Kartierung des Erinnerns. Formung von Räumen und Gemeinschaften in spätmittelalterlichen Memorialquellen

Kartierung des Erinnerns. Formung von Räumen und Gemeinschaften in spätmittelalterlichen Memorialquellen

Veranstalter
Nina Gallion (Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Tobias Jansen (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn), Heidrun Ochs (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)
Veranstaltungsort
Alte Mensa, Johann-Joachim-Becher-Weg 5, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
PLZ
55128
Ort
Mainz
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
23.02.2023 - 25.01.2023
Deadline
10.02.2023
Von
Frederik Adams, Johannes Gutenberg Universität Mainz

Die interdisziplinäre Tagung widmet sich der wechselseitigen Formung und Prägung von Räumen sowie von Gemeinschaften durch die kollektive Erinnerung und setzt sich zu diesem Zweck mit spätmittelalterlichen Memorialquellen auseinander.

Kartierung des Erinnerns. Formung von Räumen und Gemeinschaften in spätmittelalterlichen Memorialquellen

Der enormen Bandbreite spätmittelalterlicher Memorialquellen steht vor allem ihre nur wenig systematische Behandlung durch die Wissenschaft entgegen. Der Umstand, dass diese Quellen oft in unscharf voneinander abgegrenzte Termini wie Jahrzeitbuch, Obituarium, Nekrolog, Annuarium usw. gezwängt werden, trägt zur unübersichtlichen Lage vor allem im deutschen Sprachraum bei. Nichtsdestoweniger werden die häufig nur unzureichend edierten und aufbereiteten Quellen kontinuierlich aus einer Vielzahl wissenschaftlicher Perspektiven befragt. Dies führt einerseits die große Anschlussfähigkeit des Quellenclusters für die diversen Fragestellungen beispielsweise der Geschichts-, Material- oder Sprachwissenschaft vor Augen. Andererseits wird hierdurch vor allem die unbedingte Notwendigkeit einer übergreifenden Betrachtung deutlich, die nicht zuletzt Anstoß für eine kohärentere Erforschung des Materials geben soll.

Räume wurden und werden durch kollektive Erinnerung geformt. Beschäftigt man sich mit diesem Phänomen, so stellt sich umgekehrt die Frage nach den Menschen, die sie beeinflussten und durch sie beeinflusst wurden. Zwangsläufig geraten damit die quellenmäßigen Kulminationspunkte dieser Erinnerung und ihre Genese in den Blick. Entsprechend soll in der geplanten Tagung der spezielle Fokus auf die spätmittelalterlichen Memorialquellen gerichtet werden, wobei zwei Leitfragen die unterschiedlichen Ansätze zusammenführen sollen:

1. Auf welche Weise wurden Räume durch die besonderen Konzipierungen der Memorialquellen erschlossen, geformt und durchdrungen und welche Akteure – Institutionen oder Personen –, die mittels dieser sozialen Praxis Menschen und Räume aneinanderbanden, lassen sich als Initiatoren dieser identitätsstiftenden Prozesse ausmachen?

2. Welche Rolle spielten im Folgenden bestimmte Prozesse sowie die Materialität der Quellen und inwiefern wirkten sie im dynamischen Fortleben von Gemeinschaften in ihrem Raum nach oder wurden gar als Pole der Erinnerung eigens herangezogen?

Der gemeinsame Zugriff im Rahmen der geplanten Tagung soll verschiedene Herangehensweisen an spätmittelalterliche Memorialquellen zusammenführen, somit eine vertiefte Annäherung an diese Quellengattung unter dem Aspekt der Formung von Räumen und Menschen ermöglichen und letztlich einen Eindruck vom ‚mental mapping‘ (Angelika Hartmann) des spätmittelalterlichen Menschen entstehen lassen.

