Transitraum Deutsch. Literatur und Kultur im transnationalen Zeitalter. Ein internationales Symposium

Transitraum Deutsch. Literatur und Kultur im transnationalen Zeitalter. Ein internationales Symposium

Veranstalter
Edith-Stein Haus - Dom Edyty Stein, Wrocław (Polen), Gerhart-Hauptmann-Haus - Dom Gerharta Hauptmanna, Jelenia Gora (Polen) und das Germanistische Institut der Universitaet Wrocław (Polen)
Veranstaltungsort
Universitaet Wrocław
Ort
Wrocław
Land
Poland
Vom - Bis
04.11.2005 - 06.11.2005
Deadline
15.06.2005
Von
Hahn, Hans-Joachim, Zentrum fuer Begegnung, Austausch und Forschung im Gerhart-Hauptmann-Haus, Jelenia Gora

Mit dem Begriff des ‚Transitraums’ lassen sich zwei gegensätzliche Erfahrungen verbinden. Zum einen erinnert „Transit“ an die Ausschlusserfahrung von Exilierten, denen durch politischen Zwang die Existenzgrundlage an einem Ort entzogen wird. Als Titel eines Romans von Anna Seghers ruft „Transit“ konkret die historische Erinnerung an die Exilierung deutscher Staatsbürger durch den Nationalsozialismus auf, denen durch antisemitische Identitätszuschreibungen, politische Verfolgung etc. der Ausschluss aus dem Kollektiv der „Deutschen“ aufgezwungen wurde. Der Begriff bezieht sich aber auch auf das in den modernen Kulturwissenschaften gebräuchliche Konzept eines Möglichkeitsraums, in dem soziale Ordnungen ihre scheinbare Festgefügtheit verlieren und die Individuen sich neu erfinden können. Auch die Formel vom „transnationalen Zeitalter“, die einen vagen Gegenwartsbezug konstituiert, ist kaum weniger ambivalent; bedeuten die sich vor dem Hintergrund von Globalisierung und EU-Osterweiterung vollziehenden Veränderungen von Staatsverfassungen und Nationsvorstellungen doch offenkundig kaum eine allgemeine Überwindung nationaler Identitätskonstruktionen. Vielmehr scheinen gerade diese globalen Entwicklungen neue Herrschaftsverhältnisse hervorzubringen und auch vielfältige Nationalismen zu mobilisieren.

Gegenstand der Tagung ist das literarische und kulturelle Schaffen von deutschsprachigen Autoren, deren Muttersprache nicht die deutsche ist. Des Weiteren beschäftigt sich die Tagung aber auch mit den kulturellen Rahmenbedingungen in den gegenwärtigen deutschsprachigen Gesellschaften, in denen diese Literatur und Kultur entstehen. Im „transnationalen Zeitalter“ lässt sich das Schaffen vieler Autoren nicht mit dem Begriff einer „Nationalkultur“ beschreiben. Dennoch geht die Tagung davon aus, dass eine Deckung von Kultur, Sprache und Identität, wie sie das 19. Jahrhundert zur Konstruktion des damals neuen Konzepts Nationalismus hervorbrachte, zwar durch die Realität der Einwanderungsgesellschaft de facto überholt wurde, allerdings nach wie vor virulent blieb, wie es z.B. Debatten um eine „deutsche Leitkultur“ belegen. In der Erfahrung einer zunehmenden Migration während den letzten etwa 40 Jahren liegt eine Differenz zum gegenwärtigen Polen, wo die Tagung stattfindet. Mit den Migranten kamen Bevölkerungsgruppen in die deutschsprachigen Länder, deren Biographien und familiäre Bindungen sich zwischen mehreren Ländern, Kulturen und Sprachen realisieren. Entsprechend tauchen in der aktuellen deutschsprachigen Literatur Erzählstrategien auf, die auf ein Infragestellen klarer und eindeutiger Identitätsmuster abzielen. Das Leben in Zwischenräumen, „hybride“ Identitäten, der spielerische Umgang mit Identitätszuschreibungen, aber auch das Sichzurwehrsetzen gegen diskriminierende Identitätszumutungen können als zentrale Themen angesehen werden. Nicht das Festschreiben von eindeutigen Selbstbildern kommt darin zum Ausdruck, sondern ein Aufzeigen der Konstruiertheit und Brüchigkeit von diesen.

