Mensch und Umwelt. Umweltgeschichte als Regionalgeschichte Ostmitteleuropas von der Industrialisierung bis zum Postsozialismus/Humans and Environment. Environmental History as Eastern European Regional History from Industrialisation to Post-Socialism

Mensch und Umwelt. Umweltgeschichte als Regionalgeschichte Ostmitteleuropas von der Industrialisierung bis zum Postsozialismus/Humans and Environment. Environmental History as Eastern European Regional History from Industrialisation to Post-Socialism

Veranstalter
Collegium Carolinum (München) in Kooperation mit dem Rachel Carson Center (München); Konzeption: Horst Förster, Martin Zückert, Julia Herzberg
Veranstaltungsort
Ort
Bad Wiessee
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.11.2010 - 07.11.2010
Deadline
31.05.2010
Von
Collegium Carolinum

In den letzten Jahren sind mehrere Publikationen zur Geschichte der Tschechoslowakei und angrenzenden Regionen Ostmitteleuropas entstanden, in denen neuere umwelthistorische Zugänge aufgegriffen wurden. Dennoch mangelt es bisher an grundlegenden Studien, Sammeldarstellungen und Synthesen, die umwelthistorische Zugänge verfolgen und ihre Relevanz für Ostmitteleuropa hinterfragen.
Mit Blick auf die räumlichen Dimensionen von Natureinflüssen und den Folgen menschlichen Handelns für die Umwelt verweist die heutige Umweltgeschichtsschreibung zu Recht auf die Notwendigkeit überregionaler und transnationaler Zugänge. Dabei geraten häufig einzelne Regionen, mit ihren spezifischen politischen, strukturellen und naturräumlichen Bedingungen aus dem Blick. Diese Faktoren sind jedoch wichtig, um das Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Umwelt in der Entwicklung in einer Region nachvollziehen zu können. Es ist zu hinterfragen, inwieweit sich politische Entwicklungen wie die Etablierung des Nationalstaatsmo-dells und nach 1945 die Prägung durch sozialistische Herrschaft auf das Mensch-Natur-Verhältnis auswirkten. Umgekehrt stellt sich die Frage danach, ob das Verhältnis von Mensch und Natur konstitutiven Charakter für Geschichtsregionen wie Ostmitteleuropa hat.

Die Jahrestagung des Collegium Carolinum wird in diesem Jahr der Frage nachgehen, wie die Folgen der Hochindustrialisierung und des beschleunigten sozialen Wandels im 20. Jahrhundert wahrgenommen und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden. Integriert werden soll zugleich die Analyse längerfristiger Entwicklungen beginnend mit der Frühindustrialisierung seit etwa 1800. Das Jahr 1989 und unmittelbare Folgeentwicklungen grenzen den Untersuchungszeitraum zur Gegenwart hin ab. Zu berücksichtigen sind strukturelle Einflüsse wie etwa Formen der Landnutzung. Umgekehrt gilt es, bei der Untersuchung um-welthistorischer Phänomene jene langfristigen Entwicklungen nicht aus dem Blick zu verlie-ren, die nicht an einzelne politische Zäsuren gebunden sind.

Ziel der geplanten Tagung ist es, die kausalen Wechselbeziehungen zwischen „Mensch und Umwelt/Natur“ am Beispiel der böhmischen Länder bzw. der Tschechoslowakei sowie vergleichender Studien zu Ostmitteleuropa sowie ggf. anderer Regionen zu untersuchen.
Anhand fünf thematischer Schwerpunkte soll umwelthistorischen Fragen nachgegangen werden. Im Zentrum stehen sollen dabei Untersuchungen, die sich mit Landnutzung und ihren Folgen, räumlichen Veränderungen und ihrer Wahrnehmung auseinandersetzen. Erwartet werden geschichts- und kulturwissenschaftliche, geographische sowie kunsthistorische und literaturwissenschaftliche Beiträge zu folgenden Fragen:

1. Landnutzung, Landschaftswandel und Landschaftswahrnehmung
Landwirtschaftliche Nutzung, Siedlungsbau und Migrationen, der Abbau von Ressourcen oder die Veränderung von Flussläufen veränderten die Umgebung des Menschen. Auf welche Weise wurde dieser Wandel verhandelt, wie wurde er bewertet? Inwieweit beeinflusste er regionale und nationale Narrative oder das Agieren sozialer Gruppen?

2. Infrastrukturelle Erschließung und ihre Folgen
Schienen- und Straßenbau sowie weitere Formen der infrastrukturellen Erschließung veränderten Räume. Welchen Akteuren gelang es, auf den Ausbau des Straßen- und Streckennetzes Einfluss zu nehmen? Welche Wünsche waren mit den Vorhaben verbunden, welche Folgen trafen ein? Wie verlaufen, unter den Bedingungen des vorherrschenden politischen Systems, Aushandlungsprozesse mit der betroffenen Bevölkerung? Inwieweit wirken politische Veränderungen auf die Erschließung und Landnutzung zurück?

3. Naturschutz- und Umweltbewegung
Wann und in welchen Kontexten entstehen Überlegungen zum „Schutz“ der „Natur“? Welche Rolle übernehmen dabei einzelne Akteure, gesellschaftliche Gruppen bzw. der Staat? Welche Naturschutzmodelle werden entwickelt? In welcher Weise gibt es grenzüberschreitende Zusammenarbeit? Welche Funktion kommt der Umweltbewegung während des Sozialismus in Auseinandersetzung mit dem Regime zu?

