Arbeitsgestaltung und Erschöpfungsprävention im deutsch-deutschen Vergleich: Medien, Diskurse und Praktiken (1950er bis 1970er Jahre)

Arbeitsgestaltung und Erschöpfungsprävention im deutsch-deutschen Vergleich: Medien, Diskurse und Praktiken (1950er bis 1970er Jahre)

Veranstalter
Prof. Dr. Frank Becker (Abteilung für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Duisburg-Essen) / Dr. Anna Michaelis (Abteilung für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Duisburg-Essen)/ Prof. Dr. Rolf Parr (Lehrstuhl für Germanistik, Universität Duisburg-Essen)
Veranstaltungsort
Universität Duisburg-Essen, Casino
Gefördert durch
Profilschwerpunkt „Wandel von Gegenwartsgesellschaften“ an der Universität Duisburg-Essen
PLZ
45141
Ort
Essen
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
15.03.2023 -
Von
Anna Michaelis, Abteilung für Neuere und Neueste Geschichte, Universität Duisburg-Essen

Das Problem des Ausbrennens von überlasteten Arbeitskräften wurde im Umfeld des Ersten Weltkriegs erstmals formuliert und in der NS-Zeit unter veränderten ideologischen Voraussetzungen weiterbearbeitet. Dagegen liegen für die 1950er und 1960er Jahre zu BRD und DDR praktisch keine gesicherten Erkenntnisse zu diesem Thema vor. Der Workshop möchte die Kenntnisse zu diesen Scharnierzeit vertiefen und überprüfen, inwiefern bereits zuvor etablierte Wissensbestände fortbestanden.

Arbeitsgestaltung und Erschöpfungsprävention im deutsch-deutschen Vergleich: Medien, Diskurse und Praktiken (1950er bis 1970er Jahre)

Im Umfeld des Ersten Weltkriegs wurde das Problem des Ausbrennens von überbelasteten Arbeitskräften erstmals von den Arbeitswissenschaften formuliert. Daraus resultierten erste Auswirkungen auf die Arbeitsgestaltung in den Betrieben. In der NS-Zeit setzte sich dieser Trend unter veränderten ideologischen Voraussetzungen fort, ja gewann an Bedeutung – es ging um die Erhaltung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit des „Volkskörpers“. Dagegen liegen für die 1950er und 1960er Jahre zu den beiden deutschen Teilstaaten praktisch keine gesicherten Erkenntnisse zu diesem Thema vor. In der populären Wahrnehmung dominiert für den Westen die Vorstellung von harter Arbeit im Zeichen von Wiederaufbau und „Wirtschaftswunder“; erst in den 1970er Jahren sei es im Zeichen des Programms zur „Humanisierung des Arbeitslebens“ zu einer neuerlichen Berücksichtigung von vermeidbaren Belastungsfaktoren gekommen. Im Osten habe sich nicht von ungefähr der Aufstand vom 17. Juni 1953 an erhöhten Arbeitsnormen entzündet; bei der Wieder-Ingangsetzung der durch Demontagen zusätzlich geschwächten Wirtschaft und beim „Aufbau des Sozialismus“ sei ebenfalls wenig Rücksicht auf die regenerativen Bedürfnisse der Werktätigen genommen worden.
Obwohl sie das Scharnier zwischen der Klassischen Moderne und dem Nationalsozialismus auf der einen, der in den 1970er Jahren einsetzenden Postmoderne auf der anderen Seite bilden, liegen die genannten Jahrzehnte unter diesem Blickwinkel also für die Forschung noch weitgehend im Dunkeln. Ohne bessere Kenntnis der Praktiken und Diskurse der Gesundheitsvorsorge und Erschöpfungsprävention in dieser Scharnierzeit sind die Entwicklungen der 1970er Jahre aber kaum angemessen zu verstehen. Der Workshop will einen Schritt in diese Richtung tun – und gleichzeitig überprüfen, inwiefern die in Weimarer Republik und NS-Zeit bereits etablierten Wissensbestände und Praktiken zur Vermeidung des Ausbrennens, wie auch immer angepasst an neue politische Rahmenbedingungen, in den beiden deutschen Teilstaaten fortbestanden.

Programm

9:00–9:15 Uhr
Prof. Dr. Frank Becker / Dr. Anna Michaelis / Prof. Dr. Rolf Parr (alle Duisburg-Essen): Begrüßung und thematischer Aufriss

SEKTION I: GESUNDHEIT UND KRÄFTEÖKONOMIE ZWISCHEN VORSORGE UND HEILUNG IM DEUTSCH-DEUTSCHEN VERGLEICH (1950er bis 1970er Jahre)

9:15–10:00 Uhr
PD Dr. Winfried Süß (Potsdam): Prävention oder Rehabilitation? Warum die Deutschen kuren

SEKTION II: MEDIZINGESCHICHTLICHE PERSPEKTIVEN AUF ERSCHÖPFUNG UND ERSCHÖPFUNGSPRÄVENTION

10:00–10:45 Uhr
Dr. Pierre Pfütsch (Stuttgart): Der Manager und die Hausfrau. Ein Problemaufriss zu vergeschlechtlichten Krankheitskonzepten (1950–1980)

10:45–11:30 Uhr
Prof. Dr. Heiko Stoff (Hannover): Ermüdung und Erholung. Zur Geschichte einer problematischen Beziehung

Kaffeepause

SEKTION III: ZUM WANDEL VON ARBEITSBELASTUNGEN UND GEFÄHRDUNGEN: GESUNDHEITSSCHUTZ UND LEBENSQUALITÄT

11.45–12:30 Uhr
JProf. Dr. Nina Kleinöder (Bamberg): Von der physischen zur ‚geistig-nervlichen‘ Belastung. Ermüdung und Stress als Faktor im betrieblichen Arbeitsschutz der 1950er und 1960er Jahre

12:30–13:15 Uhr
PD Dr. Stefan Müller (Bonn/Duisburg-Essen): (Gewerkschaftliche) Debatten über Lebensqualität in der erschöpften Arbeits- und Konsumgesellschaft

Mittagspause

SEKTION IV: MEDIEN DER VERMITTLUNG VON WISSEN ÜBER DEN ZUSAMMENHANG VON ARBEIT UND GESUNDHEIT

14:15–15:00 Uhr
Prof. Dr. Anja Laukötter (Jena): Gesundheitserziehung als politisches Projekt: Prävention in Film und Fernsehen der DDR

15:00–15:45 Uhr
Dr. Christian Sammer (Heidelberg): Arbeitsschutz in Gesundheitsausstellungen der DDR

Kaffeepause

SEKTION V: DER UMBRUCH IN DEN 1970ER JAHREN

16:00–16:45 Uhr
Dr. Anna Michaelis (Duisburg-Essen): Diesseits und jenseits von Stress, Burnout und Selbstoptimierung. Perspektiven auf Gesundheit, Arbeit und Freizeit ab den 1970er Jahren

16:45–17:15 Uhr
Abschlussdiskussion

Kontakt

Anmeldung bis zum 08.03.2023 bei stephanie.hueck@uni-due.de