Zur Kulturgeschichte der Dinge: Materialität – ‚westliche Lebensstile’ – Menschenwissenschaft

Zur Kulturgeschichte der Dinge: Materialität – ‚westliche Lebensstile’ – Menschenwissenschaft

Organizer
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Ruppert, Arbeitsstelle für kulturgeschichtliche Studien der Universität der Künste Berlin
Venue
Hauptgebäude der Universität der Künste Berlin, Hardenbergstr. 33, 10623 Berlin, Raum 102 (ehemalige Bibliothek)
Location
Berlin
Country
Germany
From - Until
01.07.2011 - 02.07.2011
By
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Ruppert

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Ruppert, Arbeitsstelle für kulturgeschichtliche Studien der Universität der Künste Berlin

4. Berliner Tagung
Zur Kulturgeschichte der Dinge

In den Geschichts-, Kultur- und Kunstwissenschaften macht die Rückbesinnung auf den Begriff der Materialität merkliche Fortschritte. Die 4. Berliner Tagung ‚Zur Kulturgeschichte der Dinge’ bietet ein weiteres Forum zur Präsentation laufender und abgeschlossener Forschungsarbeiten, die sich mit Objektgeschichte oder materieller Kultur beschäftigen. Darüber hinaus interessieren die Wechselbeziehungen zwischen Materialität, menschlichen Handlungskontexten, Bedeutungszuschreibungen an die Dinge und damit verbundene Sinnentwürfe. Denn es sind immer Akteure, die Sinn entwickeln und den Dingen zuordnen oder ihn in einem Arbeitsprozess in die Materialität eines Objektes selbst einschreiben. Der Eigensinn der Dinge entsteht jedoch nicht nur bei der Gestaltung und Produktion, sondern gleichermaßen bei der Aneignung, beim Konsum und der Nutzung der Dinge im Lebenszusammenhang.

Dinge integrieren in sich technische, kulturelle, gesellschaftliche und ästhetische Dimensionen, die aus den Kontextfeldern der agierenden Menschen gespeist sind. In ihnen repräsentieren sich Stadien der Zivilisationsgeschichte. Sie tragen Informationen in sich, die wir in ihrem Aussagewert für die sozialen Akteure und für die kulturellen Kontexte lesen können. Mit der Verortung der Dinge in ihrem kulturgeschichtlichen Kontext gewinnen wir nicht nur Informationsträger für epochentypische Formensprachen, für kulturelle Modernitätsmuster und wirtschaftliche Zusammenhänge, soweit es sich um Waren im ökonomischen Tauschprozess handelt.

Die Leitfragen dieser Tagung umkreisen die drei Begriffe im Untertitel. Was ist Materialität und in welchen Formen haben Menschen ihre materielle Kultur gestaltet und entwickelt? Dabei wird der Frage des „gemacht seins“ der Dinge Aufmerksamkeit gewidmet. Mit der Industrialisierung gewannen neben der Produktion zunehmend die technische Konstruktion durch Ingenieure und die Gestaltung durch Designer als jeweils eigenständige professionelle Tätigkeiten an Bedeutung. Daher wird „der Entwurf“ in seiner Historizität sowie die darin eingehenden Bezüge von Modernitätsmustern und von Menschenbildern hinterfragt.

Von den hochindustrialisierten Ländern Europas und Nordamerikas aus traten die Dinge der industriellen Massenkultur ihren globalen Siegeszug an. Sind sie untrennbar Ausdruck der ‚westlichen Lebensstile’ mit den darin gegebenen ökologischen Gefährdungen? Die Formen des Konsums und die kulturellen Praktiken sind in Diskursen erfassbar. Welche Erkenntnisse ergeben sich etwa für das Auto oder für Pharmaka? Die Spezifik der ’westlichen Lebensstile’ können im Vergleich mit anderen Kulturformen, hier den vormodernen Kulturen Afrikas, schärfer erfasst werden.

