Die Geschichte des europäischen Film zeigt, dass die einzelnen National-Kinematographien im Laufe des 20. Jahrhunderts sowohl institutionell als auch ästhetisch eng miteinander verschränkt waren, was nicht unwesentlich auch durch die politischen Voraussetzungen bedingt war. Einen der interessantesten und zugleich kompliziertesten Fälle bilden die Beziehungen zwischen dem polnischen und dem deutschen Film. Viele der vor dem I. Weltkrieg entstandene Filme, die die Historiographie als Bestandteil der nationalen Kinematografie ansieht, waren in Wirklichkeit deutsche Produktionen. Im polnischen Film von 1945 bis 1989 finden sich viele anti-deutsche Motive, die den Richtlinien der Kommunistischen Partei entsprachen, und nach 1990 enstanden zahlreiche Filme als deutsch-polnische Koproduktionen; diese Entwicklung hat seit dem Beitritt Polens zur EU noch zugenommen.
Angesichts dieses Befunds überrascht es, dass die Beziehungen zwischen dem polnischem und dem deutschem Film bisher nicht ausführlich untersucht wurden; eine Ausnahme bilden Arbeiten zu Andrzej Wajda und Krzysztof Kieślowski. Für den geplanten Workshop, der diese Forschungslücke füllen soll, sind folgende Themenbereiche geplant:
I. Institutionelle Verschränkungen, wie zum Beispiel:
Koproduktionen zwischen der deutschen und der polnischen Kinematografie
Vertrieb und die Rezeption der polnischen Filme in Deutschland (auch in der ehemaligen DDR) – und der deutschen Filme in Polen
deutsche Filme polnischer Regisseure
Die Rezeption polnischer Filme und der polnischen Filmtheorie in Deutschland und umgekehrt
II. Filmische Motive, zum Beispiel:
das Stereotyp der Deutschen im polnischen Film und der Polen im deutschen Film
der II. Weltkrieg und der Holocaust in deutschem und polnischem Film
das Filmbild der polnisch-deutschen Städte (Danzig, Breslau)
Schlesien als filmischer Topos
polnische Geschichte als Thema im Schaffen von Völker Schlöndorff
das Polenbild im neuesten deutschen Film
Der Workshop soll dazu genutzt werden, Ideen für ein Buch zur Geschichte des polnischen Films zu entwickeln.
Die Konferenz wird in deutscher Sprache stattfinden. Wir bitten darum, uns das Thema, ein Vortrags-Abstract und eine kurze biographische Notiz bis zum 15. Februar 2009 zu schicken. Der Workshop wird vom DAAD finanziert, so dass wir die Reisekosten übernehmen können.
Kontakt: konrad.klejsa@uni-tuebingen.de
Slavisches Seminar, Universität Tübingen, Wilhelmstr. 50, D - 72074 Tübingen