Katholische Kirche und Gewalt im 20. Jahrhundert

Katholische Kirche und Gewalt im 20. Jahrhundert

Veranstalter
Exzellenzcluster „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“, WWU Münster Prof. Dr. Silke Hensel und Prof Dr. Hubert Wolf
Veranstaltungsort
Liudgerhaus Münster
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.05.2010 - 21.05.2010
Deadline
11.05.2010
Von
Stephan Ruderer

Wie stand die katholische Kirche zu physischer Gewalt in innenpolitischen Konflikten des 20. Jahrhunderts? Die vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der WWU Münster organisierte Tagung soll die mit dieser Frage einhergehenden Problemfelder in differenzierter Weise analysieren. Im Besonderen geht es dabei darum, wie sich die ihrem Anspruch nach grundsätzlich dem Ziel des Friedens verpflichtete katholische Kirche gegenüber gewaltbereiten Regimen und Bewegungen positionierte. Wie ging sie mit den wechselhaften politischen Szenarien im 20. Jahrhundert um? Unter welchen historischen Bedingungen unterstützte beziehungsweise widersetzte sie sich der politischen Gewalt? Welche Legitimitätsstrategien und -diskurse wurden dabei verwendet? Für eine differenzierte Analyse gilt es in erster Linie zu berücksichtigen, welche Instanzen innerhalb der katholischen Kirche die Anwendung physischer Gewalt (de-)legitimierten. Hier sind die Unterschiede in der Positionierung von Einzelpersonen, Laienorganisationen, dem niederen Klerus, dem Episkopat und dem Vatikan herauszuarbeiten.
Die Tagung soll auf der Basis neu zugänglicher Aktenbestände und innovativer Methoden einen vergleichenden Blick auf Europa und Lateinamerika werfen. Dies bietet sich an, da die europäischen Erfahrungen der katholischen Kirche mit autoritären Regimen oder – aus kirchlicher Sicht – weltanschaulichen Häresien einerseits ihre Parallelen in Lateinamerika finden, auf der anderen Seite aber gerade die lateinamerikanische Befreiungstheologie die Kirche vor neue und komplexe Herausforderungen in ihrer Beziehung zur Gewalt stellte. Erst in der vergleichenden Diskussion kann das gesamte Panorama der kirchlichen Handlungsoptionen gegenüber der Gewalt ausgelotet werden.
Ziel der Tagung ist es somit, gestützt auf bisher unzugängliche Dokumente aus dem Geheimarchiv des Vatikan sowie aktuelle Ergebnisse der internationalen kirchengeschichtlichen Forschung, einen neuen, differenzierten Blick auf das spannungsreiche Verhältnis der katholischen Kirche zu politisch kontextualisierter, physischer Gewalt während des 20. Jahrhunderts zu werfen. Die Tagung kann damit einen wichtigen Beitrag zu der im Mittelpunkt der Clusterforschung stehenden Ergründung des Verhältnisses von Religion und Politik leisten.

Programm

Katholische Kirche und Gewalt im 20. Jahrhundert
Tagung, veranstaltet im Rahmen des Münsteraner Exzellenzclusters
„Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“,
von Silke Hensel und Hubert Wolf

Mittwoch, 19. Mai 2010

1. Sektion: Kirche und Gewalt im 20. Jahrhundert – Die Begriffe

Moderation: SILKE HENSEL, Münster

15.00 – 16.00 Uhr
Eine Kirche oder viele Kirchen?
Pluralität und Heterogenität innerhalb der hierarchisch strukturierten Institution „katholische Kirche“
HUBERT WOLF, Münster

Eine Gewalt oder viele Gewalten?
Zum Gewalt-Begriff
HANS-GEORG SOEFFNER, Konstanz

16.30 – 17.00 Uhr
Kirche, Religion und violentia. Religiöse Gewalt in der europäischen Religionsgeschichte und das Thomas-Theorem
HANS G. KIPPENBERG, Bremen

