Eiserne Vorhänge im Wissensfluss? Transfer und Verflechtungen von Wissenschaften, Technik und Medizin im Kalten Krieg

Eiserne Vorhänge im Wissensfluss? Transfer und Verflechtungen von Wissenschaften, Technik und Medizin im Kalten Krieg

Veranstalter
DGGMNT; Friedrich-Schiller-Universität Jena
Veranstaltungsort
Friedrich-Schiller Universität Jena
Ort
Jena
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.09.2013 - 29.09.2013
Deadline
20.04.2013
Website
Von
Dr. Susan Splinter

Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik e.V. bittet um Vortrags- und Sektionsanmeldungen zur Jahrestagung an der Friedrich-Schiller Universität Jena mit dem Rahmenthema

Eiserne Vorhänge im Wissensfluss? Transfer und Verflechtungen von Wissenschaften, Technik und Medizin im Kalten Krieg

In der zeithistorischen Forschung hat der „Kalte Krieg“ den Nationalsozialismus als neuen Forschungsschwerpunkt abgelöst. Die Bezeichnung der Epoche als „Kalter Krieg“ verweist auf die ausgebliebene direkte militärische Auseinandersetzung zwischen NATO und Warschauer Pakt. Dagegen stehen der Koreakrieg, der Vietnamkrieg, die Unabhängigkeitskriege in Asien und Afrika oder die Militärdiktaturen in Mittel- und Südamerika und verweisen auf die blutige Seite dieses Konflikts. Konzentrierte sich die bisherige Forschung auf die Zentren des Ost-West-Konflikts, so will die diesjährige Tagung diese Sichtweise durchbrechen und den Konflikt in seinen vielfältigen globalen Verflechtungen begreifen.

Wissenschaftliches, technisches und medizinisches Wissen avancierte im Kalten Krieg zu einer der zentralen Kategorien, die den jeweiligen Machtblöcken einen Vorsprung im Wettlauf der Systeme sichern sollte. Bis Mitte der 1950er Jahre galten Abschottung und Geheimhaltung des Wissens als die Maßnahmen, um den erstrebten Vorsprung zu gewährleisten. Die Erkenntnis, dass eine hegemoniale Position auf diese Weise nicht dauerhaft zu sichern war, führte zu einem Umschwung hin zu einem kontrollierten Wissenstransfer innerhalb der Machtblöcke. Diese Spannung zwischen Geheimhaltung und Verbreitung von Wissen wird auch in der Veränderung des Selbstverständnisses der Nachkriegsgesellschaften deutlich, die sich ab den 1960er Jahren immer stärker als postindustrielle Wissens-Gesellschaften begriffen.

Die Entwicklungen in Medizin, Wissenschaft und Technik betrafen unterschiedliche Akteursgruppen und Handlungsebenen unter der Konstellation nuklearer Bedrohungsszenarien. Militärische Forschung und zunehmende Militarisierung der Wissenschaft, Aufwertung und Diversifizierung der biomedizinischen Forschung und der Life Sciences, Großforschungsprojekte oder Techniktransfer im großen Stil, wie im Atoms for Peace Programm, blockweise abgeschottete High-Tech Entwicklungen in Luftfahrt, Computertechnik, medizinischer Diagnostik und Therapie repräsentieren nur eine Seite. Demgegenüber standen die Beharrlichkeit traditioneller und die Entwicklung neuer wissenschaftlicher Kommunikationsformen, neue transnationale Organisationen wie die UNO, die Internationale Atomenergie Organisation, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges oder die Pugwash-Bewegung. Spezifische alltägliche Handlungspraktiken haben sich in diesem Geflecht entwickelt, nicht nur in Wissenschaft, Technik und Medizin sondern auch in der Alltagstechnik bis hin zum privaten Atomschutzbunker. Dies betrifft auch – und das wurde bislang kaum untersucht – die neutralen bzw. blockfreien Staaten, die mit mehr oder weniger großen Spielräumen in den politischen Großkonstellationen ihre eigenen Wege bezüglich Wissenschaft, Technik und Medizin entwickelten.

Diese geraffte Gegenüberstellung wirft zahlreiche Fragen auf, von denen einige exemplarisch benannt seien: Wie gestaltete sich der Transfer von Wissen zwischen den unterschiedlichen Ebenen und Akteursgruppen in seinen geographischen Verflechtungen? Wie wurde Wissen zur Identifikation mit dem jeweiligen System, z.B. in Popularisierungsstrategien, genutzt? Welche Forschungsbereiche erlangten einen Bedeutungsgewinn in den politischen Konstellationen des Kalten Krieges? Wie wirken die im Kalten Krieg geschaffenen Strukturen über sein Ende 1989/1991 hinaus nach? Ebenso ist die Zeitachse in die Vergangenheit zu verlängern: Lassen sich ähnliche „frostige Verhältnisse“ in den Wissenschaften vor 1945 finden? Wie unterscheiden sich diese von denen im Kalten Krieg? Wie gestalteten sich die alltäglichen Handlungspraktiken von Wissenschaftlern im Kalten Krieg jenseits der großen Spannungspunkte, beispielsweise in der Krebsforschung oder der Festkörperphysik? Nicht zuletzt stellen sich Fragen des jeweiligen Bildes von Medizin, Wissenschaft und Technik in Fachwelt und Öffentlichkeit, an dem die unterschiedlich ausgerichtete Geschichtsschreibung dieser Felder wesentlichen Anteil hatte.

Willkommen sind sowohl Vorschläge zu Einzelvorträgen als auch zu Sektionen. Diese sollten in 30-Minuten Einteilung angelegt sein, können aus drei oder vier Vorträgen bestehen (plus ggf. Moderation, bei drei Vorträgen gerne mit Kommentar) und sollten genügend Zeit für Diskussionen vorsehen.

Wie üblich können auch Vorträge und Sektionen angeboten werden, die außerhalb des Rahmenthemas angesiedelt sind.

Vorschläge für Einzelvorträge sind mit Abstracts (max. 1 Seite) einzureichen, bei Sektionen sind die Abstracts der Einzelbeiträge und eine Zusammenfassung einzureichen. Die Beteiligung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist ausdrücklich erwünscht. Vorschläge sind bis zum 20. April 2013 zu richten an:

Dr. Susan Splinter
NDB, Historische Kommission
b. d. Bayerischen Akademie d. Wissenschaften
Alfons-Goppel-Str. 11
80539 München
E-Mail: splinter@ndb.badw.de
Tel.: 089/23031-1148

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Susan Splinter

NDB, Historische Kommission b. d. Bayerischen Akademie d. Wissenschaften, Alfons-Goppel-Str. 11
80539 München
089/23031-1148

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