Erbeten sind Vorträge zu allen Aspekten des Themas, einschließlich historischer Perspektivierungen. Dabei ist an vier miteinander verflochtene Themenblöcke gedacht. Die jeweiligen Aufzählungen verstehen sich als Anregungen:

1. Kultur und Literatur zwischen Nationalstaat und transnationalen Erfahrungsräumen
- Theoretisierungen; Begriffsklärungen (transnational, transdeutsch etc.)
- Analysen des Kulturbetriebs
- Diskursanalytische Untersuchungen zur Begriffsgeschichte von ‚Multikulturalität’ etc.
- historische und politische Rahmung des Phänomens „Migration“

2. Die ‚kleinen Literaturen’ um 1900 – Präzedenzfall einer ‚transnationalen Perspektive’?
- zu einzelnen Autoren (Franz Kafka, Joseph Roth, Elias Canetti u. a.)
- die Bukowina-Literatur (Rose Ausländer, Paul Celan u. a.)
- weitere…

3. Deutsch-türkische Literatur und Kultur, „junge jüdische Literatur“ (Nolden), Afrodeutsche – Fremd- und Selbstzuschreibungen
- Geschichte und kulturpolitisches Programm von Kanak Attak
- deutsch-türkische Zeitungen, Verlagswesen etc.
- Bi- und Multikulturalität und deren kulturelle Etablierung
- Darstellungen deutsch-türkischer Identitäten; deutsch-türkische Bands, Hip Hop
- CyberNomads, die Initiative Schwarze Deutsche u. a.
- das ‚Phänomen’ Wladimir Kaminer

4. Deutschsprachige AutorInnen und KünstlerInnen aus Mittel- und Osteuropa
- Marica Bodrožić, Radek Knapp etc.

Insbesondere Literatur-, Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen sind ausdrücklich aufgefordert, sich an der Tagung zu beteiligen. Die Tagung ist konzipiert als eine Zusammenarbeit des Edith-Stein-Hauses, Breslau, des Germanistischen Instituts der Universität Wrocław sowie des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Jagniątków (Agnetendorf). Gefördert wird die Veranstaltung von der Robert Bosch Stiftung und dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland. Das kulturelle Rahmenprogramm wird in Zusammenarbeit mit dem Goethe Institut Krakau durchgeführt. Die Veranstalter übernehmen für Vortragende die Unterkunfts- und Verpflegungskosten in Breslau sowie die Reisekosten bis zu einer Höhe von € 130. Es wird ein Teilnahmebeitrag in Höhe von € 25 erhoben.

Kurze Abstracts mit einer Länge von maximal 400 Wörtern erbitten wir bis zum 15. Juni 2005. Rückmeldungen erhalten Sie bis zum 15. Juli 2005. Ihren Vorschlag richten Sie bitte gleichzeitig an die beiden angegebenen E-Mail-Adressen:

Jens Adam
kierownik@edytastein.org.pl
oder
Hans-Joachim Hahn
hahn@dom-gerharta-hauptmanna.pl

Jens Adam
Leiter der Programmabteilung
Edith-Stein-Haus
Dom Edyty Stein
ul. Nowowiejska 38
Pl-50-315 Wrocław

Hans-Joachim Hahn
Leiter des Zentrums für Begegnung, Austausch und Forschung
Gerhart-Hauptmann-Haus
Dom Gerharta Hauptmanna
ul. Michałowicka 32
Pl-58-750 Jelenia Góra

Programm

Kontakt

Jens Adam
kierownik@edytastein.org.pl

www.edytastein.org.pl; www.dom-gerharta-hauptmanna.pl
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Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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