Konf.: "Sozialistische Helden", Krakau 13.-16.9.2001

Konf.: "Sozialistische Helden", Krakau 13.-16.9.2001

Veranstalter
Dr. Silke Satjukow (Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena) und Dr. Rainer Gries (Historisches Seminar der Universitaet Leipzig), Dr. Rainer Gries (Historisches Seminar der Universitaet Leipzig) u.a.
Veranstaltungsort
Villa Decius, Krakau
Ort
Krakau
Land
Poland
Vom - Bis
13.09.2001 - 16.09.2001
Website
Von
Satjukow, Silke

Vorankuendigung

Konferenz: "Sozialistische Helden". Eine Kulturgeschichte von
Propagandafiguren in Osteuropa und der DDR

Datum: 13. bis 16. September 2001
Ort: Villa Decius, Krakau
Konferenzsprachen: Deutsch, Englisch, Polnisch

Abstract:

Helden sind ueberdurchschnittliche Menschen. Durch ihre Taten oder ihre Lebensfuehrung liefern sie einer Gesellschaft nachahmenswerte Muster.

Anfang des 20. Jahrhunderts gebaren die russische Oktoberrevolution und der nachfolgende Buergerkrieg eine Vielzahl von heroischen Vorstellungen. Ein kaempferisches Pathos durchdrang ebenso die Rhetorik und Publizistik der
Partei wie die staatliche Monumentalpropaganda, die Poesie der proletarischen Dichter und die Bilder und Plakate "linker" avantgardistischer wie "rechter" realistischer Kuenstler, das revolutionaere Theater und die theatralischen Masseninszenierungen. Sie alle glaubten, dass es moeglich sei, einen "sozialistischen Uebermenschen" zu schaffen.

Das grosse Beduerfnis nach Heroismus, das nach 1945 auch in anderen osteuropaeischen Laendern und in der DDR in zahlreichen Heldenkonstruktionen kulminierte, war nicht ohne Schwierigkeiten durchzusetzen: Die Mythisierung historischer Gestalten hatte bis dahin darauf beruht, dass das kollektive Gedaechtnis des Volkes an die Stelle von authentischen individuellen Erinnerungen von den Machthabern legitimierte Kategorien und an die Stelle
tatsaechlicher Personen Leitbilder setzte. Die geschichtlichen Subjekte wurden einem mythischen Paradigma untergeordnet, wobei die Zeit, das Vergessen des Individuell-Historischen eine entscheidende Rolle spielte. Erst zeitliche Distanz schuf den idealisierten Helden. Dessen individuelle Zuege wurden
entmenschlicht und vergoettlicht. Nur so stand er "ueber" dem Volk, dass ihm zu Dank verpflichtet war.

Die Konstruktion sozialistischer Helden hingegen verkuerzte die bei den "Erinnernden" fuer eine Transformation erforderliche Zeit gewaltsam. Eine intensive Propagierung des neuen Helden durch die Massenmedien erhielt hier um so mehr sein Betaetigungsfeld.

Der interdisziplinaere und internationale Vergleich der Heldenerzaehlungen und ihrer kulturellen Leistungen in verschiedenen, von der Sowjetunion hegemonierten Gesellschaften vermag unseres Erachtens zum einen, Aufschluesse ueber den intendierten und den realen Transfer propagandistischer wie
kultureller Muster innerhalb des Systems sozialistischer Parteien und Staaten zu geben. Zum anderen kann im angestrebten Vergleich ein bisher nicht verfuegbares Wissen ueber eigenwillige Aneignungsformen der Heldenmythen zwischen Anmutung und Zumutung erarbeitet werden: Wieviel Eigenstaendigkeit in
der Uebernahme sowjetischer Kulturmuster vermoegen sich die einzelnen Gesellschaften des "sozialistischen Weltsystems" zu bewahren und warum? Wieviel nationale Erzaehltradition fliesst in die Gestaltung der Helden in der DDR, in Ungarn, der Tschechoslowakei und in Polen ein? Wie verhalten sich die
sozialistischen Helden beispielsweise in Polen, wo die "Konkurrenz" mit christlichen Heiligen bis zum Ende des Sozialismus fortdauerte? Schliesslich sollte es ein Ziel sein, die Ergebnisse dieser Erhebungen und Ueberlegungen in eine erste Theorie des sozialistischen Helden muenden zu lassen.

Organisation und Kontakt:

Die Tagung wird organisiert von Dr. Silke Satjukow (Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena) und Dr. Rainer Gries (Historisches Seminar der Universitaet Leipzig) - in Kooperation mit dem Polnischen Institut (Leipzig) und dem Aussenministerium der Republik Polen sowie der Bundeszentrale
fuer politische Bildung (Berlin, Bonn) und dem Kulturwissenschaftlichen Institut e.V. Leipzig. Die Tagung und das Forschungsprojekt werden gefoerdert von der Fritz Thyssen Stiftung (Koeln) und der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Berlin).

