Kanonisierung, Regelverstoß und Pluralität in der Kunst des 19. Jahrhunderts

Kanonisierung, Regelverstoß und Pluralität in der Kunst des 19. Jahrhunderts

Veranstalter
Prof. Dr. Stefan Grohé PD. Dr. Ekaterini Kepetzis PD Dr. Stefanie Lieb (Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln)
Veranstaltungsort
Universitätshauptgebäude, Hs XVIII
Ort
Köln
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.09.2005 - 01.10.2005
Von
Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln

Kunst und Architektur des „langen“ 19. Jahrhunderts sind in vielfältiger Weise durch Grenzziehungen und -überschreitungen gekennzeichnet: So steht der normativen Verfestigung eines Gattungssystems an den Akademien zeitgleich dessen konzeptionelle Auflösung in allen Medien gegenüber. Mit den von der philosophischen Ästhetik unternommenen Versuchen, „die Kunst“ zu definieren, kontrastieren praktische Ausweitungen des Kunstbegriffs auf Gattungen und Medien auch außerhalb des tradierten Kanons. Die Historisierung der Kunst sowie die hierarchische Scheidung von Fächern und Themen durch die neu installierte Disziplin der Kunstgeschichte sieht sich in der zeitgenössischen Kunst mit einem radikal formulierten Anspruch konfrontiert, der unbedingte Zeitgenossenschaft als zentralen Bestandteil künstlerischer Qualität fordert. Lokale Konzentrationen koexistieren mit einem Internationalismus, der entschieden mit neuen medialen und marktorientierten Verbreitungsformen rechnet.

Im Moment ihrer Fixierung sind demnach die Auflösungserscheinungen und Überschreitungsgesten kunsttheoretischer, historischer, geographischer und materialer Normierungen bereits enthalten. Darüber hinaus reagiert die Kunstproduktion auf ein verändertes bürgerliches Publikum mit sich zunehmend wandelnden Erwartungshorizonten sowie eine erweiterte Öffentlichkeit.

Das Symposium des Kunsthistorischen Instituts der Universität zu Köln will untersuchen, inwieweit diese scheinbar widersprüchlichen Befunde sich nicht vielmehr wechselseitig bedingen und ob den relevanten Ordnungsschemata ihre eigene Auflösung zugleich inhärent sein muss.

Art and architecture of the „long“ nineteenth century seem to be characterized by a complex system of confinements and by the simultaneous breach of these confinements: for instance while a normative fixation of the diverse genera of painting was taking place at the academies aesthetics attempted to define “the Art”. At the same time these dogmatic classifications collided with the actual developments in contemporary art: media, techniques and themes multiplied, the demand “to be of one’s time” became a central concept. Furthermore artistic creation was responsive to a changing audience and to new expectations towards art. Parallel to this evolution the new formed discipline of art history continued the academic tradition of establishing hierarchies, schools and norms. Regionalism coexisted with a new international scope in art dealing with new forms of representation and the market-orientated circulation of art products. Thus the dissolution of art theoretical concepts, historic, geographic and material norms had already been inherent in their inauguration.
The colloquium organized by the Institute of Art History at the University of Cologne aims at analyzing these apparent antagonisms and contradictions.

Programm

Freitag, 30. 09. 05

9.00-9.30 Uhr
Stefan Grohé
Begrüßung und Einführung

9.30-10.15 Uhr
Simone Schimpf (Stuttgart)
La Vie de Notre Seigneur: James Tissots Bibelillustrationen zwischen mystischer Verklärung und historischer Aufklärung

10.15-11.00 Uhr
Ekaterini Kepetzis (Köln)
Objekt, Materialität und Wahrheit – Kunstwerke auf den Gemälden von Lawrence Alma-Tadema

11.00-11.30 Uhr Kaffeepause

11.30-12.15 Uhr
Gabriele Genge (Düsseldorf)
Von der Statue zum ethnographischen Objekt. Ästhetische Neubestimmungen der Skulptur im Kontext angewandter Anthropologie

12.15-13.00 Uhr
Barbara Wittmann (Berlin)
L’arte dei bambini oder Wie kommt die Kinderzeichnung ins Museum?

13.00-14.00 Uhr Mittagspause

14.00-14.45 Uhr
Joanna Lubos-Kozieł (Breslau)
„...in bester künstlerischer Ausführung für reelle mäßige Preise.“ Die Entwicklung des Marktes für kirchliche künstlerische Massenproduktion im 19. Jh.

14.45-15.30 Uhr
Grischka Petri (Bonn)
Rechtsnorm, wirtschaftlicher Wert der Kunst und ästhetische Normenpluralität: der Fall Whistler vs. Ruskin

15.30-16.00 Uhr Kaffeepause

16.00-16.45 Uhr
Lars Blunck (Berlin)
“The Most Abominable Things Ever Produced in Art” – Aufstieg und Niedergang der Visitenkartenfotografie

16.45-17.30 Uhr Tagesdiskussion

Samstag, 01. 10. 05

9.00-9.30 Uhr
Stefanie Lieb
Begrüßung und Einführung

9.30-10.15 Uhr
Henrik Karge (Dresden)
Renaissance – die Kanonisierung eines neuen Stils in der Kunsthistoriographie und Architekturpraxis des 19. Jahrhunderts

10.15-11.00 Uhr
Ulrich Fürst (Bonn)
Die Abkehr von Historismus und Stikunst im Zeichen von Weltwirtschaft und –politik

11.00-11.30 Uhr Kaffeepause

11.30-12.15 Uhr
Daniela Mondini (Zürich)
Initialwerk und/oder Auslaufmodell? Séroux d’Agincourts ‚Histoire de l’Art’ und der kunsthistoriographische Kanon

12.15-13.00 Uhr
Johannes Rößler (Berlin)
„Stil“ und „Mode“. Anton Springer im Kontext der realistischen Ästhetik und der nationalliberalen Historiographie

13.00-14.00 Uhr Mittagspause

14.00-14.45 Uhr
Christian Drude (München)
Ironischer Historismus. Zur Selbstreflexion gründerzeitlicher Versatzstückkultur im graphischen Frühwerk Max Klingers

14.45-15.30 Uhr
Claudia Hattendorff (Marburg)
Französische Karikaturen unter Napoleon I. High und Low, Eigenes und Fremdes

15.30-16.30 Uhr Abschlussdiskussion

Kontakt

Grohé, Kepetzis, Lieb

Albertus Magnus-Platz
50923 Köln

+49-(0) 221-470-2362
+49-(0) 221-470-5044
ekaterini.kepetzis@uni-koeln.de

www.uni-koeln.de/phil-fak/khi