Gewissen zwischen Gefühl und Vernunft. Interdisziplinäre Perspektiven auf das 18. Jahrhundert

Gewissen zwischen Gefühl und Vernunft. Interdisziplinäre Perspektiven auf das 18. Jahrhundert

Veranstalter
Dr. Simon Bunke / Katherina Mihaylova, M.A. / Antonio Roselli, M.A., Emmy Noether-Gruppe 'Aufrichtigkeit in der Goethezeit'
Veranstaltungsort
Universität Paderborn
Ort
Paderborn
Land
Deutschland
Vom - Bis
02.10.2012 - 06.10.2012
Von
Antonio Roselli

Im Rahmen der Tagung soll das Gewissen im Zeitraum von der Frühaufklärung bis zur Romantik als ein Phänomen zwischen Gefühl und Vernunft rekonstruiert werden: als jene moralische Instanz, die im Spannungsfeld von theologischer Tradition, neuen moralphilosophischen Definitionen und literarischen Inszenierungen zentrale Bedeutung erlangt. Der Ausgangspunkt für die Rekonstruktion wird durch den neuzeitlichen Individualisierungsprozess bestimmt. Im Zuge der neuzeitlichen Umbrüche in dem Selbst- und Weltverständnis des modernen Menschen erfährt die Instanz des Gewissens eine radikale Neukonzipierung. Dieser Prozess markiert die Etablierung rationalistischer und empiristischer Ansätze, die zu einer Umstrukturierung des Legitimationsrahmens führen, welcher die moralische Qualität von Handlungen bestimmt. Diese Entwicklung wirkt auf die Auffassung des Gewissens ein und rückt es im langen 18. Jahrhundert zunehmend in einem komplexen Zusammenhang z.T. heterogener Funktionszuschreibungen ein: Vom 'Gewissen' zu sprechen, heißt nun auch, konkurrierende Besitzansprüche und Grenzziehungen zu verhandeln. Dabei geht es nicht nur um die Ablösung der theologischen durch die moralphilosophische Codierung, sondern auch um die Auseinandersetzung der Moralphilosophie mit den Folgen der sich neu etablierten philosophischen Ästhetik, um die Rolle literarischer Imaginationen des Gewissens und um die Disziplinierungsversuche, die dem Gewissen durch Medizin, Recht und Politik auferlegt wurden.

Programm

Dienstag, 02.10.2012

bis 14:30 Anreise
14:30-15:00 Begrüßung

Sektion 1: Übergänge und Verschiebungen: Das Gewissen an der Schwelle zum 18. Jahrhundert

15:00-15:45 Peter Verbaan: Conscience - the Topology of an chameleonlike Notion
15:45-16:30 Ariane Schneck: Moralisches Gewissen und philosophisches Bewusstsein am Übergang zum 18. Jhd.
16:30-17:00 Kaffeepause
17:00-17:45 Katerina Mihaylova: Gewissen und Vollkommenheit in der deutschen Schulphilosophie
17:45-18:30 Franz Fromholzer: Reservatio mentalis. Anmerkungen zu kasuistischen Vorbehalten gegenüber dem Gewissensgerichtshof

Mittwoch, 03.10.2012

Sektion 2: Das Gewissen zwischen Moralphilosophie und Ästhetik

9:15-10:00 Fabienne Brugère: Die Erfahrung der Schönheit. Die
Herrschaft der gewöhnlichen Harmonie: Shaftesbury, Hutcheson, Hume
10:00-10:45 Olga Katharina Schwarz: Die Konzeption des Gewissens:
ein Wechselspiel zwischen Moral und Ästhetik?
10:45-11:15 Kaffeepause
11:15-12:00 Thomas Höwing: Das Verhältnis von Urteil und Gefühl in
Kants Lehre vom Gewissen
12:00-13:30 Mittagspause

