Golgatha in den Konfessionen und Medien der Frühen Neuzeit

Golgatha in den Konfessionen und Medien der Frühen Neuzeit

Veranstalter
Johannes a Lasco-Bibliothek zu Emden, Prof. Dr. Ulrich Heinen (Wuppertal), Johann Anselm Steiger (Hamburg)
Veranstaltungsort
Johannes a Lasco-Bibliothek zu Emden
Ort
Emden
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.03.2008 - 08.03.2008
Von
Prof. Dr. Ulrich Heinen, Prof. Dr. Johann Anselm Steiger

Der Kreuzigung Jesu kommt in der theologischen Reflexion seit jeher eine zentrale Rolle zu. Leiden und Tod Jesu Christi auf der „Schädelstätte“ sind so häufig im Medium ‚Bild’ dargestellt worden wie keine anderen Szenen der Heilsgeschichte. Im Zuge von spätmittelalterlicher Mystik und Reformation erfuhr der auf Jesu Leid und Tod blickende Christozentrismus von Theologie, Frömmigkeit und Predigt eine vielschichtige Intensivierung, die auch im Reformkatholizismus, etwa des ignatianischen Exerzitienwesens, ihre Fortsetzung fand. Die Fokussierung der reformatorischen Theologie auf den Brennpunkt des ‚solus Christus’ und die mit ihr einhergehende schrifthermeneutische Konzentration auf den für die sündige Menschheit leidenden und sterbenden Sohn Gottes als die Mitte der Schrift sowie die spätmittelalterliche und katholische Akzentuierung von Leidensmeditation, Reliquienverehrung, Schaufrömmigkeit und Eucharistie - aber auch die neue antikenkundliche Erforschung des Kreuzigens - zeitigten facettenreiche Wirkungen – nicht nur innertheologisch im Rahmen der Predigt, der privaten pietas und der Meditationskultur, sondern auch in Bildender Kunst geistlicher Musik Schultheater und geistlicher Lyrik.

Solche medialen Darstellungen der Kreuzigung Jesu folgten dabei nicht nur theologischen Reflexionen, sondern entfalteten eigenständige Auslegungen des biblischen Textes, die ihrerseits auf den inneren Kern der theologischen Auslegungsgeschichte zurückwirkten.

Die konfessionellen Unterschiede und die jeweils charakteristischen Ausprägungen von Theologie und Frömmigkeit treten anhand der frühneuzeitlichen Behandlung des Golgatha-Erzählstoffes in besonders markanter Weise hervor. Vor diesem Hintergrund soll dieser Sachzusammenhang in interdisziplinärer Breite und unter Beteiligung der einschlägigen Kulturwissenschaften auf seine je unterschiedlichen Kulturwirkungen hin befragt werden. Die jüngere Forschung hat verstärkt auf die die verschiedenen Konfessionen vernetzenden Gemeinsamkeiten, insbesondere bezüglich der Rezeption älterer (patristischer und mittelalterlicher) Traditionslinien, hingewiesen und festgestellt, daß trotz (oder gerade wegen) der konfessionellen Abgrenzungsmechanismen die jeweils eine Seite sehr genau beobachtete, was die jeweils andere auch und gerade auf dem Felde der Passionspredigt und -frömmigkeit publizierte. Infolgedessen kam es zu vielschichtigen gegenseitigen Austauschprozessen, die die konfessionellen Differenzen und die polemisch-theologischen Konflikte z.T. überwölbten und auf eine gegenseitige Durchlässigkeit der Konfessionen hindeuten, die einander keineswegs derart erratisch gegenüberstanden, wie noch immer vielfach angenommen wird.

Konzentriert auf den im höchsten Maße prominenten Erzählzusammenhang der Passion Christi geht die Tagung der Frage nach, welche multimedialen Umsetzungen Passionstheologie und -frömmigkeit innerhalb der jeweiligen konfessionellen Milieus erfuhren und welche Impulse sie für die Theologie setzten. Hierbei richtet sich das Augenmerk darauf, welche kulturellen und intermedialen Austauschprozesse die jeweiligen theologischen, frömmigkeitlichen und mediencharakteristischen Identitäts- und Profilbildungen aus sich heraussetzten.

