Städtische Minderheiten in Europa / Metropolitan Minorities in Europe Urbane Randgruppen in Ost- und Westeuropa im Vergleich (19.-21. Jahrhundert) / Urban Marginal Groups in Eastern and Western Europe in Comparison (19th-21st Century)

Von
Rolf, Malte

Seit den gewalttätigen Unruhen in den Pariser Banlieues im Herbst 2005 werden auch in Deutschland sozial-räumliche Segregation und Konzentration von städtischen Randgruppen in Vorortbezirken wieder als erhebliches Problem im öffentlichen Diskurs wahrgenommen. Dabei überkreuzt sich in Deutschland wie auch in anderen westeuropäischen Gesellschaften die Problemwahrnehmung von urbanen Unterschichten mit der Thematisierung von „Parallelgesellschaften“. Eine zuvor propagierte tolerante „Multikulturalität“, die ein weitgehendes Nebeneinander von städtischen Milieus implizit akzeptierte, ist nun in Westeuropa zum Gegenstand heftiger Kontroversen geworden. Auch in Osteuropa ist ein grundlegender Wandel der Wahrnehmung urbanen Zusammenlebens seit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus zu verzeichnen. Die sozialräumliche Segregation ist derzeit in den osteuropäischen Städten in vollem Gange. Allerorts in Europa wird nach neuen Konzepten für den Modus urbanen Zusammenlebens gesucht, wird die Frage des Umganges mit städtischen Randgruppen und Minderheitenmilieus mit neuer Dringlichkeit gestellt.

Dabei sind die heute zu beobachtenden Phänomene und derzeitig geführten Debatten keinesfalls neu. Schon die europäische Metropolenbildung im 19. Jahrhundert ereignete sich infolge der Stadtmigration von pauperisierten Unterschichten, die zeitgenössischen Diskussionen über Konzepte der sozialen, hygienischen Stadt, aber auch Fragen der Sittlichkeit und Moral anstießen. Und im 20. Jahrhundert führten Prozesse der sozialräumlichen Ausdifferenzierung der europäischen Städte dazu, dass sich soziale Unterschichten in einigen Stadtbezirken konzentrierten, die zugleich vermehrt durch ethnische und konfessionelle Minderheiten geprägt wurden. Die Fragmentierung der Großstadtgesellschaften dynamisierte sich so rapide.

Die Sommerakademie macht dieses Konfliktpotential zum Gegenstand einer interdisziplinär angelegten historischen und politikwissenschaftlichen Analyse. Ziel ist die intensive Auseinandersetzung mit den historischen und politischen Dimensionen von sozial-ethnisch-konfessionellen Gemengelagen in europäischen Großstädten, mit staatlichen und kommunalen Minderheitenpolitiken im urbanen Raum und mit den damit verknüpften Konfliktlagen in West- und Osteuropa. Die Existenz von städtischen Randgruppen soll weniger als „Problem“ denn als bereicherndes Potential des städtisch-kommunalen Gefüges begreifbar zu machen.

Kursprogramm
Die zweiwöchige Sommerakademie bietet ein vielfältiges Angebot an Lehr- und Lernformen, die in Kooperation mit osteuropäischen Partneruniversitäten gestaltet werden. Vorträge, Seminare, ein internationales Doktorandencolloquium, Simulationen eines fiktiven Minderheitenkonfliktes, Filmvorführungen, eine Exkursion nach Berlin und ein attraktives Kulturprogramm machen die Sommerakademie zu einer abwechslungsreichen Veranstaltung. Herausragende Fachwissenschaftler und ausgewiesene Experten eröffnen den historischen und politischen Horizont der Fragestellung.