17.00 Uhr Diskussion der Vorträge

Donnerstag, 20. Mai 2010

2. Sektion: Kirche und autoritäre Regime

Moderation: HEIKE BUNGERT, Münster

9.00 – 10.30 Uhr
Friede, Martyrium, Christenheit. Theologische Modelle im Spanischen Bürgerkrieg (1935-1937)
GIANMARIA ZAMAGNI, Münster

„Kreuzzug“ und „Nationalkatholizismus“. Zur Legitimierung von Krieg, Nachkriegsrepression und Herrschaft General Francos
CARLOS COLLADO SEIDEL, Göttingen

11.00 – 12.30 Uhr
Catolicismos y militarismos: la violencia y lo sagrado en la Argentina del terrorismo de Estado.
FORTUNATO MALLIMACI, Buenos Aires

„Der Kaplan soll uns sagen, dass unser Kampf ein Kreuzzug ist“ – Das Militärvikariat und die Diktatur in Argentinien
STEPHAN RUDERER, Münster

3. Sektion: Kirche im Konflikt mit den „weltanschaulichen Häresien“

Moderation: HUBERT WOLF, Münster

14.00-15.30
Violencia socio-política y violencia religiosa en un contexto de hegemonía católica: el caso de México
ROBERTO BLANCARTE, Mexiko-Stadt

„Il Governo ha avuto una lezione molto efficace... “ Pius XI., Kardinal Gasparri und die Cristiada in Mexiko
NORBERT KÖSTER, Münster

16.00 – 17.30 Uhr
Katholische Kirche und kommunistische Machtübernahme. Strategien von Anpassung und Widerstand
THOMAS BREMER, Münster

The Catholic Church faced with the Persecution of the Churches
in Russia and in the USSR (1917-1939): between physical annihilation and spiritual renewal in a multidenominational context
LAURA PETTINAROLI, Rom

18.00 – 19.30 Uhr
Katholische Kirche und Gewalt im nationalsozialistischen Deutschland – Die Bischöfe, der Tyrannenmord und der Krieg
MICHAEL KIßENER, Mainz

Obrigkeit mit oder ohne Gott? Katholiken in der Diktaturerfahrung des „Dritten Reiches“
ANDREAS LINSENMANN, Mainz

Freitag, 21. Mai 2010

4. Sektion: Legitimation von (Gegen-)Gewalt? Kirche als Anwalt für die Unterdrückten und Armen

Moderation: THOMAS GROSSBÖLTING, Münster

9.00 – 10.30 Uhr
Gewalt, Gegengewalt und die vielen Stimmen der katholischen Kirche. Chile 1975
ANTJE SCHNOOR, Münster

Justitia et Pax. Beispiele aus der Menschenrechts- und Friedensarbeit der Katholischen Kirche in Lateinamerika seit dem II. Vatikanischen Konzil
JOHANNES MEIER, Mainz

11.00 – 12.30 Uhr
Die Theologie der Befreiung und das Problem der revolutionären Gewalt
LEO O’DONOVAN, Washington

Die Befreiungstheologie aus philosophischer und politisch-kritischer Sicht: Option für die Armen und Demokratie
VICENTE DURAN S.J., Bogotá

Moderation: KLAUS GROSSE KRACHT, Münster

14.00 – 15.30 Uhr
Camilo Torres and Violence
DANIEL H. LEVINE, Ann Arbor (Michigan)

Cristianos por el Socialismo und El Movimiento de Sacerdotes para el Tercer Mundo: Ein Vergleich
SILKE HENSEL, Münster

16.00 – 17.00 Uhr Schlussdiskussion

20.00 Uhr
Öffentliche Podiumsdiskussion im KThS I:
Nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts.
Katholische Kirche und staatliche Gewalt heute

VICENTE DURAN S.J., (PONTIFICIA UNIVERSIDAD JAVERIANA, Bogotá)
JOSEF SAYER (Misereor-Hauptgeschäftsführer), Aachen
Moderation: DANIEL DECKERS, Frankfurt (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

Kontakt

Stephan Ruderer

WWU Münster, Historisches Seminar, Domplatz 20-22, 48143 Münster

0251/8323204

stephanruderer@uni-muenster.de

http://www.religion-und-politik.de
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