Programm

Donnerstag, 23. Februar 2023

12.30 Uhr: Begrüßung / Nina Gallion (Mainz)

Sektion 1: Akteure / Mod.: Heidrun Ochs (Mainz), Ludger Körntgen (Mainz)

13.00 Uhr: Gedächtnis-Netze. Orte, Medien und Akteure familiärer Memoria im spätmittelalterlichen Reich / Marc von der Höh (Rostock)

13.45 Uhr: Von mündlicher Tradition zur Quellenforschung? Erinnerungsräume eines Niederadelsgeschlechts um 1500 und um 1600 / Steffen Krieb (Mainz)

15.00 Uhr: Kollektives Erinnern zwischen Hunte, Weser und Heide? Das Mindener Domkapitel und der in seinen nekrologischen Quellen konstituierte memoriale Raum / Frederieke Schnack (Würzburg)

15.45 Uhr: In der Erinnerung lesen wir den Raum: Schleswig-holsteinische Klöster und ihre memoriale Überlieferung / Oliver Auge (Kiel)

17.00 Uhr: Netzwerke der Memoria in religiösen Gemeinschaften des Rheinlands / Gisela Muschiol (Bonn)

17.45 Uhr: Nekrologe aus Straßburger Frauengemeinschaften / Sigrid Hirbodian (Tübingen)

Freitag, 24. Februar 2023

Sektion 2: Medien / Mod.: Wolfgang Dobras (Mainz), Regina Schäfer (Mainz)

09.00 Uhr: Jiskor – Gedenke! Mainzer jüdische Memorbücher als liturgische Erinnerungsräume / Andreas Lehnardt (Mainz)

09.45 Uhr: Stiften, beten, erinnern. Nekrologien im spätmittelalterlichen Mainz /Nina Gallion (Mainz)

11.00 Uhr: Kapiteloffiziumsbücher und Nekrologien aus sächsischen Klöstern / Matthias Eifler (Leipzig)

11.45 Uhr: Die Gemeinschaft der Toten: Grablegen und Memoria in Avignon zur Zeit der Päpste / Alexandra Gajewski (London)

13.45 Uhr: Banner, Wappen, Leichentücher. Jenseitsfürsorge im Kontext der Zünfte / Sabine von Heusinger (Köln)

14.30 Uhr: Erinnerung im Bild – Erinnerung im Raum. Mittelalterliche Glasmalerei als raumgebundenes Medium der Memoria / Julia von Ditfurth (Freiburg i.Br.)

15.45 Uhr: Exkursion in den alten Dom St. Johannis mit einer Führung / Guido Faccani (Zürich)

20.00 Uhr: Öffentlicher Abendvortrag: Materielle Memorialzeugnisse und ihr Beitrag zur Kartierung des Raums / Romedio Schmitz-Esser (Heidelberg) / Mod.: Nina Gallion (Mainz)

Samstag, 25. Februar 2023

Sektion 3: Prozesse / Mod.: Thomas Brockmann (Mainz), Nina Gallion (Mainz)

09.00 Uhr: Memorialzeugnisse in der Historiographie religiöser Orden / Mirko Breitenstein (Dresden)

09.45 Uhr: Das des von uns und unsern nachkomen nit vergessen werden sol. Missivenbücher als Zeugnisse zwischenstädtischer Beziehungen im 15. Jahrhundert / Patrizia Hartich (Stuttgart)

11.00 Uhr: Erinnern – Erinnerung – Erinnerte am Beispiel der Nürnberger Stadtpfarrkirchen / Arnd Reitemeier (Göttingen)

11.45 Uhr: Spätmittelalterliche Bibliotheks- und Studienstiftungen zwischen Familie, Stadt und Region. Topographien und Logiken der Memoria / Birgit Studt (Freiburg i.Br.)

13.00 Uhr: In Spuren schreiben. Raumerfassung und -erfahrung in ausgewählten Schriften spätmittelalterlicher Jerusalem-Pilger zwischen Prätext und Parallelbericht / Sven Jaros (Halle)

13.45 Uhr: Zusammenfassung & Abschlussdiskussion / Tobias Jansen (Bonn)

14.30 Uhr: Ende der Tagung

Kontakt

Frederik Adams, M.A
E-Mail: landesgeschichte-mittelalter@uni-mainz.de

Anmeldungen bitte über die verlinkte Homepage.

https://vergleichendelandesgeschichte.geschichte.uni-mainz.de/kartierung-des-erinnerns/