Zu den Vortragenden und Seminarleitern gehören u.a. Dr. Jan C. Behrends (Berlin), Prof. Dr. Dietrich Beyrau (Tübingen), PD Dr. Verena Dohrn (Berlin), Prof. Dr. Alexa Färber (Berlin), Prof. Dr. Heiko Geiling (Hannover), Prof. Dr. Klaus Gestwa (Tübingen), Dr. Christiane Kohser-Spohn (Berlin), Prof. Dr. Christiane Lemke (Hannover), Dr. Sören Philipps (Hannover), Prof. Dr. Cornelia Rauh (Hannover), Prof. Dr. Gabor Rittersporn (Paris), Prof. Dr. Malte Rolf (Hannover), Prof. Dr. Hanna Schissler (Braunschweig).

Zielgruppe und Zulassung
Die Sommerakademie Städtische Minderheiten in Europa / Metropolitan Minorities in Europe richtet sich an Doktoranden und Studierende im Masterstudium. Über die Zulassung der Kandidaten wird in einem mehrstufigen Auswahlverfahren entschieden. Bewerbungen für die Sommerakademie sind bis zum 20. April 2010 bei einer der unten genannten Kontaktpersonen einzureichen. Erforderliche Unterlagen sind neben dem ausgefüllten Bewerbungsformular ein Motivationsschreiben, ein tabellarischer Lebenslauf sowie ein aussagekräftiges Empfehlungsschreiben von einer/einem Hochschullehrerin/Hochschullehrer. Von Doktoranden/Studierenden einer ausländischen Institution wird zudem ein Nachweis über deutsche und englische Sprachkenntnisse (DSH, TOEFL bzw. Entsprechungen) erbeten.

Weitere Informationen
Für die erfolgreiche Teilnahme an der Sommerakademie werden zehn ECTS-Punkte vergeben. Sie wird zudem durch ein Zertifikat unter Angabe der individuell erbrachten Leistungen (Transcript of records) dokumentiert.

Kursgebühren für Doktoranden/Studierende einer Deutschen Hochschule betragen 100,00 Euro. Für Doktoranden/Studierende einer ausländischen Institution und der Leibniz Universität Hannover fallen keine Kursgebühren an. Von allen Teilnehmern, die ein Einzelzimmer im Studentenwohnheim in Anspruch nehmen, wird eine Kaution in Höhe von 200,00 Euro erhoben. Diese Kaution wird bei Anreise und Teilnahme an der Sommerakademie im vollen Umfang erstattet.

Reisekosten werden auf Anfrage gemäß der Länderpauschalen des DAAD erstattet. Für eine kostenlose Unterbringung in Hannover ist gesorgt. Es kann eine preiswerte Auslandskrankenversicherung über den DAAD abgeschlossen werden.

Das Bewerbungsformular und detaillierte Informationen zum Kursprogramm, zu den Zulassungsvoraussetzungen, zum Bewerbungsverfahren und zu den Terminen finden sich unter
http://www.summeracademy.phil.uni-hannover.de/.

Die Sommerakademie Städtische Minderheiten in Europa / Metropolitan Minorities in Europe wird durch den DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes und seitens verschiedener Einrichtungen der Leibniz Universität Hannover gefördert.

Since autumn 2005, when violent riots took place in Parisian banlieus, social-regional segregation and the concentration of urban minorities in suburbia have been perceived as a problem in German public discourse. In Germany, as well as in other West European countries, the reception of problems concerning urban lower classes intersects the addressing of “parallel societies”. The values of tolerance and multiculturalism, which were propagated until the 1980s, accepted an extensive coexistence of urban milieus. However, these values have now become the subject of fierce controversy. A dramatic change of reception concerning urban cohabitation has also become evident in Eastern Europe since the failure of socialism. Currently, processes of social segregation are in full swing in Eastern Europe cities. Everywhere in Europe, new concepts for the mode of urban cohabitation are being sought and the question of handling urban marginal groups and minority milieus is being asked with new urgency.

The observed phenomenon and the ongoing debates, however, are not new. The European formation of metropolises in the 19th century developed from the in-migration of pauper lower classes to the cities, which initiated contemporary discussions about concepts of the social and hygienic city as well as questions of morality. In the 20th century, processes of social regional differentiation in European cities led to a concentration of lower social classes in certain city districts, which were simultaneously imprinted by ethnic and religious minorities. Thus, the fragmentation of metropolitan societies increased rapidly.

