Modern Times / Zeiten der Stadt

Modern Times / Zeiten der Stadt

Veranstalter
DFG-Forschergruppe: Kulturen des Wahnsinns (1870-1930). Schwellenphänomene der urbanen Moderne
Veranstaltungsort
Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
31.08.2009 -
Deadline
31.08.2009
Von
Beate Binder, Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin

Call for Papers

Workshop „Modern Times / Zeiten der Stadt“ (25.-27.2.2010)

Die entstehende Großstadt gilt als „Labor der Moderne“ – eine Metapher, die die Zeit zwischen 1870 und 1930 in Europa als Epoche der offenen Möglichkeiten kennzeichnet, die Stadt als einen Schwellenraum. Die urbane Topographie charakterisiert sich zunächst durch neue Räume: die Passage, der Boulevard, das Cafe, die Fabrikhalle, der Krankensaal, das Ambulatorium, aber auch das Labor selbst, das Kino und der Hörsaal. Sie sind zugleich die Bühne für eine Vielfalt neuer Akteure wie den Flaneur, die Bohemienne oder den Maschinenarbeiter, die – teils miteinander, teils nebeneinander – die Stadt hervorbringen, beleben und dort sehr unterschiedliche Lebensweisen kultivieren. Mit der Großstadt entstehen zugleich neue Kommunikations- und Ausdruckformen, deren ungeregelte Vielfalt und kreative Buntheit überraschte, faszinierte und erschreckte – und in verschiedener Weise neu als grenzgängig oder wahnsinnig markiert wurden. Mit der Perspektive des Wahnsinns wollen wir gerade die Verschränkungen der scheinbaren Anachronismen, Verwerfungen und Paradoxien, die diese Übergangsphase hervorbringen und von ihr hervorgebracht werden, in den Blick nehmen.

Im Workshop „Modern Times – Zeiten der Stadt“ sollen die widersprüchlichen Wahrnehmungs- wie Lebensweisen der Großstadt zu einander in Beziehung gesetzt werden. Im Mittelpunkt steht das Spannungsverhältnis divergierender Diskussions- und Wahrnehmungsweisen der Großstadt. Denn diese ist einerseits im Topos der „krankmachenden Stadt“ ein Ort der Wiederholung, Standardisierung und Normierung, der Hast und Eile, der Zeittaktung und des fremden Zeitregimes. In der Kultur- und Medizingeschichte wird dieses Bild oft bemüht, für das paradigmatisch die neuen Verkehrs- und Kommunikationstechniken und deren negative Folgen für den Körper und die Seele ihrer Bewohner/innen stehen. Tempo und Beschleunigung gelten andererseits im Topos der „kreativen Metropole“ als Quelle von Lebendigkeit, Dynamik, Ideenreichtum und Innovation, die aus der Größe, Dichte und Heterogenität des Stadtraumes erwachsen. Zugleich wird – insbesondere von Seiten der sozial- und kulturwissenschaftlichen Stadtforschung - die enge Verbindung von Stadt und Kreativität, die Produktivität von Künstlermilieus und Wissenskulturen, betont.

Die Stadt als Brutofen und Sündenpfuhl einerseits, andererseits als Rationalität, deren Weite und Transparenz neue Horizonte öffnet: in diesem Spannungsverhältnis soll die Stadt als liminaler Raum erkundet werden. Um die Geschichte des Wahnsinns als Teil moderner Urbanität um 1900 differenziert zu betrachten, will der Workshop diese beiden zentralen Vorstellungen von der Stadt in ihrer gegenseitigen Verschränkung fruchtbar machen. In der Doppelperspektive von historischen Subjekten, realen Orten und städtischen Praktiken auf der einen, und imaginären bzw. medialen Figuren, Topographien und Theorien auf der anderen Seite sollen die Logiken und Praktiken symbolischer Sinngenerierung (und Sinngenerierungssysteme) in den Blick genommen werden, die den Konstitutionsprozess der modernen Stadt zwischen 1870 und 1930 bestimmen.

Wir verfolgen hierbei drei thematische Schwerpunkte:

1. Akteure – Figuren
Welche Akteure gestalten die Stadt (in) der Moderne? Wie eignen sich die (neuen) sozialen Gruppen die Stadt und ihre Räume an? Welche (imaginären) Figuren bestimmen das Bild der Stadt und in welchem Wechselverhältnis stehen Stadtbewohner/innen und Stadtvorstellungen?

2. Institutionen – Topographien
Wie verhalten sich die alten Institutionen zum entstehenden städtischen Raum? Wie werden durch sie städtische Lebenswelten segregiert, organisiert und verwaltet? Und wie bricht vice versa die Heterogenität des städtischen Raumes die traditionelle Einheit der Institution auf? Zu welchen Topographien ordnen sich städtische Räume?

3. Praktiken – Kognitionen
Wie zeigen sich die Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen der neuen Urbanität im Alltagsleben, in künstlerischen Ausdrucksformen und Selbstinszenierungen? Welche Rolle spielen sie in den neuen Kommunikationsformen? Wie werden sie in den medizinischen und kulturellen Wissenschaften wahrgenommen und konzeptualisiert?

Der interdisziplinäre Workshop soll die entstehende Großstadt als Darstellungsraum und Konfiguration für die modernen Formen der Alterität jenseits eines Normalisierungsdispositivs beschreiben.

Beitragsvorschläge mit einer Kurzdarstellung (max. 400 Wörter) richten Sie bitte bis zum 31. August 2009 an: benjamin.marcus@charite.de

Veranstalter:
DFG-Forschergruppe „Kulturen des Wahnsinns“,
http://www.kulturen-des-wahnsinns.de

Planung:
Beate Binder, Sabine Fastert, Volker Hess

In Kooperation mit:
Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin
Georg-Simmel-Zentrum für Metropolenforschung, Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichte und Kunstgeschichte, Technische Universität Berlin
Institut für Geschichte der Medizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin
Center for Metropolitan Studies, Technische Universität Berlin

Datum, Ort:
25.02.2010 - 27.02.2010, Berlin

Deadline:
31.08.2009

Programm

Kontakt

Benjamin A. Marcus
Koordination FOR 1120 "Kulturen des Wahnsinns"
Institut für Geschichte der Medizin
Charité - Universitätsmedizin Berlin
Ziegelstr. 5-9 | 10117 Berlin | Tel./Fax.: +49-30- 450 529 -047 / -901
benjamin.marcus@charite.de

www.kulturen-des-wahnsinns.de