In den meisten Bundesländern hat sich das Handlungsfeld "Gedenkstättenförderung und -arbeit" seit den 1990er-Jahren schrittweise entwickelt. Im nördlichsten Bundesland begann die systematische zentrale Förderung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten für Opfer der nationalsozialistischen Diktatur vor 20 Jahren durch die Gründung der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten (BGSH). Zehn Jahre später wurde diese – zunächst mit geringen Mitteln ausgestattete – Förderstiftung bürgerlichen Rechts ergänzt durch die Gründung einer Interessenvertretung dieser Einrichtungen: Die 2012 konstituierte Landesarbeitsgemeinschaft Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Schleswig-Holstein e. V. (LAGSH) versteht sich als die Stimme der Gedenkstätten, vertritt deren Belange auf allen politischen Ebenen und organisiert Fortbildungen für Mitarbeiter:innen der aktiven Bildungsorte am historischen Ort.
Seit diesen Gründungen hat sich der politisch-kulturelle Kontext der Gedenkstätten beträchtlich verändert. Auch in Schleswig-Holstein sind die inzwischen zahlreichen historischen Gedenk- und Bildungsorte bei allen demokratischen Kräften und Parteien respektiert. Ihre historisch-politische Vermittlungsarbeit an den historischen Orten ist kaum mehr wegzudenken aus dem breiten Feld der politischen Bildung und den lokalen wie überregionalen Anstrengungen der Auseinandersetzung mit dem NS-Erbe. Ausdruck dessen sind die nach und nach deutlich erhöhten Mittel, die vom Land, von Kommunen, Kreisen, Kirchen, Stiftungen und Vereinen aufgebracht werden, um allen Interessierten und besonders den nachwachsenden Generationen moderne Gedenk-, Erinnerungs- und Lernorte zu bieten.
Teil dieses Umbruchs sind freilich beunruhigende Kontinuitäten etwa von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Verändert zeigt sich die Lage auch auf der Ebene der bürgerschaftlich aktiven Menschen, die Gedenkstätten gegründet, oftmals erstritten haben: Der Generationenwechsel ist in vollem Gange, immer mehr jüngere und angestellte Fachkräfte für Geschichte und Bildungsarbeit treten an die Seite der vormals meist ehrenamtlich Engagierten oder übernehmen deren Funktionen. Überdies hat sich die politische Motivation im Zuge dieser Umbrüche verschoben: Musste anfangs noch um die Wahrnehmung dieser authentischen Orte der NS-Verfolgung und -Verbrechen und somit gegen die Verdrängung ihrer historisch-politischen Relevanz gekämpft werden, geht es heute im Zeichen allgemeiner gesellschaftlicher Anerkennung um Fragen der Sicherung, Modernisierung und Professionalisierung der Gedenkstätten – und um die gesellschaftliche Rolle der Gedenkstätten.
Sind also aus einst brisanten "Orten des Widerspruchs" normale Orte der Kulturlandschaft geworden? Die Tagung versucht, aus Anlass der Jahrestage der beiden Organisationsgründungen einen kritischen Rückblick und eine aktuelle Bestandsaufnahme von Bedeutung, Bildungsarbeit und Finanzierungsperspektiven.
Anmeldungen bitte bis zum 26. August 2022 an info@gedenkstaetten-sh.de.
Corona-Pandemie:
Die Veranstaltung findet statt unter Einhaltung der dann gültigen Landes-Corona-Schutzverordnung sowie der entsprechenden Bestimmungen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (https://www.uni-kiel.de/de/coronavirus).
Bitte beachten Sie, dass im Rahmen dieser Veranstaltung Film- und Fotoaufnahmen erstellt werden. Mit Ihrer Anmeldung und Teilnahme erklären Sie sich einverstanden mit der Aufnahme, Speicherung und Veröffentlichung von Bild- und Tonmaterial.