Politik und Religion (18. bis 20. Jahrhundert)

Politik und Religion (18. bis 20. Jahrhundert)

Veranstalter
SFB 584 "Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte"
Veranstaltungsort
Senatssaal der Universität Bielefeld (A3 - 126)
Ort
Bielefeld
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.02.2004 - 07.02.2004
Website
Von
Eitler, Pascal

Der SFB 584 "Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte" der Universität Bielefeld lädt ein zu der Tagung:

Politik und Religion (18. bis 20. Jahrhundert)
6.- 7. Februar 2004
Senatssaal der Universität Bielefeld (A3 - 126)

Das ambivalente Verhältnis zwischen Politik und Religion findet seit einigen Jahren wieder verstärktes Interesse innerhalb der Sozial- und Kulturwissenschaften. Schon glaubt sich so mancher, wie Jürgen Habermas aus Anlaß der Anschläge vom 11. September 2001, in einem "postsäkularen Zeitalter" - und verliert dabei aus dem Blick, daß es ein säkulares Zeitalter und in diesem Sinne ein zugunsten der Politik bereinigtes Verhältnis zwischen Politik und Religion niemals gegeben hat.

Die vorliegende interdisziplinäre Tagung des SFB 584 "Das Politische als Kommunikationsraum in der Geschichte" widmet sich dem Verhältnis zwischen Politik und Religion in Deutschland und Frankreich vom 18. bis ins 20. Jahrhundert - aufgrund des langen Zeitraums kann es sich dabei selbstverständlich nur um Schlaglichter handeln. Den theoretischen und methodischen Prämissen des SFB entsprechend soll dabei sowohl das Politische als auch das Religiöse nicht in einem essentialistischen, sondern in einem konstruktivistischen und prozessualen Sinne begriffen und behandelt werden: als auf unterschiedliche Weise kommunikativ hergestellte und sozial umkämpfte Wahrnehmungs- und Handlungsmodi, als nicht nur institutionell, sondern auch und insbesondere semantisch und symbolisch konstituierte und positiv oder negativ aufeinander bezogene teilautonome Bereiche der sozialen Wirklichkeit - mit je spezifischen und sich wandelnden Grenzen, Regeln, Themen und Akteuren.

Die Tagung fragt nach möglichen und vielversprechenden - historischen, soziologischen und politikwissenschaftlichen - Zugängen zu diesem Verhältnis und zielt auf die überaus unterschiedlichen Verweisungszusammenhänge zwischen Politik und Religion in unterschiedlichen historischen und gesellschaftlichen Kontexten.

Nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der einzelnen Disziplinen existieren sehr unterschiedliche theoretische und methodische Zugänge zum Verhältnis zwischen Politik und Religion. Jeder dieser Zugänge besitzt Stärken und Schwächen: Man kann sowohl die institutionellen Verflechtungen zwischen Staat und Kirche bzw. zwischen Parteien und Konfessionen in den Blick nehmen als auch die Bedeutung staatlicher Religionspolitik und dabei den Staat (wenigstens innerhalb sogenannter westlicher Gesellschaften) als Weichensteller von Religion begreifen. Umgekehrt kann man sich allerdings auch mit der Kirche bzw. den unterschiedlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften als einem politischen Akteur beschäftigen. Man kann nach (ehedem) religiösen Symbolen und Ritualen in der Politik suchen und man kann sich daran anschließend mit der möglicherweise religiösen Funktion von politischen Ideologien auseinandersetzen. Man kann sich für politische und religiöse Semantiken und deren Abgrenzung voneinander interessieren und man kann diskursive Grenzverschiebungen zwischen diesen beiden Kommunikationsräumen in den Blick nehmen. Die Teilnehmer dieser Tagung wählen durchaus unterschiedliche Zugänge zum Verhältnis zwischen Politik und Religion.

