Mobilitäten, Bewegungen von Menschen, Dingen und Wissen, sind ein bedeutender Faktor des Wandels und haben auch die Bevölkerung auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern über Jahrhunderte hindurch geprägt. Mobile Subjekte mit verschiedenen sozialen, kulturellen und religiösen Hintergründen stellten etablierte Normen und Verhaltensweisen in Frage und provozierten Reaktionen von den Eingesessenen. Das erforderte auf beiden Seiten Anpassungsleistungen, Neu- und Umorientierungen, und führte zu sozialräumlichen Veränderungen in ländlichen Gegenden, Dörfern und Städten. Mobile Objekte, Praktiken und Wissensbestände trafen auf vorhandene, wurden entweder aufgenommen oder abgelehnt, umgedeutet und funktional verändert. Das Ziel der Tagung besteht darin, derartige Transformationen, die als Folge von Mobilität auftreten, im Hinblick auf die historischen Bewohner:innen von Mecklenburg und (Vor-)Pommern zu identifizieren, zu analysieren und ihre Auswirkungen auf regionale Identitäten zu erkunden.
Drei Fragen sollen dabei im Mittelpunkt stehen:
1. Welche Rolle spielte und spielt Mobilität bei der Entstehung, Durchsetzung und Verbreitung neuer Praktiken und Wissensbestände?
2. Welche Rolle spielte und spielt Mobilität für die Etablierung neuer Formen der Lebensgestaltung und der Organisation ländlicher und städtischer Gesellschaften?
3. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Mobilität und erinnerungs- und identitätspolitischen Fragen? Konkret: Wie wirkten sich Mobilität von Menschen, Gegenständen und Wissen auf die Herausbildung und den Wandel regionaler Identitäten in Mecklenburg und (Vor-)Pommern aus?
Der betrachtete Zeitraum soll von der Ur- und Frühgeschichte über das Mittelalter und die Neuzeit bis in die Gegenwart reichen. Mögliche und durchaus zu ergänzende Themen können sein:
- Gebiete, Grenzen, urbane und ländliche Mobilität
- soziale (Im-)Mobilität: Inklusions- und Exklusionsprozesse
- Exilanten, Flüchtlinge, Asylsuchende: erzwungene oder freiwillige Mobilität
- Formen der Mobilitätskontrolle
- geheime und illegitime Mobilität: Schmuggel und Spionage
- Infrastrukturen für Mobilität: Wege, Fortbewegungsmittel und temporäre Aufenthaltsorte
- Orte des Ankommens (Lager, Unterkünfte, Siedlungen), Orte des Erinnerns
- Tourismus, Reiseberichte, Pendeln
- Prozesse der wechselseitigen Anpassung: (Re-)Formierung von Identitäten
- Wissen auf Wanderschaft: Handschriften, Bücher, Bilder, Konzepte und ihre Vermittlungswege
- mobile Sprache: Fremdworte, Lehnworte, sprachliche Überlagerungen, Begriffsgeschichte, Namen
Diese Konferenz möchte weitere Tagungen, Projekte und Workshops anregen. Deshalb wird sie sich aus einer wissenschaftlichen Fachtagung und einem „Markt der Möglichkeiten“ aus Vorstellungen laufender Projekte und Workshops zur Entwicklung neuer Ideen und Fragestellungen zusammensetzen.
Beiträge von 30 Minuten aus allen historischen und benachbarten Disziplinen in deutscher Sprache sowie Projektvorstellungen und Ideen für Workshops durch kürzere Präsentationen und Diskussionsbeiträge sind willkommen. Reise- und Übernachtungskosten können gegebenenfalls nach vorheriger Rücksprache übernommen werden.
Abstracts für Beiträge, Projekte oder Workshops mit max. 1.500 Zeichen inkl. kurzem CV werden erbeten bis zum 15. November 2023 an mobilitaet@heimatverband-mv.de