Fünfte Jahrestagung des Arbeitskreises Sexualitäten in der Geschichte

Fünfte Jahrestagung des Arbeitskreises Sexualitäten in der Geschichte (AKSG): The straight past of a queer present? Nicht-heterosexuelles Begehren und Verhalten in Kulturgeschichte und Kulturvergleich

Veranstalter
Prof. Dr. Klaus van Eickels / Dr. Christine van Eickels (Otto-Friedrich-Universität Bamberg) und für den Arbeitskreis Sexualitäten in der Geschichte (AKSG): JProf. Dr. Julia König (Johannes Gutenberg-Universität Mainz), Dr. Dagmar Lieske (Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin), Dr. Sebastian Bischoff (Universität Bielefeld)
Veranstaltungsort
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
PLZ
96045
Ort
Bamberg
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
19.04.2024 - 20.04.2024
Deadline
10.11.2023
Von
Sebastian Bischoff

The straight past of a queer present?
Nicht-heterosexuelles Begehren und Verhalten in Kulturgeschichte und Kulturvergleich

Fünfte Jahrestagung des Arbeitskreises Sexualitäten in der Geschichte (AKSG): The straight past of a queer present? Nicht-heterosexuelles Begehren und Verhalten in Kulturgeschichte und Kulturvergleich

