Erinnerungskultur und Geschichtspolitik der Okkupation Griechenlands (1941-1944). Deutsch-griechisches Gedächtnis in Medien und Literatur. Internationales Symposium

Erinnerungskultur und Geschichtspolitik der Okkupation Griechenlands (1941-1944). Deutsch-griechisches Gedächtnis in Medien und Literatur. Internationales Symposium

Organizer
Prof. Dr. Marilisa Mitsou, Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik, Ludwig-Maximilians-Universität München; Prof. Dr. Chryssoula Kambas, Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft, Forschungsstelle Literarischer Transfer, Universität Osnabrück
Venue
LMU, Historicum, Raum 001, Amalienstr. 52, 80799 München
Location
München
Country
Germany
From - Until
19.07.2012 - 21.07.2012
Website
By
Chryssoula Kambas

Erinnerungskultur und Geschichtspolitik der Okkupation Griechenlands (1941-1944).
Deutsch-griechisches Gedächtnis in Medien und Literatur
Internationales Symposium
Termin: 19. - 21.07.2012, LMU, Historicum, Raum 001, Amalienstr. 52, 80799 München

Die Tagung will die Geschichtspolitik zur Okkupation Griechenlands (1941-1944) nach den jeweiligen nationalkulturellen Narrationen erarbeiten. Sie nimmt dabei die Perspektive dialogischer Erinnerungskultur auf. So werden Primär- und Sekundärquellen zu den Kriegsverbrechen, aber auch literarische Texte sowie Konzepte von Ausstellungen und Gedenkorten zusammen mit der Generationenproblematik diskutiert.

In den europäischen Nachfolgestaaten der Besatzungsmächte Griechenlands, insbesondere der BRD, werden die an der griechischen Zivilbevölkerung verübten Kriegsverbrechen ‚geschichtspolitisch’ heute wieder so behandelt, als hätten sie nie stattgefunden oder seien nun endgültig zu den Akten gelegt - unter Hinweis auf das „freiwillige Wiedergutmachungs-Abkommen“ von 1960. In der deutschen Erinnerungskultur, mit ihrer Aufgabe der Tradierung an die jeweils nachkommende Generation, ist das Weltkriegs-Geschehen auf dem ägäischen Schauplatz seit den Verjährungsgesetzen, durch vorangehende und weitere Leugnung sowie hartnäckiges öffentliches Beschweigen zu einem kaum erkennbaren Umriß verschattet. Wie dringlich die Aufgabe „Erinnern gegen Verdrängen“ ist, zeigen die suggestiv nationalistischen Stereotypen, zu denen im Zeichen der europäischen Finanzkrise zu greifen manche deutsche ‚Qualitätszeitung’ sich berufen fühlt.

Das internationale Symposium unternimmt eine gegenläufige Spurensuche in Medien und Literaturen beider Sprachen. Es untersucht frühere Erinnerungsarbeit gegen Verdrängung und Leugnung, wobei es die wichtigsten Initiativen des Gedenkens an die Besatzung in den involvierten Ländern vorstellt. Zugleich geht es um kritische Bestandsaufnahme: Welche Rolle kam den Staatsanwaltschaften in der BRD zu? Gibt es Veränderungen im Wiedergutmachungsdiskurs, seitdem juristisch und publizistisch an zwei der brutalsten Massaker (Distomo, Kalavryta) erinnert worden ist?

Befragt ist gleicherweise die derzeit wieder sehr aktuelle Erinnerungskultur in Griechenland: Welches Bild von Besatzung und Widerstand zeigen Ausstellungen, Medien und Orte, wenn sie das Gedächtnis der jungen Generation konstituieren wollen? Wie hat in griechischer „public history“, in Literatur und Film, das jüdische Gedächtnis Eingang gefunden? Griechische literarische Texte zu Verfolgung, Widerstand und Kollaboration sollen als dialogischer Part einer deutsch-griechischen Erinnerung zu den Zeugnissen deutscher Schriftsteller, die Griechenland als - meist junge - Soldaten kennengelernt hatten, gelesen und erörtert werden.

Jenseits von der in Krisenzeiten emotionalisierenden nationalistischen Sprache der Presse setzt sich der europäische Alltag mit seinen deutsch-griechischen Arbeits-, Familien- und Kulturbeziehungen in beiden Ländern fort. Vergessen und Beschweigen der Vergangenheit sowie die heute in der BRD verbreitete schlichte Unkenntnis schaffen, auch für den einzelnen, kein tragfähiges Geschichtsbewußtsein, keine dauerhafte Aussöhnung. Zu beiden beizutragen ist Ziel unserer interdisziplinären Tagung.

Wir danken der Fritz Thyssen Stiftung für die Förderung der Tagung.

