Unser XIX. Jahrhundert. Kulturphänomen und historisches Konzept

Unser XIX. Jahrhundert. Kulturphänomen und historisches Konzept

Veranstalter
Denis Sdvizkov, Deutsches Historisches Institut Moskau; Elena Vishlenkova, Department of History, Higher School of Economics Moscow
Veranstaltungsort
Ort
Moskau
Land
Russian Federation
Vom - Bis
19.05.2011 - 20.05.2011
Deadline
15.01.2011
Von
Deutsches Historisches Institut Moskau

English text below

„Unser XIX. Jahrhundert. Kulturphänomen und historisches Konzept“

„Das Achtzehnte Jahrhundert geht zu Ende; was siehst Du nun auf der Weltbühne?“
Nikolaj Karamzin, Melodor an Filalet (1795)

Saeculum – ein Kulturkonzept in sich, nicht nur Bestandteil des historischen Instrumentariums. Eine eher erlebte als verlebte, eher kulturell erfasste als gezählte Zeitspanne. Ursprünglich ein Maß fürs menschliche Leben, bleibt saeculum ein bewährter Begriff für die Erfassung der Zeit abseits der „großen Narrative“. Hier schöpft das „Jahrhundertdenken“ als epistemologisches Paradigma in der Geschichte seine Legitimation. Die Konferenz will das russische „19. Jahrhundert“/“devjatnadcatyj vek“ aus dieser Sicht näher betrachten.

Der konstruktivistische Ansatz hat sich durchgesetzt – das „kurze 20.“, aber auch das alternative „lange 18. Jahrhundert“ folgte dem „langen“ 19. Jahrhundert von Eric Hobsbawm. Doch konstruiert wird es jetzt global, und im Zentrum steht das Prozessuale, die Geburtswehen der modernen Welt. Die Dynamik wird im Grunde genommen zum Inhalt. Also bezeichnet dann ein solches „19. Jahrhundert“ in Wirklichkeit keinen Zeitraum sondern die Zeit selbst, ein der „Modernisierung“ und „Europäisierung“ synonymen Prozess? Inwiefern folgte hier die historische Analyse der Selbstrepräsentation/-stilisierung der Epoche? Daraus ergibt sich der erste Impuls für die Fragestellung – Erforschung der Sprache und der Begriffe des Zeitalters.

Die Periodisierung hat offensichtlich auch eine Rückwirkung auf die Geschichte. Das 19. Jahrhundert steht immer noch bei vielen nationalen Historiographien im Zentrum, und die Spezifika seiner Erfassung sind für die geschichtlichen Konzepte auf der nationalen und der europäischen Skala ausschlaggebend. Als klassisches Beispiel gilt Polen mit seiner Periodisierung nach Aufständen. Nicht weniger spezifisch dürfte auch Russland ausfallen, wo das 19. Jahrhundert fest in die „Petersburger“ Periode mit einem eigenen zeitlichen Rahmen inkorporiert ist. Die Problematik der „eigenen“ 19. Jahrhunderte bildet den weiteren Themenkomplex.

Schließlich, - wenn sich jemand vom „langen 19. Jahrhundert“ lange verabschiedet, dann ist es vor allem Russland. Das „kurze 20. Jahrhundert“, dessen Grenzen in erster Linie durch russisch-sowjetische Geschichte markiert sind, wird eher als Zäsur und Unterbrechung der „normalen“ Entwicklung Russlands empfunden – wobei das vorvorige Jahrhundert paradoxerweise näher rückt. Die Analyse des „19. Jahrhunderts“ im historischen Gedächtnis gibt somit den nächsten Impuls für die Fragestellung.

Der Verzicht auf die Narrative der Nationalgeschichte stimuliert Neustrukturierungen der Forschungsfelder, vor allem durch die Neubewertung des räumlichen Faktors und der durch den Raum determinierten Epochen. Inwieweit ist in diesem Kontext der historische Begriff des „Jahrhunderts“ im Allgemeinen und speziell des „19. Jahrhunderts“ verwendbar; welche offenen Fragen und geeigneten Instrumente können hier genannt werden? Begrüßt werden sowohl generalisierende Beiträge als auch Fallstudien, die über die allgemeine Thematik hinausgehen. Ein vergleichender Ansatz ist dabei ausdrücklich erwünscht. Vorschläge für außerhalb des Fragenrasters (s. ausführlich CfP) stehende Beiträge sowie Themenkomplexe werden gerne angenommen.

Call for Papers: http://www.dhi-moskau.org/seiten/veranstaltungen/konferenz.html

Die Konferenz „Unser XIX. Jahrhundert. Kulturphänomen und historisches Konzept“ findet im Deutschen Historischen Institut (DHI) Moskau statt. Die Kosten für Reise und Unterkunft werden vom DHI übernommen. Die Konferenz ist für den 19.-20. Mai 2011 geplant.

