Graduate Spring Seminar in Methodology (GSSM)

Graduate Spring Seminar in Methodology (GSSM)

Veranstalter
Graduate School of Social Sciences (GSSS Bremen) und Hans-Böckler-Stiftung
Veranstaltungsort
Graduate School of Social Sciences
Ort
Bremen
Land
Deutschland
Vom - Bis
08.03.2004 - 19.03.2004
Von
Dressel, Werner

Graduate Spring Seminar in Methodology (GSSM)
8.-19. März 2004

Das Graduate Spring Seminar in Methodology (GSSM) wird gemeinsam von der GSSS und der Hans-Böckler-Stiftung getragen. Es vermittelt einen Zugang zu sozialwissenschaftlichen Methodendesigns, die sich,ungeachtet der Aufspaltung in ein qualitatives und quantitatives methodologisches Lager, in der Forschungspraxis immer mehr durchsetzen.

Die Teilnehmer/innen sollen einen Überblick über aktuelle methodologische Debatten um den Stellenwert qualitativer und quantitativer Verfahren bei sozialwissenschaftlichen Makro- und der Mikroanalysen gewinnen. Sie sollen zudem Kriterien kennen lernen, mit deren Hilfe sie für spezifische Forschungsprobleme und -fragestellungen die adäquaten qualitativen und/oder quantitativen Methoden entscheiden können.

Das Seminar teilt sich in zwei Workshops, in denen qualitative und quantitative Verfahren einmal aus der Makro- und zum anderen aus der Mikroperspektive dargestellt werden. Die beiden Dozenten Prof. Dr. Bernhard Kittel (Universität Amsterdam) und Dr. Udo Kelle (Universität Vechta) gehören zu den wenigen Wissenschaftlern, die in beiden Feldern ausgewiesen sind. Sie werden in jeweils fünf Modulen methodologische Grundlagen und die wichtigsten Analyseverfahren vorstellen. In Tutorien an den Nachmittagen erhalten die Teilnehmer/innen die Gelegenheit, Probleme ihres eigenen Forschungsdesigns mit erfahrenen Wissenschaftler/innen zu diskutieren. Die Tutorien werden betreut von: PD Dr. Reinhold Sackmann (Institut für empirische und angewandte Soziologie EMPAS), Prof. Dr. Peter Mayer (Institut für internationale und interkulturelle Studien InIIS) und Dr. Andreas Witzel (GSSS, Archiv für Lebenslaufforschung).

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Workshops:

Workshop I: Qualitative und quantitative Verfahren in der Mikroanalyse
Dr. Udo Kelle

Modul 1: Kriterien für die Auswahl quantitativer und qualitativer Verfahren
Es werden verschiedene methodologische Programme diskutiert, anhand derer in der mikroanalytischen Sozialforschung die Auswahl von Forschungsmethoden vorgenommen werden kann: das hypothetiko-deduktive Programm, das Programm der interpretativen Forschung und das pragmatistische Programm. Die zentralen methodologischen Kontroversen werden kurz in ihrer Bedeutung für die mikroanalytische Sozialforschung dargestellt, von denen die Auswahl von Methoden oft bestimmt wird ("Erklären" vs. "Verstehen", "Theorienprüfung" vs. "Theorienkonstruktion, usw.). Hierbei wird gezeigt, dass diese Streitigkeiten sich letztendlich begründen in der Existenz konkurrierender Forschungsziele, deren Bedeutung für jedes einzelne Forschungsvorhaben also konkret geklärt werden muss. Auf der Basis dieser Überlegungen werden Kriterien für eine gegenstandsadäquate Wahl von Forschungsmethoden bzw. für die Konstruktion von nur quantitativen, nur qualitativen und kombiniert quantitativ-qualitativen Designs vorgestellt. Beispiele aus der empirischen Forschungspraxis sollen dabei verdeutlichen, wie eine gegenstandsadäquate Methodenwahl aussehen kann.

Modul 2: Kausalanalysen quantitativer Mikrodaten - Reichweite und Probleme
Klassische Schwierigkeiten und Validitätsbedrohungen quantitativer Kausalanalysen von sozialwissenschaftlichen Mikrodaten werden diskutiert: das Problem der unbekannten Hintergrundbedingungen, das Problem der common causes und die Gefahren der Gewohnheitsheuristik des Alltagswissens. Anhand von Beispielen aus der empirischen Forschung werden die forschungspraktischen Auswirkungen dieser methodologischen Probleme behandelt. Verschiedene Strategien werden vorgestellt, wie diesen Validitätsbedrohungen im Kontext quantitativer Forschung begegnet werden kann.

