Spielräume und Grenzen der Interpretation – Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaft im Gespräch

Spielräume und Grenzen der Interpretation – Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaft im Gespräch

Veranstalter
Universität Luzern, Interdisziplinärer Forschungsschwerpunkt TeNOR − Text und Normativität
Veranstaltungsort
Universität Luzern, Pfistergasse 1, Luzern, Hörsaal 1
Ort
Luzern
Land
Switzerland
Vom - Bis
09.09.2009 - 12.09.2009
Deadline
01.09.2009
Von
Nikolaus Linder

Seit 2008 suchen Forschende aus den Bereichen Theologie, Philosophie und Rechtswissenschaften im Rahmen des Forschungsschwerpunkts TeNOR – Text und Normativität der Universität Luzern nach Antworten auf die Frage: Wie, wann und warum werden Normen zu Texten und Texte zu Normen? Ein zentraler Begriff bei dieser Suche ist "Interpretation", das sinnhafte Übersetzen von Texten. Texte erschliessen sich durch ihre Interpretation, die Unbekanntes mit Bekanntem "verdolmetscht". Erst, wenn das gelingt, "versteht" man.Da die blosse Wiederholung des Texts keinen Sinn stiftet und unklar bleibt, ob der Text überhaupt verstanden worden ist, erfordert jedes Verstehen eine Abweichung von der Wortwörtlichkeit. Das macht Interpretation zu einem zirkulären – und potentiell unendlichen – Prozess, bei der sich das Interpretierte immer weiter vom Ausgangstext entfernt. So schafft Interpretation "neuen" Text, der sich der Kontrolle durch seinen Autor, aber auch objektivem Verständnis konsequent entzieht.

Damit Text also verstanden werden kann und in diesem Sinne "stabil" bleibt, muss bekannt sein, welche Abweichungen vom Ausgangstext zulässig sind; es braucht eine normative Festlegung dessen, was als angemessene, ja was überhaupt als Interpretation gilt und was nicht.
Woher diese interpretationsleitenden Normen kommen, ob und inwieweit ein Text sogar normatives Korrektiv seiner eigenen Deutung sein kann, haben verschiedene Wissenschaftsdisziplinen im Lauf der Geschichte unterschiedlich beantwortet. Können Texte ihren eigenen Interpretationsspielraum strukturieren und beschränken? Oder sind dafür auf jeden Fall externe Instanzen zuständig?

Fragen wie diese sind Thema der Tagung, die sich unterschiedlichen Traditionen und Verfahren der Interpretation widmet.

Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Um eine kurze Anmeldung per E-Mail wird gebeten.

Die Tagung wird vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt.

Programm

Mittwoch 9. September 2009

19.00
Begrüssung

19.15
Eröffnungsvortrag
Carlo Ginzburg (SNS Pisa)
The Letter Kills. On Some Implications of 2 Corinthians 3:6

Donnerstag, 10. September 2009

9.00 Begrüssung/Einführung

9.30
Andreas Mauz (Zürich)
Textgenese und Normativität. Heiligende Schreibszenen in prophetischer und epischer Tradition

10.15
Inge Kroppenberg (Regensburg)
„Ut interpretatio desideraret prudentium auctoritatem“ Interpretation und Interpretationsverbot(e) in der antiken römischen Jurisprudenz

11.00 Kaffeepause

11.30
Ruth Scoralick (Luzern)
Die Weisheit des Höchsten als Buch (Sir 24). Überlegungen zur biblischen Schrift Jesus Sirach

12.30 Mittagspause

14.30
Regina Aebi-Müller (Luzern)
Gesetzestext und Faktizität: Die Methodik des Schweizerischen Bundesgerichts im Bereich des Familienrechts

15.15
Carsten Dutt (Heidelberg)
Absichten und Texte. Intentionalismus und Antiintentionalismus in der literaturwissenschaftlichen Hermeneutik

16.00 Kaffeepause

16.30
Franc Wagner (Zürich)
Text im Kontext

Freitag 11. September 2009

9.00
Amedeo Giovanni Conte (Pavia)
Der Name der Interpretation

9.45
Emil Angehrn (Basel)
Der Text als Norm der Interpretation?

10.30 Kaffeepause

11.00
Marc Amstutz (Freiburg/Schweiz)
Texttheorie als Rechtstheorie?

12.00 Mittagspause

13.15 Fahrt nach Einsiedeln

14.30
Peter Hofmann (Koblenz)
Die Bibel als Erste Theologie, der Kanon als Norm? Zur systematisch-theologischen Bedeutung einer intertextuellen Schriftlektüre

15.15
Thomas Steinfeld (Luzern/ München)
Die Enden der Parabel. Über das Wort als Norm und den Satz als unterschätzte Grösse der Interpretation

16.00
Pierre Bühler (Zürich)
Norma normans – norma normata: zum Umgang mit der Normativität in der Auslegung der heiligen Schrift

16.45 Führung durch die Bibliothek der Stiftung Werner Oechslin

Samstag, 12. September 2009

9.30
Lutz Danneberg (HU Berlin)
Unsinn und Sinn methodologischer Normierungen des Interpretierens

10.15 Kaffeepause

10.45
Riccardo Guastini (Genova)
Cognitivisme et scepticisme dans la théorie d‘interprétation (juridique)

11.30 Schlussdiskussion

Kontakt

Universität Luzern
FSP TeNOR – Text und Normativität
c/o Dr. iur. Nikolaus Linder, PF 7464
6000 Luzern 7, Schweiz

http://www.te-nor.ch