Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 24: Der Umgang mit dem Holocaust in internationaler Perspektive

Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 24: Der Umgang mit dem Holocaust in internationaler Perspektive

Veranstalter
Redaktion der Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus
Veranstaltungsort
Ort
-
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.04.2007 -
Deadline
15.05.2007
Website
Von
Jan Eckel / Claudia Moisel

Band 24 der "Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus": Der Umgang mit dem Holocaust in internationaler Perspektive

Seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Bezugnahme auf den Mord an den europäischen Juden weit über Deutschland und Israel hinaus Bedeutung erlangt. Die Beschäftigung mit dem Holocaust erfolgte in den von der deutschen Besatzungspolitik betroffenen Ländern, aber ebenso in den USA und, vor allem nach Ende des Kalten Krieges, sogar im asiatischen und arabischen Raum. Bestimmte Ereignisse, wie der Sechs-Tage-Krieg von 1967, gaben nationenübergreifend Anlass zu einer Auseinandersetzung mit dem Thema. Gleichzeitig wurden nationale Debatten zunehmend international beobachtet, was sich in den neunziger Jahren etwa an der Aufmerksamkeit für die Diskussionen über die Kollaboration mit dem Nationalsozialismus in Frankreich, der Schweiz oder Polen zeigte. Die nationalen und internationalen Auseinandersetzungen mit dem Thema verliefen keineswegs konfliktfrei, und sie führten auch nicht zu einer einheitlichen Auslegung des geschichtlichen Vorgangs. Vielmehr erscheint der Holocaust Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts als ein globaler Referenzpunkt, der von verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Bedeutungen versehen und mit divergierenden politischen Interessen und erinnerungskulturellen Funktionen verknüpft werden kann.
Die Forschung hat die internationale Holocaust-Rezeption in den letzten Jahren verstärkt in den Blick genommen. Die Sozialwissenschaftler Daniel Levy und Natan Sznaider sehen darin ein Beispiel für die „Kosmopolitisierung“ kollektiver Gedächtnisse, und der israelische Historiker Moshe Zimmermann spricht von einer „Transnationalisierung“ des Umgangs mit dem Judenmord. Bislang fehlen allerdings empirische Ausarbeitungen derartiger Thesen.
Band 24 der Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, der 2008 erscheinen soll, strebt eine solche Ausarbeitung an. Er widmet sich der historischen Analyse des Prozesses, durch den der Holocaust über Deutschland und Israel hinaus zu einem internationalen Bezugspunkt der Erinnerungskultur und der Geschichtspolitik geworden ist. Drei miteinander verbundene Fragen sollen im Mittelpunkt stehen: die Frage nach den Gründen für die wachsende Bedeutung des Themas außerhalb von Deutschland und Israel; die Frage nach den Formen, in denen das historische Geschehen angeeignet wurde und den damit verknüpften Deutungskonflikten; sowie die Frage nach den Aussagen und den Funktionen, welche sich mit den vielfältigen Bezugnahmen auf das Thema verbanden.
Diese Fragen lassen sich auf unterschiedlichen Ebenen untersuchen:
1. Ein erstes Themenfeld bietet der nationale Rahmen. Welche Rolle spielte der Holocaust in Ländern außerhalb Deutschlands und Israels als den primären Trägern der Täter- bzw. Opfer-Erinnerungen? Welche je nationalen Aneignungen lassen sich in der staatlichen Geschichtspolitik, in gesellschaftlichen Vergangenheitsdebatten und in den Repräsentationen der Erinnerungskultur wie Museen oder Gedenkstätten beobachten? Welche innen- und außenpolitischen Interessen werden damit verfolgt?
2. Zweitens lassen sich transnationale Verbindungen in den Blick nehmen: Welche Bedeutung kommt transnationalen Akteuren, etwa Opferverbänden, bei der Verankerung des Themas in der internationalen Öffentlichkeit zu? Welche Rolle spielten die Medien bei der globalen Ausdehnung des Holocaust-Bezuges, nicht zuletzt populärkulturelle Medien wie Film oder Fernsehen (etwa die international ausgestrahlte Serie „Holocaust“ oder der Film „Schindlers Liste“)? Welche Auswirkungen hatten länderübergreifend wahrgenommene Ereignisse wie der Sechs-Tage-Krieg 1967 auf die Diskussion über den Holocaust? Inwiefern führten Opferkonkurrenzen und Identifikationen, bei denen der Holocaust als Bezugspunkt nichtjüdischer Verfolgungserfahrungen diente, zu einer Universalisierung der historischen Botschaften? Zu denken wäre hier an die Rede vom „vergessenen Holocaust“ im Zusammenhang mit Massenverbrechen (Sklaverei, koloniale Gewalt, Armenien) oder an Parallelisierungen mit dem Judenmord, nicht zuletzt mit Hilfe des Genozidbegriffs, in internationalen Konflikten (Biafra, Kambodscha, Irak).
3. Welche Rolle spielte der Holocaust für die Identitätsbildung supranationaler Organisationen wie der Europäischen Union oder der Vereinten Nationen? Inwiefern hat die Auseinandersetzung mit dem Geschehen zu einer supranationalen Erinnerungskultur beigetragen, wie sie etwa auf der Stockholmer Holocaust-Konferenz von 2000 sichtbar wurde, an der Delegationen aus 47 Ländern teilnahmen und in deren Folge der Tag der Befreiung von Auschwitz als europäischer Gedenktag eingeführt wurde?

Bitte senden Sie Ihr Aufsatzexposé von 1-2 Seiten zusammen mit einer kurzen biographischen Notiz bis zum 15.5.2007 per Email an Jan Eckel (jan.eckel@geschichte.uni-freiburg.de) und Claudia Moisel (moisel@lrz.uni-muenchen.de).

Programm

Kontakt

Dr. Jan Eckel
Historisches Seminar der Universität Freiburg
Werthmannplatz, KG IV
79085 Freiburg

Dr. Claudia Moisel
Ludwig-Maximilians-Universität München, Historisches Seminar
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München


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Land Veranstaltung
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Englisch, Französisch, Deutsch
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