Cool, erfolgreich, sexy – feministisch?!
Seit einigen Monaten ist eine so nicht gekannte Diskussion über einen „neuen Feminismus“ in den traditionell eher feminismus-feindlichen Mainstream-Medien zu beobachten. Die Wochenzeitung DIE ZEIT (DIE ZEIT Nr. 35, 24. August 2006) bekannte im Sommer 2006: „Wir brauchen einen neuen Feminismus“ und befragte dazu fünfzehn Frauen, die sich erfolgreich im Berufsleben etabliert haben. Daneben wurden seitdem erstaunlich viele Bücher veröffentlicht, die sich mehr oder weniger zu einem „neuen Feminismus“ bekennen (Meredith Haaf, Susanne Klingner, Barbara Streidl: Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht; Thea Dorn: Die neue F-Klasse.
Warum die Zukunft von Frauen gemacht wird; Mirja Stöcker: Das F-Wort. Feminismus ist sexy; Elisabeth Raether, Jana Hensel: Neue deutsche Mädchen).
Die Autorinnen sind junge Frauen ab Mitte zwanzig, haben studiert, leben in selbstgewählten Berufen und finanzieren ihr Leben unabhängig. Dass die Bedingungen und Chancen für Frauen und Männer immer noch verschieden sind, was sich zum Beispiel bei der niedrigeren Entlohung von Frauen im gleichen Job zeigt, wird von den Autorinnen in feministischer Tradition kritisiert. Dennoch setzt sich diese „neue Generation“ vom Feminismus der 1970er Jahre à la Alice Schwarzer ganz bewusst ab und kritisiert vor allem die darin postulierte Opferrolle der Frau. Die Autorinnen wollen aufräumen mit den propagierten Klischees „männerhassender, unrasierter und permanent schlecht gelaunter Emanzen“; stattdessen fordern sie die Überwindung dieses angeblich nicht mehr zeitgemäßen Feminismus; erklären, dass Feminismus, ihr „neuer Feminismus“, auch Spaß machen kann und vor allem cool und sexy ist.
Allerdings scheinen der wissenschaftliche Feminismus und die mittlerweile zahlreichen Zentren für Gender Studies sowie Frauen- und Geschlechterforschung sich an dieser Diskussion über den „neuen Feminismus“ nicht beteiligen zu wollen. Keine glücklichen "Endlich!"-Rufe, weil das sonst so verpönte Thema „Feminismus“ nun auch bei jungen Frauen außerhalb des akademischen Diskurses angekommen ist. Vereinzelt finden sich Rezensionen, die auf die neue Buchwelle reagieren – allerdings in keinem freundlichen Ton. Thea Dorns „neue F-Klasse“ wird dort beispielsweise als Spartenfeminismus“
kritisiert, der lediglich einer ganz bestimmten Elite von Frauen den Weg zur Spitze bereitet. Der „neue Feminismus“ wird als neoliberal kritisiert, weil er sich bestimmten Leistungskriterien zu Eigen macht. Zugleich sieht er die Ursache für ein Versagen von Frauen auf der individuellen Ebene und nicht in den strukturellen Bedingungen.
Mit der Podiumsdiskussion wollen wir die hier angedeuteten verschiedenen Positionen zum Thema Feminismus zu Wort kommen lassen. Wir wollen diskutieren: Bedarf es eines „neuen Feminismus’“? Was neu ist am „neuen Feminismus“? Ist Feminismus sexy? Kann Feminismus überhaupt sexy sein? Welcher Feminismus kann helfen, die Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern aufzuheben – wenn es diese denn überhaupt noch gibt? Welcher Feminismus kann helfen, die Geschlechterkategorien gar zu dekonstruieren – wenn dies denn überhaupt gewollt ist?