Programm

Begruessungen

Einfuehrungs-Vortraege:

Dr. Silke Satjukow (Jena): Einfuehrung in eine Theorie des "sozialistischen"
Helden

PD Enno, Buenz (Jena): "Von helden lobebaeren ...". Wie wurde man im
Mittelalter ein Held?

Dr. Frank Moeller (Jena): Zur Konstruktion buergerlicher Helden im 19.
Jahrhundert

Erste Abteilung: Helden der Sowjetunion

Dr. Rosalinde Sartorti (Berlin): Einleitung

Dr. Juri Muraschow (Bielefeld): Sowjetische Helden der Wissenschaft

Dr. Sabine Arnold (Muenchen): Sowjetische Kriegshelden

Daniela Rathe M.A. (Berlin): "...und da beschlossen wir, eine Gruppe Maedchen,
an die Front zu gehen." Zoja Kosmodemjanskaja als russische Jeanne d´Arc. Zur
Typologie einer Sowjetheldin im "Grossen Vaterlaendischen Krieg".

Gerhard Kowalski (Muenchen): "Sowjetische Kosmoshelden unter besonderer
Beruecksichtigung von Juri Gagarin"

Dr. Rosalinde Sartorti (Berlin): Kommentar

Zweite Abteilung: Helden der DDR

Dr. Rainer Gries (Leipzig): Einleitung

Dr. Annette Leo (Berlin): Helden des Widerstands: Ernst Thaelmann

Dr. Silke Satjukow (Jena): Helden der Arbeit. Zwei Portraets: Adolf Hennecke
und Frieda Hockauf

Norbert Rossbach M.A. (Jena): Helden des Sports: Taeve Schur

Dr. Monika Gibas (Jena): Heldin des Weltalls: Valentina Tereschkowa

Ronald Hirte M.A. (Weimar): Ein spaeter Held. Sigmund Jaehns Flug in das All

Dr. Rainer Gries (Leipzig): Kommentar

Dritte Abteilung: Helden Ungarns

Dr. Arpad von Klimo (Berlin/Budapest): Einleitung

Dr. Boldizsár Voeroes (Budapest): Die Ausrottung nationalistischer und
christlicher Heldenkulte mittels der Etablierung sozialistischer Helden

Dr. Arpad von Klimo (Berlin/Budapest): "Rittmeister Gussew oder ein Phantom
als Held. Die Erfindung eines russischen Helden im Jubilaeumsjahr der
ungarischen Revolution von 1848"

Dr. Arpad von Klimo (Berlin/Budapest): Kommentar

Vierte Abteilung: Helden der Volksrepublik Polen

Dr. Marcin Zaremba (Krakau): Einleitung

Izabella Main M. A. (Budapest): "Boleslaw Bierut - der Versuch einer
Manufaktur des Helden"

Dr. Piotr Zwierzchowski (Warschau): "Wie staehlten sich die Helden des
sozialistischen Realismus. Die Biographie des Protagonisten als Element seines
Bildes"

Dr. Marcin Zaremba (Krakau): "Der letzte Weg der Erbauer des Sozialismus".
Bestattungsrituale sozialistischer Helden

Dr. Jerzy Kochanowski (Warschau): "Von dem Mann, der sich den Kugeln nicht
beugte". Die Legende des Generals Swierczewski

Dr. Marcin Zaremba (Krakau): Kommentar

Fuenfte Abteilung: Helden der CSSR

Dr. Peter Heumos (Muenchen): Einleitung

Christiane Brenner M.A. (Muenchen): "Jan Palach - Tod fuer einen Sozialismus
mit
'menschlichem Gesicht'"

Dr. Peter Heumos (Muenchen): "Stossarbeit, Stachanov-System und
sozialistischer
Wettbewerb" Widerstand und Protest gegen Steigerungen der Arbeitsnormen in
tschechoslowakischen Industriebetrieben 1945-1965."

Stefan Zwicker M.A. (Bruenn) "Julius Fucik-Antifaschistischer Maertyrer des
tschechoslowakischen Sozialismus."

Dr. Peter Heumos (Muenchen): Kommentar

Dr. Rainer Gries (Leipzig): Versuch einer Positionsbestimmung des
"sozialistischen Helden" als Grundlage einer vergleichenden
kulturwissenschaftlichen Propagandaforschung

Kontakt

Dr. Rainer GriesDr. Silke Satjukow
Historisches Seminar Historisches Institut
Universitaet Leipzig Friedrich-Schiller-Universitaet Jena
Burgstrasse 21Humboldtstrasse 11
D-04109 Leipzig
D-07743 Jena
Tel.: 0341-9015230 Tel.: 03643-401539
Fax: 0341-9015231Fax: 03641-944452
Email: Rainer.Gries@t-online.de
Email: Satjukow@t-online.de


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