Programm

TAGUNGSROGRAMM

Donnerstag, 19.07.2012, 17.00 c.t.-20.00 Uhr

Grußworte

Prof. Dr. Johannes Moser
Dekan der Fakultät für Kulturwissenschaften

Begrüßung

Marilisa Mitsou, Neogräzistik, LMU
Chryssoula Kambas, Forschungsstelle Literarischer Transfer, Universität Osnabrück

1. HISTORISCHES GEDÄCHTNIS: GESCHICHTSSCHREIBUNG

Eröffnungsvorträge

Moderation: Chryssoula Kambas

Hagen Fleischer
Geschichtspolitik und Gedächtnis: Die Okkupation Griechenlands 1941-1944 im deutschen und griechischen medialen Gedächtnis

Polymeris Voglis
The Return of the Past. The Memory of the Resistance in Greek Political Culture, 1974-1989

Filippo Focardi (und Lutz Klinkhammer)
Die italienische Erinnerung an die Okkupation Griechenlands

Diskussion / Sektempfang

Freitag, 20.07.2012

1. HISTORISCHES GEDÄCHTNIS: ORTE, MEDIEN, ARCHIVE

9.30-11.00 Uhr

Moderation: Hagen Fleischer

Christoph Schminck-Gustavus
Historische Amnesie: Der Fall Lyngiádes (Staatsanwaltschaft München) und die Rechtsprechung über die Deportation jüdischer Gemeinden (Staatsanwaltschaft Bremen)

Constantin Goschler
Der Konflikt um die Entschädigung des Distomo-Massakers, Auslöser für Veränderungen in der Wiedergutmachungsdiskussion?

Anna Maria Droumbouki
Das posthum gespaltene Gedächtnis von Kalavryta: Die öffentliche Geschichtswahrnehmung des Massakers 1943 in der Nachkriegszeit

Diskussion / Kaffeepause

11.30-13.30 Uhr

Moderation: Miltos Pechlivanos

Eberhard Rondholz
Forschung und Geschichtspolitik in der DDR zur deutschen Besatzung in Griechenland

Heike Christina Mätzing
Wehrmachtsbeamter und Überläufer. Georg Eckert in Griechenland (1941-1944)

Andrea Schellinger
Deutsch-griechische Erinnerungskultur und institutionelle Kulturmittler: Paralipomena zur Rezeption von Besatzung und Widerstand im Athener Goethe-Institut.

Gregor Kritidis
Überläufer. Deutsche Deserteure in den Reihen der griechischen Befreiungsbewegung

Diskussion / Mittagspause (Imbiß)

15.00-16.30 Uhr

2. JÜDISCHE ÜBERLEBENSZEUGNISSE, THESSALONIKI: ORTE, TEXTE, MEDIEN

Moderation: Martin Vöhler

Michalis Lychounas
Schweigen gegen Gedenken. Jüdische Erinnerungsorte in Nordgriechenland

Rena Molho
Jewish Memory in Greek Public History: Training Teachers to Teach the Holocaust in Greece

Frangiski Abatzopoulou
The Functions of Memory in the Holocaust Testimonies of the Jews from Thessaloniki

Diskussion / Kaffeepause

17.00-18.00 Uhr

Moderation: Marilisa Mitsou

Nadia Danova
Das Schicksal der Juden im bulgarischen Machtbereich der Jahre 1941-1944

Nia Perivolaropoulou
Die Shoa in Griechenland im europäischen Film

Diskussion

20:00 Uhr Abendessen

Samstag, 21.07.2012, 9.00-11.00 Uhr

3. ERINNERN, (TRAUMA) UND VERGESSEN IN DER DEUTSCHEN LITERATUR

Moderation: Ulrich Moennig

Helga Karrenbrock
Erhart Kästners Griechenland

Nafsika Mylona
Apollo: Retter oder maskierte Bedrohung? Kästner und Spunda in Delphi

Werner Liersch
Die geleugnete Wahrheit. Erwin Strittmatters Bild des Krieges in Griechenland

Volker Riedel
Reflexionen des zeitgenössischen Griechenlands im Werk Franz Fühmanns

Diskussion / Kaffeepause

11.30-13.30 Uhr

Moderation: Andrea Schellinger

Chryssoula Kambas
Michael Guttenbrunners Griechenland und seine Kriegs-Gedichte

Martin Vöhler
Die Ägäis als Denkraum Erich Arendts

Walter Fähnders
Die Griechenland-Romane von Erasmus Schöfer und Klaus Modick

Maria Biza
Okkupation und Widerstand in ausgewählten Zyklen von Jannis Ritsos, ihre Übersetzungen ins Deutsche und ihr Beitrag zum deutschen Gedächtnis

Diskussion / Mittagspause (Imbiß)

15.00-16.30 Uhr

4. ERINNERN, TRAUMA (UND VERGESSEN) IN DER GRIECHISCHEN LITERATUR

Moderation: Nia Perivolaropoulou

Miltos Pechlivanos
Das historische Gedächtnis der Geisteswissenschaften: Neogräzistik in Deutschland und die Okkupation Griechenlands

Panayota Mini
Shaping the Past Differently: The Second World War in Greek Art Cinema of the 1960s and 1970s

Thanos Anastasiadis
Opfer- und Täterdiskurse in der griechischen Prosa seit 1980

Diskussion / Kaffeepause

17.00-18.30 Uhr

Moderation: Eberhard Rondholz

Ulrich Moennig
„Siamesen kann niemand trennen“: Widerstand und Bürgerkrieg in der griechischen Nachkriegsliteratur

Angela Kastrinaki
Liebesgeschichten während der Okkupation. Theotokas versus Vercors

Marilisa Mitsou
Literarisches Gedächtnis und Geschichtsschreibung in Griechenland: eine Parallele?

Diskussion / Abschlußdiskussion

Contact (announcement)

Prof. Dr. Marilisa Mitsou
Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik
LMU München

Prof. Dr. Chryssoula Kambas
Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft, Forschungsstelle Literarischer Transfer
Universität Osnabrück

Weitere Informationen:
Byzantinistik@lrz.uni-muenchen.de
kultxfer@uni-osnabrueck.de


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German
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