Die Abstracts sollten auf Deutsch, Englisch oder Russisch abgefasst sein, maximal 5.000 Zeichen umfassen und bis spätestens 15. Januar 2011 an folgende Adresse gesandt werden: XIXth@dhi-moskau.org

Wir erbitten dabei folgende Angaben: Postalische und elektronische Dienstadressen, Dienstort, akademischer Grad, Thema und Thesen des Vortrags.

Die Benachrichtigung der KonferenzteilnehmerInnen erfolgt spätestens am 31. Januar 2011.

Die Konferenzbeiträge (Umfang maximal 15.000 Wörter) erbitten wir bis spätestens 30. April 2011. Die Beiträge werden vor Beginn der Konferenz zirkuliert. Die Vortragsdauer sollte 15 Minuten nicht überschreiten, um genügend Zeit für die Diskussion der Beiträge zu lassen. Über die Arbeitssprachen, außer Russisch, wird in Abhängigkeit von den eingeladenen Referenten entschieden; Simultanübersetzung der Vorträge ggf. möglich. Eine Veröffentlichung der Beiträge ist geplant.

English text

"Our 19th Century. Cultural Phenomenon and Historical Concept"

"The eighteenth century is drawing to a close; what do you now see on the world stage?“
Nikolaj Karamzin, Melodor to Filalet (1795)

Saeculum refers to a time-span that is experienced rather than spent, viewed in terms of culture rather than counted. Originally the measure of a human life, it remains a useful notion for referring to periods of time outside of the "great narratives".

The constructivist approach has prevailed – the "brief 20th century", but also the alternative "long 18th century" followed Eric Hobsbawm's "long" 19th century. But now it is being constructed globally, and centres on the processual, the birth-pangs of the modern world. The chronological frames (1780/80 – 1914/20) have also become correspondingly vague. Does such a "19th century", then, refer in reality not to a period of time, but to time itself, a process synonymous with "modernisation" and "Europeanisation"? To what extent does the historical analysis of self-representation here follow the historical period? From this results the first topic for investigation – the examination of the language and key concepts of the age.

Periodisation evidently also has a reactive effect on history. Numerous national historiographies are still centred on the 19th century, and the specific details covered are, for the historical concepts, on the national and European scale. Poland, with its periodisation according to risings, is accounted a classical example. Russia appears no less specific, where the 19th century is firmly incorporated into the "St. Petersburg period" with a chronological frame of its own. The problems of the different national 19th centuries form the next complex of topics.

Finally, if any country is taking a long farewell from the "long 19th century", it is above all Russia. The "brief 20th century", the limits of which are marked primarily by Soviet Russian history, is rather felt as a break in and interruption of the "normal“ development of Russia -– which paradoxically brings the last century but one closer. Thus the analyses of the "19th century" in historical memory provide another topic for discussion.

The abandonment of the narratives of national history stimulates the restructuring of the fields of research, above all by the revaluation of the spatial factor and the periods determined by space. To what extent can the historical concept of the "century" in general and the "19th century" in particular be used in this context? What open questions and suitable instruments can be mentioned here? Both generalising accounts and case studies going beyond the general topics are welcome here. A comparative approach is expressly wished. Proposals for contributions outside of the catalogue of questions (s. CfP below) will be gratefully received.

Call for Papers: http://www.dhi-moskau.org/seiten/veranstaltungen/konferenz.html

The conference "Our 19th Century: Cultural phenomenon and historical concept" will take place at the German Historical Institute (Deutsches Historisches Institut: DHI) in Moscow.

Expenses for travel and accommodation will be borne by the DHI.
The conference is planned for the 19th-20th May 2011.

Abstracts should be in German, English or Russian, be a maximum of 5,000 characters in length, and be sent by 15th January 2011 to the following address: XIXth@dhi-moskau.org

Please supply the following information: postal and electronic business addresses, place of employment, academic status, topic and theses of the paper.

Participants in the conference will be notified by 31st January 2011 at the latest.

We would ask for contributions to the conference (at most 15,000 words in length) to be sent by 30th April 2011 at the latest. The contributions will be circulated before the conference begins. The length of presentations should not exceed 15 minutes each, in order to leave sufficient time for discussion of the contributions. The languages to be used other than Russian will be arranged in agreement with the invited speakers; simultaneous translation of the presentations is possible. Publication of the contributions is planned.

Programm

Kontakt

Denis Sdvizkov

Nachimovskij Prospekt 51/21 117418 Moskva Russland
Deutsches Historisches Institut Moskau
+7 499 744 45 62
+7 499 120 52 13
XIXth@dhi-moskau.org

http://www.dhi-moskau.org/seiten/veranstaltungen/konferenz.html
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