Gleichgeschlechtliche Bindungen und die Regulierung sexuellen Verhaltens spiel(t)en in fast allen Kulturen weltweit eine zentrale Rolle. Gegenderte Verhaltensnormen weichen dabei oft stark voneinander ab, so dass eine genderdifferenzierende Betrachtung grundsätzlich geboten ist. In besonderer Weise gilt dies für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Im Mittelpunkt der Tagung soll die Frage nach der Regulierung gleichgeschlechtlichen Begehrens und homosexuellen Verhaltens stehen. Der Blick auf unterschiedliche Kulturen von der Antike bis zur Gegenwart soll dabei vor allem auf die sich verschiebenden Grenzen des Erlaubten gerichtet werden. Auf der fünften Jahrestagung des Arbeitskreis Sexualitäten in der Geschichte möchten wir den Versuch unternehmen, die Schwerpunktsetzung zu erweitern und neben modernen auch vormoderne Sexualitäten und der Veränderungen in der longue durée in den Blick zu nehmen.
Noch heute von großer Bedeutung, aber öffentlich dethematisiert sind homoaffektive Bindungen in westlichen Gesellschaften des Globalen Nordens, wohingegen sie in den meisten vormodernen Gesellschaften explizit das Funktionieren politischer Institutionen, des sozialen Lebens und wirtschaftlicher Beziehungen garantierten; dies ging mit der sozialen Überwachung und kleinteiligen Reglementierung des sexuellen Verhaltens einher. Die emotionale Aufladung der Ehe als einer auf Dauer gestellten Form romantischer Verliebtheit im 19. Jahrhundert fand ihre Entsprechung in der Entstehung der modernen Psychologie, die das sexuelle Begehren als konstitutiven Teil der menschlichen Persönlichkeit begriff und nicht mehr als eine von außen an den Menschen herangetragene Versuchung, der es zu widerstehen galt. Der Übergang von einer auf Familienbetrieben beruhenden Wirtschaftsweise zu einer Gesellschaft, in der abhängige Beschäftigung und die Trennung von Wohnung und Arbeitsplatz die Norm war, begünstigte die Ausweitung dieses zunächst bürgerlichen Modells. Die sexuelle Orientierung eines Menschen wurde damit zu einem fait social, und der homosexuelle Mensch, der sich nicht romantisch in eine Person des anderen Geschlechts verlieben und daher nicht nach den neuen Maßstäben der Ehe aus Liebe heiraten konnte, wurde zum Inbegriff des unverantwortlichen, sozial nicht eingebundenen Individuums, das sich sozialer Kontrolle ebenso entzog wie der Verpflichtung, zum Fortbestand von Nation und Gesellschaft beizutragen.
Die Formierung des Konzepts der „Homosexualität“ etablierte eine homo-hetero dichotomy, die sehr bald auch die Wahrnehmung enger emotionaler Bindungen insbesondere zwischen Männern einschloss und diese suspekt werden ließ. Diese verfestigte Unterscheidung ist spätestens im Zuge der neosexuellen Revolution in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder zunehmend in Auflösung begriffen.
Im Rahmen der Tagung gilt es zu fragen, wo und wie in der Vergangenheit die Grenzen des Erlaubten verliefen und anhand welcher Kriterien sie gezogen wurden. Der Blick auf die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in Europa und anderen Teilen der Welt kann und soll dabei auch einen Beitrag dazu leisten, die Kontrastierung von sogenannten westlichen zu nicht-westlichen Kulturen aufzubrechen. Zu betrachten wird sein, ob und inwieweit gleichgeschlechtliche affektive Bindungen und Liebe zwischen Mann und Frau als sich wechselseitig ausschließende oder als komplementäre Formen sozialer und personaler Bindungen betrachtet wurden und werden, in welche Schemata und Logiken der Bewertung homosexuelles Verhalten und gleichgeschlechtliche Beziehungen eingeordnet wurden und werden und in welchem Verhältnis diese zu den „heterosexuellen Verhaltensnormen“ stehen.
Der aus der europäischen Moderne stammende Begriff der „Homosexualität“ erweist sich dabei in vielen Fällen als ein nur wenig geeignetes Instrument der historischen und kulturvergleichenden Analyse. Eine Generation nach der in den 1980er und 1990er Jahren erbittert und in der Folge zunehmend abstrakt geführten Debatte um Essentialismus und Konstruktivismus (essentialist-social constructivist controversy), erscheint es angebracht, die seinerzeit auch von Historiker*innen in die Diskussion eingebrachten Erkenntnisse und Überlegungen neu aufzugreifen und unter Berücksichtigung des theoretisch-begrifflichen Instrumentariums der queer theory für ein besseres Verständnis gleichgeschlechtlicher Beziehungen und Handlungen in der Vergangenheit wie in anderen Kulturen fruchtbar zu machen.
Die Tagung wird in Präsenz stattfinden. Erwünscht sind Beiträge von der Antike bis zur Gegenwart, insbesondere Forscher*innen, die sich mit Sexualitäten in Regionen jenseits Europas/Nordamerikas beschäftigen, werden zu einer Einreichung ermuntert. Vergleichend angelegte und epochenübergreifende Studien sind ebenso willkommen wie konkrete Einzelbeispiele.
Auch paper proposals zu anderen sexualitätsgeschichtlichen Themen können eingereicht werden, da auch eine thematisch offene Sektion geplant ist. Eine Publikation der Tagungsbeiträge in der University of Bamberg Press ist geplant.
Ein Zuschuss zu den Reise- und Übernachtungskosten für die Referent*innen wird Mitte November bei der Forschungsförderung der Universität Bamberg beantragt werden; außerdem stehen für paper aus dem Bereich der Vormoderne (insb. Mittelalter, aber auch Antike und Frühe Neuzeit) Mittel des Bamberger Zentrums für Mittelalterstudien zur Verfügung.
Die Tagungssprache ist Deutsch; Vorträge und Diskussionsbeiträge sind jedoch auch auf Englisch willkommen. Die Präsentation soll maximal 15 Minuten dauern. Eine schriftliche Einreichung einer ausführlicheren und mit Belegen versehenen Fassung (precirculated paper) zwei Wochen vor der Tagung ist erwünscht. Die geplante Vortragszeit sowie die Vortragssprache ist im proposal mit anzugeben; das abstract von 200-500 Wörtern in Deutsch oder Englisch soll vor allem über die Fragestellung und den zeitlichen und geographischen Rahmen Auskunft geben. Das Formular auf der folgenden Seite ist im Format PDF unter dem Betreff „CFP Straight past of a queer present: Proposal [+ Ihr Nachname]“ bis zum 10.11.2023 einzusenden an: straight-past-queer-present.hist-mg@uni-bamberg.de (mit CC an chve1962@yahoo.de). Wir werden bis Mitte Dezember 2023 Rückmeldung geben.

Kontakt

straight-past-queer-present.hist-mg@uni-bamberg.de

Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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