Humanistische Memorialkulturen in Nürnberg und Europa 1450–1550

Humanistische Memorialkulturen in Nürnberg und Europa 1450–1550

Veranstalter
Prof. Dr. Georg Strack (Philipps-Universität Marburg), Dr. Antonia Landois (Stadtarchiv Nürnberg), Dr. Benedikt Brunner (Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz)
PLZ
90403
Ort
Nürnberg
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
21.07.2023 - 22.07.2023
Von
Dr. Jasmin Hauck, Institut für mittelalterliche Geschichte, Philipps-Universität Marburg

Jahrestagung der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft zur Erforschung von Renaissance und Humanismus.

Humanistische Memorialkulturen in Nürnberg und Europa 1450–1550

Die Tagung widmet sich Konzepten und Praktiken von „Memoria“ in Nürnberg und Europa zwischen ca. 1450 und 1550. Dabei soll die Frage im Zentrum stehen, welche Ausdrucksformen Humanisten wählten, um an sich selbst oder andere zu erinnern und zu gedenken. Woran orientierten sie sich hierfür? Welche Rolle spielte die Religion, welche die Bildung? Um das Thema zu fassen, können ganz unterschiedliche Medien wie beispielsweise biografische Schriften, Epikedien, Trauerreden, Briefe, Predigten, Grabskulpturen, Musik und Epitaphien in den Blick genommen werden.

Nördlich der Alpen war Nürnberg ein Zentrum des Humanismus, das von Impulsen aus ganz Europa profitierte. Insbesondere Willibald Pirckheimer (1470–1530), aber auch weitere Gelehrte und Künstler stehen für diese Geistesbewegung. Sie bildeten Gelehrtenzirkel, deren Größe, Status und Habitus fortwährend neu definiert und austariert wurde. Dafür, wie sich Humanisten dabei einander zu erkennen gaben, wie sie einander anerkannten und behandelten, gab es ein zwar nicht starr formalisiertes, aber doch gültiges Regelwerk der Distinktion, das sich an der Antike maß.

Diese intellektuellen Aneignungsprozesse antiker Vorbilder erreichten in einer Zeit ihre Blüte, in der auch fundamentale Wandlungen auf dem Gebiet der Religion zu beobachten sind. Das Jahrhundert zwischen 1450 und 1550 kann als religiöse Umbruchszeit gelten. Sprach man früher vor allem von der „temps de réformes“ (H. Schilling), so überwiegen gegenwärtig Positionen, die entweder Transformationen analytisch in den Mittelpunkt stellen (V. Leppin) oder das Epochendenken zumindest für die Reformationsforschung ganz verabschieden wollen (B. Hamm). Zu den Grundsatzentscheidungen der reformatorischen Theologie gehörte die Ablehnung des Fegefeuers als einem dritten Ort neben Himmel und Hölle. Dies hatte weitreichende Konsequenzen, wurde damit doch das Konzept einer „Gemeinschaft der Lebenden mit den Toten“ (O. G. Oexle), das die mittelalterlichen Kulturen so grundlegend geprägt hatte, aufgegeben. So wandelten sich auch Gedenken und Erinnern in diesem Zeitraum grundlegend, die mittelalterliche Memoria und ihre Erscheinungsformen traten langsam in den Hintergrund. Doch was trat an ihre Stelle, insbesondere in humanistischen Gelehrtenkreisen?

Die interdisziplinäre Tagung, auf der diese und weitere Fragen zur „Memoria“ diskutiert werden sollen, führt Perspektiven der Geschichtswissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte, und Theologie zusammen. Sie findet in Kooperation mit dem Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg, dem Stadtarchiv Nürnberg, dem Verein Nürnberger Epitaphienkunst und -kultur sowie der Tucher̕ schen Kulturstiftung Nürnberg statt.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen und mögen sich für eine Anmeldung bis zum 15. Juni 2023 an folgende Adresse wenden: jasmin.hauck@uni-marburg.de.

Programm

Freitag, 21. Juli 2023

15:00 Uhr
Einführung
Dr. Benedikt Brunner (Mainz), Dr. Antonia Landois (Nürnberg), Prof. Dr. Georg Strack (Marburg)

15:15–16:45 Uhr
Medialität der Memoria
Moderation: Dr. Christine Sauer (Nürnberg)

Prof. Dr. Wolfgang Eric Wagner (Münster): „Rühmende Memoria“? Das Testament des ‚Erzhumanisten‘ Konrad Celtis (1459–1508).

Dr. Thomas Schauerte (Aschaffenburg): Überleben in Wort und Bild: Albrecht Dürer und seine „Gedechtnus“.

Dr. Fabrice Flückiger (Bern): Ein doppelter Regimentsspiegel. Das Bildprogramm im Nürnberger Rathaussaal und die Werte der Guten Regierung.

Pause

17:15–18:45 Uhr
Memoria und kollektive Identitäten
Moderation: Dr. Jasmin Hauck (Marburg)

Dr. Regina Poertner (Swansea): The Mirror and the Quill: Legal humanism and Renaissance memorial culture.

Justin P. Meyer (St. Louis, Missouri): Memoria Germaniae: Committing Germania to Memory, a Patriotic Function of German Humanist Historiography.

Prof. Dr. Wolf-Friedrich Schäufele (Marburg): „Praecipua exempla“. Funktions- und Ortswandel der Heiligenmemoria im Zeitalter von Humanismus und Reformation.

Pause

19:15–20:00 Uhr
Abendvortrag
Moderation: Prof. Dr. Georg Strack (Marburg)
Prof. Dr. Franz Fuchs (Würzburg): Humanisten, Tod und Memoria in Nürnberg um 1500.

Empfang

Samstag, 22. Juli 2023

09:00–10:30 Uhr
Memoria, Tod, Erbe 1
Moderation: PD Dr. Klaus Kipf (München)

Dr. Malena Ratzke (Jena): Manuskript und Memoria. Volkssprachige religiöse Handschriften in der Sammlung Hartmann Schedels.

Prof. Dr. Wilhelm Kühlmann (Heidelberg): Der Tod des Dichterfürsten. Formen literarischer Erinnerung an Petrus Lotichius Secundus (gest. 1560).

Dr. Antonia Landois (Nürnberg): Mit dem Tod und über den Toten sprechen: geistliche humanistische Memoria in Nürnberg.

Pause

11:00–12:30 Uhr
Memoria, Tod, Erbe 2

Dr. Stefan Heinz (Mainz/Stuttgart): „Wie Werke des Phidias und des Praxiteles“. Die Grabmäler der Humanistenbischöfe und die Herausforderungen der neuen Zeit.

Dr. Claudia Maué (Nürnberg): Der Einfluss des Humanismus auf die Gestaltung der Nürnberger Bronzeepitaphien.

Dr. Benedikt Brunner (Mainz / Erfurt): Memoria in Nürnberg vor den Herausforderungen der Reformation. Beobachtungen am Beispiel des Netzwerkes von Lazarus Spengler (1479–1534).

13:15 Uhr
Mittagessen

14:30–15:30 Uhr
Jahresversammlung der Mitglieder der Willibald-Pirckheimer-Gesellschaft

16:00–16:30 Uhr
Führung über den Johannisfriedhof durch Dr. Claudia Maué