Zum Referenzpunkt für jeden dieser Zugänge wurde bis dato immer wieder die Säkularisierungsthese bzw. in Absetzung von der Säkularisierungsthese die Individualisierungsthese und damit zusammenhängend der jeweilig favorisierte Religionsbegriff. Neben Eric Voegelin und dem von ihm geprägten Begriff der "Politischen Religion" war an dieser Stelle vor allem der Religionsbegriff von Thomas Luckmann und der von ihm etablierte Begriff der "unsichtbaren Religion" von Bedeutung für die Forschung.

Die Tagung soll die Reflexion über einen - für die empirische Arbeit - geeigneten Religionsbegriff aufnehmen und bestehende Begriffsangebote kritisch überprüfen. Auffallend ist allerdings, daß im Vergleich mit der allseits gepflegten Reflexion über den zur Disposition stehenden Religionsbegriff die Reflexion über den in Frage kommenden Politikbegriff meist eher bescheiden ausfällt oder sogar völlig ausbleibt. Es ist daher - und im Sinne des SFB - das besondere Interesse der Tagung, auch diese Reflexion aufzunehmen und voranzutreiben. In diesem Zusammenhang geht es um eine möglichst präzise Historisierung und Kontextualisierung unterschiedlicher und miteinander konkurrierender Politik- und Religionsbegriffe. Auf diese Weise versucht die Tagung sowohl einer Anthropologisierung des Religionsbegriffes als auch - und insbesondere - einer Essentialisierung des Politikbegriffes entgegenzuwirken.

Programm

Freitag, 6. Februar 2004

10.00 - 10.15:
Heinz-Gerhard Haupt (Bielefeld):
Begrüßung und Einführung

10.15 - 11.15:
Frank Bösch (Bochum):
Ende der Konfessionsquerelen? Konfessionelle Konflikte und Integrationsversuche im politischen Raum der Bundesrepublik Deutschland

11.15 - 11.30:
Kaffeepause

11.30 - 13.00:
Pascal Eitler (Bielefeld):
"Gott ist rot!" Politische Theologie in der Bundesrepublik Deutschland (1965-1975)
Kommentar: Otto Kallscheuer (Berlin)

13.00 - 14.15:
Mittagessen

14.15 - 15.15:
Anton Legerer (Florenz):
Politische Diakonie in der bundesdeutschen Versöhnungs- und Vergangenheitspolitik - die Aktion Sühnezeichen

15.15 - 15.30:
Kaffeepause

15.30 - 16.30:
Barbara Stambolis (Siegen):
Vergangenheitsbilder im Spiegel nationalreligiöser Festzusammenhänge. Politik und Religion im konfessionellen Spannungsfeld

16.30 - 17.00:
Kaffeepause

17.00 - 18.30:
Wolfgang Mager (Bielefeld):
Die jansenistische Ekklesiologie und die Ausbildung des Konzepts der politischen Nation in Frankreich (1713-1789)
Kommentar: Jochen Hoock (Paris)

Abendessen

Samstag, 7. Februar 2004

10.00 - 11.00:
Manfred Hettling (Halle a.d.S.):
Politische Religion und nationalsozialistische "Gemeinschaft"

11.00 - 11.15:
Kaffeepause

11.15 - 12.45:
Manuel Borutta (Berlin):
Politik und Religion im Kulturkampf
Kommentar: Frank-Michael Kuhlemann (Bielefeld)

12.45 - 14.30:
Mittagessen

14.30 - 15.30:
Hartmann Tyrell (Bielefeld):
Politik und Religion in religionssoziologischer Perspektive

15.30 - 15.45:
Kaffeepause

15.45 - 16.45:
Abschlußdiskussion und Tagungsende

Kontakt

Interessenten melden sich bitte vorab bei der Geschäftsstelle:

SFB 584
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Universität Bielefeld
Postfach 100131
33501 Bielefeld
Tel.: 0521/106-3213 oder 3203
E-Mail: sfb584@geschichte.uni-bielefeld.de


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