Sektion 3: Szenen des Gewissens

13:30-14:15 Sebastian Treyz: „Wissen sie nichts Vernünftiges mehr
zu erwidern, Schieben sie’s Einem geschwind in das Gewissen hinein“. Gewissenspoetik: Komödientheorie und Theaterpraxis im 18. Jahrhundert
14:15-15:00 Stephan Kraft: In der Gewissensfalle. Zum Verhältnis
von Gewissen und Handlung in August von Kotzebues 'Menschenhaß und Reue'
15:00-15:30 Kaffeepause
15:30-16:15 Norbert Otto Eke: „So macht Gewissen Feige aus uns
allen“. Legalität und Moralität des politischen Handelns im Drama des 18. Jahrhunderts
16:15-17:00 Rainer Godel: Gewissen und Gewissheit in Friedrich
Schillers Dramatik
17:00-17:30 Kaffeepause
17:30-18:15 Christoph Gschwind: „Der Mensch ist ein Franz Moor“ –
Gewissen und Poetische Gerechtigkeit in Schillers Dramen 'Die Räuber' und 'Maria Stuart'

Donnerstag, 04.10.2012

Sektion 4: Gewissen und Selbst zwischen Kommunikation und Introspektion

9:00-9:45 Fritz Breithaupt: Die Stimme im Ohr. Zur Genese des
Gewissens von Goethe bis E.T.A. Hoffmann
9:45-10:30 Susan-Judith Hoffmann: Imagination, Desire and the
Development of Conscience in Rousseau
10:30-11:00 Kaffeepause
11:00-11:45 Marie Wokalek: Die dialogische Praktik des Gewissens bei
Rousseau und Wieland
11:45-12:30 Birgit Nübel: Weibliche Figurationen des inszenierten
Gewissens: Julie, Justine und Juliette
12:30-14:00 Mittagspause

Sektion 5: Rechtlich-politische und psychopathologische Aspekte des Gewissens

14:00-14:45 Jens Timmermann: Kant und das ‚vermeinte Recht‘, aus
Menschenliebe zu lügen
14:45-15:30 Daniela Ringkamp: Zur Emanzipation der
Gewissensfreiheit: Anmerkungen zu John Locke und Thomas Paine
15:30-16:00 Kaffeepause
16:00-16:45 Sarah Seidel: Vom Vorsatz bis zur Verurteilung.
Gewissen als ‚das Andere‘ in der Kriminalliteratur des ausgehenden 18. Jahrhunderts
16:45-17:30 Stefanie Retzlaff: Gewissensangst und Selbstbefragung:
Zur Genealogie psychopathologischer Fallgeschichten

Freitag, 05.10.2012

Sektion 6: Das Gewissen zwischen Liebe und Familie

9:00-9:45 Burkhard Meyer-Sickendiek: Verbotene Liebe und
zärtliche Sanktion: Die Didaktik des Beschämens von Cibber bis Lessing
9:45-10:30 Simon Bunke: Gewissen und Empfindsamkeit
10:30-11:00 Kaffeepause
11:00-11:45 Olivetta Gentilin: Das Gewissen „aus der Eltern Hause“:
Lenzens Auseinandersetzung mit der väterlichen Figur
11:45-12:30 Michael Heidgen: Verantwortung und Verantwortungsflucht in den Werken Heinrich von Kleists
12:30-14:00 Mittagspause

Sektion 7: Auswirkungen und Reflexionen im Übergang zum 19. Jahrhundert

14:00-14:45 Michael Weiß: Fichte über Wissen und die Grammatik
von Gewissen: Zum Verhältnis von später Wissenschaftslehre und Ethik
14:45-15:30 Tatjana Sheplyakova: Vom inneren Richter zum Recht
auf Authentizität. Über die Verschiebung im Gewissensverständnis von Kant über Jacobi zu Hegel
15:30-16:00 Kaffeepause

Samstag, 06.10.2012

Sektion 7 (Fortsetzung)

9:00-9:45 Franz Knappik: Moralphilosophie und Handlungstheorie in
Hegels Kritik des Gewissens
9:45-10:30 Giovanna Pinna: Person und Gewissen. Philosophisch-
literarische Überlegungen am Beispiel von Kleists Werken
10:30-11:00 Kaffeepause

Abschlussvortrag
11:00-11:45 Karen Feldman: “The moral law within me”: Kant and the
legacy of enlightened conscience

11:45-12:30 Abschlussdiskussion

Kontakt

Antonio Roselli, M.A.
Emmy Noether-Gruppe Aufrichtigkeit in der Goethezeit
Universität Paderborn
Warburger Str. 100
TP 21/8218b
33098 Paderborn

http://www.aufrichtigkeit-goethezeit.de