Modul 3: Methodenprobleme und Geltungsreichweite qualitativer Sozialforschung
Die Stärken und Schwächen ausgewiesener Methoden der qualitativen Sozialforschung werden aufgezeigt und typische Methodenprobleme diskutiert: das Problem der angemessenen Fallauswahl, das Problem der Geltungansprüche von hermeneutischen Hypothesen und das Problem der Generalisierbarkeit von Aussagen, die aufgrund der Untersuchung begrenzter Handlungsfelder und anhand kleiner Fallzallen getroffen werden. Es werden verschiedene Validierungsstrategien diskutiert, die im Kontext der qualitativen Forschung verwendet werden können, um diesen Problemen zu begegnen: Verfahren der systematischen Fallkontrastierung und empirisch gesättigten Typenbildung, sowie Methoden der sequenzanalytischen und synoptischen Geltungssicherung von Deutungshypothesen. Die Vorteile EDV-gestützter Methoden der Datenverwaltung für die Genese von Forschungsergebnissen, die aus qualitativen Mikrodaten entwickelt wurden, wird dabei verdeutlicht.

Modul 4: Triangulation qualitativer und quantitativer Methoden zwischen Validierung und Komplementarität
Im Zentrum dieses Moduls steht die Bearbeitung typischer Erklärungsgrenzen und Methodenprobleme qualitativer und quantitativer Methoden durch Verfahren der jeweils anderen Tradition. Hierzu wird zuerst die Diskussion um den Begriff der Methodentriangulation kurz resümiert, und dann verschiedene Bedeutungen, die dieser Begriff in der Forschungspraxis annehmen kann, anhand empirischer Beispiele verdeutlicht: Methodenkombination kann einerseits der wechselseitigen Validierung von Daten, Ergebnissen und Verfahren dienen. Andererseits kann eine Komplementarität von Methoden und Ergebnissen qualitativer und quantitativer Sozialforschung genutzt werden, um einen sozialwissenschaftlichen Sachverhalt umfassender und aus mehreren Perspektiven zu verstehen und zu erklären.

Modul 5: Mixed Methods Research - Designformen und Beispiele aus der empirischen Forschung
Im Modul 5 geht es, bezogen auf die von den Teilnehmer/innen verfolgten Designs, um die direkte methodische und forschungspraktische Umsetzung von Triangulationskonzepten. Dabei stehen die folgenden Funktionen von Mixed Methods Research im Vordergrund: die Validierung qualitativer Forschungsergebnisse durch quantitative Untersuchungen, die Identifikation von Methodenproblemen und Validitätsbedrohungen von standardisierten Erhebungsinstrumenten durch qualitative Forschung und die Exploration kausaler Zusammenhänge zwischen statistischen Aggregatphänomenen durch qualitative Untersuchungen. Auf dieser Grundlage werden fünf verschiedene Typen von kombiniert qualitativ-quantitativen Designs angeboten und deren Verwendbarkeit für verschiedene Fragestellungen und Gegenstandsbereiche anhand der empirischen Forschungsvorhaben der Teilnehmer/innen diskutiert.

Workshop II: Qualitative und quantitative Verfahren in der Makroanalyse
Prof. Dr. Bernhard Kittel

Modul 1: Der 'neue Methodenstreit': Standards quantitativer und qualitativer Verfahren
Auf der Suche nach gemeinsamen Standards sozialwissenschaftlicher Forschung wurde der Anspruch gestellt, die Standards quantitativer Verfahren würden auch für die qualitative Forschung gelten. Diese betreffen das Forschungsdesign, die Messung von Variablen, Bedingungen der validen Kausalinferenz, Fallauswahl und Modellbildung. Dieser Anspruch geht jedoch in vieler Hinsicht am Gegenstand und an den Fragestellungen qualitativer Forschung vorbei. Dieses Modul stellt die wichtigsten Streitpunkte der Debatte vor: Definition der Forschungsfrage, Theorieentwicklung, Fall- und Gegenstandsauswahl, Konzeptualisierung von Variablen und Beobachtungseinheiten.

