Abrahams Erbe – Konkurrenz, Konflikt, Koexistenz im Mittelalter. 15. Symposium des Mediävistenverbands

Abrahams Erbe – Konkurrenz, Konflikt, Koexistenz im Mittelalter. 15. Symposium des Mediävistenverbands

Veranstalter
Mediävistenverband e.V.
Veranstaltungsort
Heidelberg
Ort
Heidelberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
03.03.2013 - 06.03.2013
Deadline
15.01.2013
Von
Ricarda Wagner

Der fortschreitende Prozess der Pluralisierung der europäischen Gesellschaften in der Gegenwart wirft auch die Frage nach den Wurzeln von europäischen Identitäten, Traditionen und kulturellen Ressourcen sowie nach deren Entstehung auf. Mediävistische Forschung, gleich welcher Disziplin, kann hier zu Klärung beitragen und historisch begründete Orientierung bieten. Europa als Raum sozialen Handelns und kultureller Praxis selbst ist ein Kompositum aus ganz heterogenen Traditionen und Einflüssen, dessen Formierung maßgeblich durch die unterschiedlichen religiösen Kulturen im Innern und an seinen Grenzen mitbestimmt war und ist. Diese Kulturen treffen sich exemplarisch in der Figur des Stammvaters, der ganz verschieden benannt und verstanden wurde: Avraham, Abraham oder Ibrāhīm. Das Zusammenwirken von Einheit und Verschiedenheit wird schon in der Namensgebung fassbar. Jüdische, christliche und muslimische Aneignungen dieses Erbes haben je eigene Kulturen hervorgebracht, die auf lange Sicht nebeneinander bestanden.

Die Gestaltung dieses komplexen Gefüges erfolgte gleichermaßen als Gegen- wie als Miteinander. Konkurrenz, Konflikt, Koexistenz sind als konstante Faktoren religiöser, politischer und kultureller Entwicklung Europas erkennbar. Die Akteure des europäischen Mittelalters lebten vom Kulturaustausch und erlebten sich dennoch in Konfrontationskulturen einander entgegengesetzt. Die damit gegebene Spannung hat Begegnungsräume belassen und hybride Lebensformen erzwungen bzw. möglich gemacht, mit denen sich spezifische Momente der europäischen Kulturen herausbilden konnten. Das Heidelberger Symposium des Mediävistenverbandes 2013 bietet ein Forum, sich tiefer mit dem vielgestaltigen Erbe der abrahamitischen Filiationen und ihrem kulturellen wie sozialen Niederschlag zu beschäftigen.

Geboten werden ganz auf die einzelnen Disziplinen innerhalb der Mediävistik konzentrierte Blicke ebenso wie fachübergreifende Ansätze. Sie sollen einen Beitrag zur Klärung eines ganzen Bündels von Fragen leisten: was Begegnung ermöglicht hat, welche Erwartungen die Akteure leiteten, was Bedingungen und Gegenstände des interkulturellen Austauschs waren, welche Faktoren wechselseitige Wahrnehmungen und Horizonte bestimmten und welcher Art diese waren, was Konflikte generierte und was überhaupt jenseits von einfachen Gewissheiten die bestimmenden Kräfte zur Gestaltung von Alltag und Lebenswelten in den Kulturen des europäischen Mittelalters gewesen seien. Das Symposium will weder naive Traumbilder einer idealen Vergangenheit pflegen, noch simple Konfliktkonzepte bedienen. Es geht um eine methodisch fundierte Selbstvergewisserung mit den Mitteln einer akkuraten Introspektion. Archäologie, Geschichte, Islamwissenschaften, Jüdische Studien, Kunst, Literatur und Sprache, Musik, Philosophie, Theologie, Wissenschaftsgeschichte und andere Disziplinen der Mediävistik verfügen hier über je eigene Zugänge. Sie werden in Heidelberg in Austausch miteinander gebracht und sollen künftige Forschungsperspektiven erschließen helfen.

Ein Anmeldeformular und weitere Informationen finden sich unter http://www.mediaevistenverband.de/symposium/15-symposium-2013/.

Programm

Auszug aus dem Programm:

Sonntag, 3. März 2013

20 Uhr: Konzertabend in der Peterskirche Heidelberg

Montag, 4. März 2013

> 11.00 Uhr: Plenarvortrag zu Eröffnung
Prof. Dr. Christel Meier-Staubach (Münster): "'unusquisque in suo sensu abundet' (Rom 14,5). Ambiguitatstoleranz in der Theologie des lateinischen Westens?"