Leibniz Universität Hannover’s summer academy Metropolitan Minorities in Europe will make this potential for conflict the subject for interdisciplinary historical and political analysis. The goal is an intensive examination of the historical and political dimensions of social, ethnic and religious diversity in European metropolises and of state and municipal minority politics in urban areas which are associated with conflict potential in Western and Eastern Europe. The existence of urban marginal groups will be considered not so much as a “problem” rather than as an enrichment of urban municipal structure.

Program
Our two-week summer academy offers a variety of learning opportunities organized in cooperation with our Eastern European partner universities. Presentations, seminars, an international colloquium for PhD students, simulation of a fictitious minority conflict, films, an excursion to Berlin and an interesting cultural program mean that our summer academy will be diverse and attractive for all who are interested. Outstanding scholars and experts will broaden the historical
and political horizons of the minority question. Among our lecturers and seminar leaders are Dr. Jan C. Behrends (Berlin), Prof. Dr. Dietrich Beyrau (Tübingen), PD Dr. Verena Dohrn (Berlin), Prof. Dr. Alexa Färber (Berlin), Prof. Dr. Heiko Geiling (Hannover), Prof. Dr. Klaus Gestwa (Tübingen), Dr. Christiane Kohser-Spohn (Berlin), Prof. Dr. Christiane Lemke (Hannover), Dr. Sören Philipps (Hannover), Prof. Dr. Cornelia Rauh (Hannover), Prof. Dr. Gabor Rittersporn (Paris), Prof. Dr. Malte Rolf (Hannover), Prof. Dr. Hanna Schissler (Braunschweig), PD Dr. Ruth Stanley (Berlin).

Participants and Admission
The summer academy Metropolitan Minorities in Europe is directed at PhD students and those in the advanced stages of a master's program. Participants will be chosen according to a multi-level selection process. Applications must be submitted to the contact person named below by 20 April 2010. Along with the completed application form, you must submit all required documents: a letter of application, a CV, a strong letter of recommendation from a university teacher and proof of your skills in German AND English (DSH and TOEFL/equivalences).

More Information
10 ECTS points will be awarded upon successful completion of the summer academy. Furthermore, successful participants will receive a certificate to be recognized in their university transcripts.

The fee for the course is €100.00 for all students of a German institution. There are no fees for students of foreign institutions and of Leibniz Universität Hannover.

Free accommodation (a single-bed room with free internet access) has been arranged in Hannover. Therefore, every student who is assigned a single-bed room in student accommodation must pay a deposit of € 200.00. This deposit will be reimbursed at the end of the summer academy. Travel expenses will be reimbursed on request according to the country allowances of the DAAD. The DAAD can arrange for a reasonably priced health insurance policy to cover you during your stay.

The application form and further detailed information about our program, admission requirements, the application process and deadlines can be found at
http://www.summeracademy.phil.uni-hannover.de/.

The summer academy Metropolitan Minorities in Europe has been made possible by the DAAD with financial support from the Ministry of Foreign Affairs and various institutions of Leibniz Universität Hannover.

Programm

Kontakt

Prof. Dr. Malte Rolf
Leibniz Universität Hannover
Historisches Seminar
Im Moore 21
30167 Hannover
Tel.: +49 (0)511-762-3887 (Sekretariat)
Malte.Rolf@hist.uni-hannover.de

Prof. Dr. Cornelia Rauh
Leibniz Universität Hannover
Historisches Seminar
Im Moore 21
30167 Hannover
Tel.: +49 (0)511-762-3887 (Sekretariat)
Cornelia.Rauh@hist.uni-hannover.de

http://www.summeracademy.phil.uni-hannover.de/
Redaktion
Veröffentlicht am
Autor(en)
Beiträger
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung