In dieser Veranstaltung des Forschungskolloquiums spricht Herr Konstantin Neumann (Potsdam) zum Thema "Desertion in der Diktatur".
Fahnenflucht war in der DDR wahrlich kein Kavaliersdelikt. Gerade diejenigen, die als Soldaten den Staat verteidigen sollten, stellten diesen mit ihrer Fahnenflucht infrage. Die Deserteure waren jedoch nicht nur ein militärisches Sicherheitsrisiko. In Ermangelung demokratischer Wahlen fungierten die bewaffneten Organe als Lebensversicherung von Partei und Regierung, sodass die Fahnenflüchtigen insgesamt die staatliche Souveränität sowie die Herrschaftslegitimation der SED fragmentierten. Wie wirkte sich dies auf die Strafverfolgung aus? Ein Untersuchungsziel des Dissertationsprojektes ist die diskursanalytische Fragestellung, wie die verschiedenen staatlichen Akteure über die Fahnenflucht kommunizierten und damit den Tatbestand konstruierten. Worin sahen MfS und Militärjustiz die Wesensmerkmale und Ursachen für das Fahnenfluchtgeschehen? Welche Handlungselemente waren strafbar bzw. verschärften die Strafe? Letztlich interessiert die übergeordnete Frage, ob und inwiefern eine „normale“ Strafverfolgung zu einem diktaturspezifischen Repressionsinstrument wurde.
Die Veranstaltung findet am 28. Mai 2024 zwischen 14:00 Uhr und ca. 16:00 Uhr hybrid vor Ort (Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie, Ruschestr. 103, 10365 Berlin, Haus 7, Raum 427) sowie über Zoom statt. Für den Zugangslink melden sich Interessierte bitte unter der Mail kolloquium@bundesarchiv.de.