenschaftlichen Studiengängen vermitteln werden können und sollen, um diese in die Lage zu versetzen, ihr eigenes historisches Denken besser und gezielter zu reflektieren. Ein zweiter Themenkomplex erörtert, wie geschichtstheoretische Überlegungen so unterrichtet werden können, dass sie in der späteren jeweiligen Vermittlungs- und Berufspraxis der Studierenden (sei es in der Schule, in historischen Publikationen oder im Museum) eine gewinnbringende Rolle einnehmen können. Impulse sollen hierbei auch aus benachbarten Disziplinen kommen, in denen die Theorievermittlung und -nutzung ein fester Bestandteil in der Lehre und Forschung ist und in deren Unterrichtsfächern an der Schule – wie Sozialwissenschaft oder Politik – deutlich stärker mit den jeweiligen Theorien gearbeitet wird.
Der Workshop nimmt drei Betätigungsfelder von Geschichtswissenschaftsstudierenden in den Blick, anhand derer die Frage der Theorievermittlung diskutiert wird: Die Tätigkeit als Historikerin, als Geschichtslehrerin und als Geschichtsvermittlerin außerhalb der Schule. Im Vordergrund steht hierbei die Frage, welchen Mehrwert und Einfluss didaktisierte, geschichtstheoretische Diskussionen auf das Geschichtsbewusstsein und Geschichtsverständnis von Schülerinnen haben können und damit zusammenhängend, welchen Gewinn sie in den verschiedenen Beschäftigungsweisen mit Geschichte im Allgemeinen ermöglichen. Der Workshop zielt darauf, die geschichtswissenschaftsinterne Diskussion zwischen Geschichtstheorie, Geschichtsforschung und Geschichtsdidaktik zu intensivieren und dabei auch über die unterschiedlichen Anforderungen bei der Vermittlung von Geschichtstheorie für die verschiedenen Berufsfelder ins Gespräch zu kommen.
Um eine reibungslose Planung zu garantieren, bitten wir um eine Anmeldung bis zum 12.08.2022 unter folgender Adresse alice.neitzel@uni-bielefeld.de.