Die Gestalt des Günstlings als konstitutives Element frühneuzeitlicher Herrschaftspraxis ist verstärkt in den Fokus der historischen Forschung geraten. Dabei wurde die in der Vergangenheit häufig anzutreffende moralische Verurteilung des „Favoriten“ aufgegeben, zugunsten einer sachlichen Analyse seiner Rolle im Rahmen von Herrschaftsorganisation und Staatsbildungsprozess im Europa des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die Figur des (häufig, aber nicht immer) aus vergleichsweise bescheidenen Verhältnissen stammenden Höflings, der zum einflußreichen, oftmals die Linien der „großen“ Politik bestimmenden, das exklusive Vertrauen eines Herrschers besitzenden Günstling aufsteigt, findet sich in zahlreichen Varianten und tritt in unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Kontexten auf.
Aufstieg und Fall des Günstlings und die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen sind inzwischen in einer Vielzahl von Einzelstudien untersucht worden, ebenso die Rolle von Günstlingen als Förderer von Kunst und Kultur. Hingegen stellt die (Selbst-)Darstellung der Favoriten nach ihrem Tod, nämlich in Gestalt des Grabmals, bisher einen blinden Fleck der Forschung dar. Das Ziel der Requiem-Tagung wird es daher sein, in einem ersten Schritt zu einer Bestandsaufnahme zu kommen: Wo ließen sich Günstlinge in welcher Form bestatten? Anhand von Beiträgen zu einzelnen Personen, möglicherweise auch Personengruppen (etwa Kardinalnepoten, Kardinalminister, Mätressen) geht es darum, die Erinnerungspraxis sowohl im Hinblick auf langfristig erfolgreiche, wie auch auf gescheiterte, gestürzte Favoriten zu untersuchen. Darauf aufbauend soll der Versuch unternommen werden, Elemente einer „Typologie des Günstlingsgrabmals“ zu entwickeln.
Die Tagung ist als interdisziplinäres Arbeitsgespräch zwischen Historikern und Kunsthistorikern konzipiert und wendet sich ausdrücklich an Vertreter beider Fachrichtungen.
Themenvorschläge werden mit einem maximal zwei Seiten umfassenden Abstract bis zum 31.10. 2008 erbeten.