Modul 2: Generalisierbarkeit und empirischer Gehalt in der Makroanalyse
Sozialwissenschaftliche Analysen von politischen und sozialen Makrophänomenen stehen vor dem Problem, im Sinne der Suche nach systematischen Zusammenhängen und Regularitäten allgemeine Aussagen entwickeln zu wollen, dies aber nur auf der Basis von singulären Ereignissen tun zu können, die lediglich in ihrer vollen Komplexität zu erfassen sind, ohne zur Karikatur zu verkommen. Im Mittelpunkt stehen die Implikationen des Spannungsverhältnisses zwischen dem Generalisierbarkeitsanspruch und dem Charakter des Gegenstandsbereichs sowie die Bemühungen, dieses Dilemma zu überwinden.

Modul 3: Quantitative Verfahren der Makroanalyse
Gelingt es, die Ansprüche quantitativer Methodologie in der vergleichenden Forschung von makropolitischen und -sozialen Phänomenen umzusetzen? Vielfach müssen Kompromisse eingegangen werden, durch die sich die Forschungspraxis weit von den methodologischen Ansprüchen entfernt. Der Schwerpunkt liegt auf konzeptuellen Problemen des in der vergleichenden Sozialwissenschaft derzeit meistgenutzten ökonometrischen Verfahrens, der Panelanalyse. Im Mittelpunkt stehen Probleme der Validität von Ergebnissen in Abhängigkeit von konzeptuellen und modellierungstechnischen Entscheidungen. Die Problematik wird an Hand von Beispielen aus der Literatur diskutiert.

Modul 4: Vergleichende Fallanalyse und qualitativ-vergleichende Verfahren
Qualitative Analysen haben den Vorteil, nah am Gegenstand zu stehen und die Komplexität empirischer Phänomene im Auge zu behalten. Im Mittelpunkt des historisch-vergleichenden Ansatzes steht der Prozeßcharakter von Makrophänomenen. Wie der Anspruch kausaler Inferenz unter der Bedingung minimaler Fallzahlen eingelöst werden kann und an welchen Kriterien Prozessanalysen zu messen sind, sind Gegenstand des ersten Teils dieses Moduls. Als Versuch, die Ansprüche der Generalisierbarkeit von Ergebnissen und der Berücksichtigung der Komplexität realweltlicher Fälle zu vereinen, gilt der Ansatz der qualitativ-vergleichenden Analyse, der insbesondere auf das Problem bedingter Kausalität eingeht. Dieser Ansatz wird im zweiten Teil diskutiert. Nach Darstellung der Grundgedanken des Ansatzes - Konfigurationsanalyse, kausale Komplexität, notwendige und hinreichende Bedingungen - wird die Umsetzung dieser Ideen in der Forschungspraxis (QCA, FS-QCA) sowie deren Kritik diskutiert. Auch hier dienen Beispiele aus der Literatur als Grundlage.

Modul 5: Implikationen für das Forschungsdesign
Die in den vorangegangenen Modulen besprochenen Fragen werden, ausgehend von den von einzelnen Teilnehmern erstellten Forschungsdesigns, im Hinblick auf ihre Anwendungsmöglichkeiten in den Forschungsprojekten der Seminarteilnehmer diskutiert.

Jeweils an den Dienstag- und Donnerstagnachmittagen findet ein Tutorial statt, in dem die Teilnehmer/innen ihre bisher entwickelten Forschungsdesigns diskutieren können. Die Tutorials werden von PD Dr. Reinhold Sackmann (EMPAS, Universität Bremen), Dr. Andreas Witzel (GSSS) und einer/einem weiteren Wissenschaftler/in betreut. Eine abschließende Diskussion mit den Dozenten und Teilnehmer/innen findet am Ende des Seminars findet am Freitag, 19.3.2004 von 14.00 bis 16.30 Uhr statt.

Programm

Das Seminar wird vornehmlich für Doktorand/innen durchgeführt, die sich am Beginn ihres Dissertationsvorhabens befinden. Die Teilnehmer/innen werden gebeten, mit der Anmeldung eine kurze Skizze (max. 2 Seiten) über das Forschungsdesign und methodenrelevante empirische Auszüge ihres Dissertationsvorhabens zu schicken.

Weitere Informationen unter: www.gsss.uni-bremen.de

Kontakt

Werner Dressel,
Executive Secretary,
Graduate School of Social Sciences
(GSSS), University of Bremen
WDressel@gsss.uni-bremen.de
Phone: 0049/421 218 4150
FAX: 0049/421 218 4153

http://www.gsss.uni-bremen.de/
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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