Gefragt wird dabei nach dem Beitrag von Theologie und Konfession zu einer frühneuzeitlichen Mediengeschichte als auch danach, wie eine sachgerechte Methodik der Auslegungsgeschichte zu formulieren wäre, wenn sie sondern neben der multikonfessionellen Perspektive auch der frühneuzeitlichen Multimedialität Rechnung zu tragen bestrebt ist.

Programm

5. März 2008

19h Begrüßung

Öffentlicher Abendvortrag:
Prof. Dr. phil. Ulrich HEINEN (Wuppertal): Barocke Passionsmystik in Mel Gibsons „The Passion of the Christ“. Zur metamedialen Reintegration filmischer Leidensdarstellung in den christlichen Sinnkontext

6. März 2008

9-10h Prof. Dr. theol. Friedhelm HARTENSTEIN (Hamburg): Golgatha und der Eckstein

10-11h Prof. Dr. theol. Thomas SÖDING (Wuppertal): Spaltung und Erschütterung. Golgatha in der Matthäuspassion

11-11.30h Pause

11.30-12.30h Prof. Dr. theol. Johann Anselm STEIGER (Hamburg): Christus pictor. Der Gekreuzigte auf Golgatha als Bilder schaffendes Bild

12.30-14h Mittagspause

14-15h Dr. theol. Daniel BOLLIGER (Montpellier): Vergegenwärtigung Christi am Karfreitag: Ein ‚siebenter Hauptteil’ zu Luthers Katechismen in orthodoxen Predigtsammlungen für die Passionszeit

15-15.40h Vanessa von der LIETH (Hamburg): Golgatha in Nürnberg – Zur Exegese und Mimesis der Passion bei den Pegnitzschäfern und ihren Predigern

15.40-16h Pause

16-16.40h Thomas ILLG (Hamburg): Golgatha in den Passionspredigten Johann Arndts und im ersten ‚Buch vom wahren Christentum’

16.40-17.20 Franziska MAY (Hamburg): Golgatha – Christus als Keltertreter

17.20-17.50h Pause

17.50-18.30h Jost Eickmeyer, M.A. (Heidelberg): Lyrische Frauenklagen deutscher Jesuiten

7. März 2008

10-11h Dr. phil. Ralf Georg CZAPLA (Heidelberg): Andreas Gryphius’ „Olivetum“

11-11.30h Pause

11.30-12.30h PD Dr. phil. David GANZ (Münster): Aspicientes in auctorem fidei. Die Kreuztragung als katholisches Urbild

12.30-14h Mittagspause

14-14.40h Dr. phil. Gabriele WIMBÖCK (München): Wort für Wort und Punkt für Punkt: Darstellungen der Kreuzigung in der deutschen Kunst des 16. Jahrhunderts

14.40-15.20h Dr. phil. Heike SCHLIE (Berlin): Golgotha als Pilgerstätte und als Ort des Altars: Mediale Verschränkungen der sakralen Topographie in Bildern des Spätmittelalters

15.20-15.50h Pause

15.50-16.30h Seraphima HOFFMANN (Würzburg): Das ,gänzlich Andere’ in Eugène Delacroix’ Golgota

16.30-17.10h Dr. theol. Jens WOLFF: Golgotha in Klopstocks Messias (VIII. Gesang)

17.10-17.40h Pause

17.40h Abschlußdiskussion

Kontakt

Prof. Dr. Ulrich Heinen
Bergische Universität Wuppertal
0221 68 0 38 71
heinen@netcologne.de

Prof. Dr. Johann Anselm Steiger
Universität Hamburg
040 / 42838 - 3813
anselm.steiger@uni-hamburg.de

http://www.jalb.de/jspja/side.jsp?news_id=115&navi=1