> 14.00–17.30 Uhr: Sektionen mit Einzelvorträgen
1. Deutungen der Abrahamsfigur

2. Neue Sichtweisen auf den Komplex Judenfeindlichkeit - Stadtgesellschaft - Passionsspiel

3. Übersetzungsfreiheiten. Sprachliche Vermittlungsprozesse zwischen und in mittelalterlichen Sprach- und Religionsgruppen

4. Galen unter Christen, Moslems, Juden. Griechische Medizin im religiösen Kontext

5. Abraham in Exegese und Kommentar

6. Musikkulturen im mittelalterlichen Spanien: Befund - Rekonstruktion - Interaktion

7. Acquirement of Knowledge by Translation

8. Heilende Religion? Mittelalterliche Medizin im Schnittpunkt von kulturellen und konfessionellen Einflüssen

> 19.00 Uhr: Öffentlicher Abendvortrag
Prof. Dr. Dr. h.c. Arnold Esch (Rom): "Neue Quellen zu Handel und Umgang zwischen Christen und Muslimen im Mittelmeerraum. Die Gesuche an die Poenitentiarie im 15. Jahrhundert"
anschließend Empfang

Dienstag, 5. März 2013

> 9.00–17.30 Uhr Sektionen mit Einzelvorträgen
9. Abrahamsbilder in der Antike und im Mittelalter und deren Rezeption in der Literatur der Neuzeit

10. Medialitäten des Gotteswortes: Die vokale Performanz sakraler Texte in den Buchreligionen des Mittelalters I

11. Klöster im Mittelalter I

12. 'Grenzfiguren'. Interreligiöse Kommunikation in literatur- und kunstwissenschaftlicher Perspektive

13. Abraham in Kunst und Bauskulptur

14. Medialitäten des Gotteswortes: Die vokale Performanz sakraler Texte in den Buchreligionen des Mittelalters II

15. Klöster im Mittelalter II

16. Begegnung im Gespräch. Literarische Dialoge zwischen einem Juden und einem Christen

17. Abrahamitische Modelle in der Vormoderne und Moderne

18. Konstruktionen von Glauben und Gemeinschaft

19. Configurations of Gender and Sexuality in Medieval and Early Modern Jewish Culture

20. Christen, Juden, Heiden: Religiöses Wissen in Europa (12.-15. Jahrhundert)

21. Distinct Gazes. The Invention of the audience

22. Konvertiten, Missionare, Kommentare

23. Medien der Auseinandersetzung

Mittwoch, 6. März 2013

> 14.00–17.30: Sektionen mit Einzelvorträgen
24. Aneignungen und Überschreibungen in Graphie, Lexik und Narrativ: Aschkenasische Juden im späten Mittelalter (13.–16. Jahrhundert)

25. Wechselseitige Wahrnehmung von Juden und Christen in literarischen und administrativen Texten des Spätmittelalters (15./16. Jahrhundert)

26. Ein gemeinsamer Stammvater? Der Umgang mit der vorchristlichen Vergangenheit in volkssprachlichen und lateinischen Texten des 12. und 13. Jahrhunderts

27. Herrschaft, Religion und Minderheit

28. Geteilte Formeln – Urkunden zur jüdisch-christlichen Geschäftstätigkeit

29. Konstruktionen von Grenzen – Perspektiven auf das religiös Andere

30. Clash of Cultures? Kulturelle Identität und politischer Konflikt im spätmittelalterlichen Ägäisraum

31. Das Wissen der Anderen und das Wissen über die Anderen

32. Andersgläubige im Fokus der Kirche

33. Herrschaft im Konflikt

34. Religiöse (Neu-)Konzeptionierung in der Begegnung mit anderen religiösen Traditionen

35. Bedrohlichkeit und Faszination des Fremden

> 18.30 Uhr: Öffentlicher Abendvortrag
Prof. Dr. Peter Walter (Freiburg): "Muss(te) Raimundus Lullus scheitern? Die Moglichkeiten des Religionsdialogs damals und heute"

Ein ausführliches Programmheft mit den Titeln und Kurzbeschreibungen der Einzelvorträge kann unter http://www.mediaevistenverband.de/wp-content/uploads/Programmheft_2013.pdf heruntergeladen werden.

Kontakt

Ludger Lieb

Germanistisches Seminar, Universität Heidelberg
Hauptstraße 207-209, 69117 Heidelberg
06221-543434
06221-543378

tagung@mediaevistenverband.de

http://www.mediaevistenverband.de/symposium/15-symposium-2013/