Mit dem dritten Begriff ‚Menschenwissenschaft’ soll zudem nach dem notwendigen Wissen vom Menschen – und der ihm zugeschriebenen Natur – gefragt werden. Das Menschenbild entscheidet über die Haltungen zur Welt und zur Art der Entwicklung unserer Zivilisation. Können empirische Themen wie Vorstellungen vom Maschinenmenschen, der humanoiden Robotik oder der materiellen Kultur des Todes Erkenntnisse bieten? Nicht nur angesichts der drohenden Klimakatastrophe ist die ökologische Reform unserer materiellen Kultur in Gang gekommen. Öffnet der Begriff des „Grünen Bauhauses“ produktive Vorstellungen für die ökologische Umformulierung der materiellen Kultur im Bauen, in den Dingen sowie im darauf bezogenen Design?

Wolfgang Ruppert

Programm

Freitag 1. Juli 2011

13.30 Uhr Ankunft, Begrüßung

14.00 Uhr Wolfgang Ruppert, Universität der Künste Berlin
Einführung

1. Materialität

14.30 Uhr Andreas Ludwig, Berlin/Eisenhüttenstadt
Materielle Kultur und Zeitgeschichte

15.15 Uhr Stephanie Zehnle, Universität Kassel
Die Dinge der Gewalt. Objektgeschichten ostafrikanischer Waffen im 19. Jahrhundert

16.00 Uhr Diskussion und Kaffeepause

16.15 Uhr Nanina Egli, Universität Zürich
Die Burg und die Bildungsbürger

17.00 Uhr Stefan Gauß, Berlin
Der Entwurf von Materialität im Bezug zur Welt

17.45 Uhr Diskussion und Kaffepause

2. Westliche Lebensstile

18.15 Uhr Hans Peter Hahn, Universität Frankfurt a.M.
Die Erfindung der Konsumgesellschaft und die Wahrnehmung der Dinge

19.00 Uhr Thomas Düllo, UdK Berlin
Dinglichkeit außerhalb aller Dingbeziehung

19.45 Uhr Diskussion und Resümee des Tages

Samstag, 2. Juli 2011

10.00 Uhr Stefan Bauernschmidt, Universität zu Kiel
Ford in der Zwischenkriegszeit in Berlin

10.45 Uhr Anna Henkel, Universität Bielefeld
Schöne neue Pharmaka. Heilmittel als sozial konstruierte Dinge

11.30 Uhr Diskussion und Kaffeepause

3. ‚Menschenwissenschaft’?

12.00 Uhr Wolfgang Ruppert
Welches Wissen brauchen wir „vom Menschen“? Perspektiven eines Kulturhistorikers

12.45 Uhr Marlen Jank, Universität Jena
Der Homme machine des 21. Jahrhunderts. Von lebendigen Maschinen im 18. Jahrhundert zur humanoiden Robotik der Gegenwart

13.30 Uhr Diskussion

Mittagspause

14.45 Uhr Isabel Richter, Universität Bochum
Die „letzte Reise“ gestalten. Einblicke in die materielle Kulturgeschichte des Todes im 19. und 20. Jahrhundert

15.30 Uhr Reinhard Komar, Oldenburg
Grünes Bauhaus. Ein Programmbegriff für die Gestaltung der materiellen Kultur?

16.15 Uhr Diskussion und Kaffeepause

16.30 Uhr Wolfgang Ruppert
Zusammenfassung und Thesen zu den Tagungsergebnissen

Diskussion

Wir bitten um Anmeldung unter ls.rupp@udk-berlin.de

Contact (announcement)

Prof. Dr. Wolfgang Ruppert

Universität der Künste Berlin, Arbeitsstelle für kulturgeschichtliche Studien
Postfach 120544, 10959 Berlin
0049 30 31852831

ls.rupp@udk-berlin.de

http://www.kulturgeschichte.udk-berlin.de