4. Natur und Tourismus
Im Aufkommen des Massentourismus trifft das Interesse an „Natur“ auf Fragen nach Bewahrung, Veränderung und Zerstörung von „Natur“. Welche Vorstellungen von „Natur“ entwickeln sich unter den Bedingungen des jeweiligen politischen Systems? Inwieweit kommt es zu Nutzungskonflikten? Werden in Nutzungskonflikten differierende Zukunftsszenarien oder gesellschaftliche Konzepte sichtbar?

5. Umweltgeschichte am Beispiel der Kartographie sowie der Kunst und Literatur
Räumliche Darstellungen wie etwa in der Kartographie prägten räumliche Vorstellungen. Inwieweit und mit welchen Zielsetzungen werden in solchen Darstellungen Landschaftswandel und –zerstörung oder neu entstehende räumliche Abgrenzungen thematisiert? Zugleich sind Kunst und Literatur Medien, die Erfahrungen ermöglichen und Wahrnehmungen transportieren. Spiegelt sich Zerstörung oder Veränderung von Umwelt in Kunst und Literatur?

Bitte reichen Sie eine kurze Skizze Ihres geplanten Vortrags (1-2 Seiten) in deutscher oder englischer Sprache bis zum 31. Mai 2010 ein beim:

Collegium Carolinum
z. Hd. Dr. Martin Zückert
Hochstr. 8
81669 München
Martin.zueckert@extern.lrz-muenchen.de

A number of recent publications covering the history of Czechoslovakia and adjacent regions of Eastern Central Europe have included new perspectives on environmental history during the last few years. However, fundamental studies, overview publications and syntheses which follow viewpoints rooted in environmental history and ask about their relevance for Eastern Central Europe, are so far lacking.
In view of the large spacial dimensions exhibited by natural forces when wielding influence and the fact that the repercussions of human behaviour on the environment know no borders, contemporary environmental historiography rightly points to the necessity of supraregional and transnational perspectives. Yet in doing so, one often loses sight of individual regions with their specific political, structural and biogeographical conditions. However, these factors remain important for the comprehension of the relationship between humanity, nature and the environment in its development in a region. It should be investigated to what extent political developments such as the establishment of the nation state model and – after 1945 – imprinting through Socialist rule affected the relationship between humans and nature. Conversely, there is the question whether this relationship is constitutive for historical regions such as Eastern Central Europe.

This year, the Annual Conference of the Collegium Carolinum will pursue the question how the consequences of high industrialisation and accelerated social change during the 20th century were perceived and what conclusions were drawn from these developments. Simultaneously it is necessary to integrate the analysis of longterm developments beginning with early industrialisation since approx. 1800. The year 1989 and its immediate consequences mark the limits of the period of inquiry in relation to the present. Structural influences such as forms of land use are to be considered. Conversely it is essential for an investigation of phenomena in environmental history not to lose sight of longterm developments unconnected to individual political caesuras.
It is the goal of the planned conference to investigate the causal interrelations between “humans and the environment/nature” using the example of the Czech lands/Czechoslovakia as well as (potentially) comparative studies of other regions of Eastern Central Europe.
Five key topics guide this investigation of questions in environmental history. Examinations of land use and its consequences as well as spacial changes and their perception will be central. We expect contributions from the fields of historiography, cultural studies, geography as well as art and literary history on the following questions:

1. Land use, change and perception of the landscape
Agricultural land use, housing development and migrations, the excavation of resources and the change of the courses of rivers changed the human environment. In what way was this change negotiated, how was it evaluated? To what extent did it influence regional and national narratives or the actions of social groups?

2. Infrastructural development and its consequences
Track- and roadworks as well as other forms of infrastructural development changed spaces. Which actors succeeded in influencing the extension of the road and track network? Which desires were connected with these projects, and which consequences resulted? What course do negotiations with the population take under the conditions of the prevailing political system? To what extent do political changes affect the development and use of land?

3. The nature conservation and environmental movement
When and in what contexts does thinking about the “protection” of “nature” arise? What role do the individual actors, social groups and the state take? Which conservation models are de-veloped? In what way does cross-border cooperation occur? What role did the environmental movement play in the struggle against the regime during Socialism?

4. Nature and tourism
In the emergence of mass tourism, interest in “nature” meets questions of the preservation, alteration and destruction of “nature”. What conceptions of “nature” developed under the conditions of the respective political system? To what extent did conflicts of interest occur in land use? Do these conflicts reveal differing conceptions of the future or society?

5. Environmental history using examples from cartography as well as art and literature
Spacial representations such as cartography shape conceptions of space. To what extent and with which goals did the change and destruction of the landscape or newly emerging spacial borders become topics in these media? Simultaneously, art and literature can enable experiences and transport perceptions. Do they mirror the destruction or alteration of the environment?

Please submit a short sketch of your planned presentation (1-2 pages) in German or English until 31 May 2010:

Collegium Carolinum
z. Hd. Dr. Martin Zückert
Hochstr. 8
81669 München
Martin.zueckert@extern.lrz-muenchen.de

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