Crimes of Passion: Repräsentationen der Sexualpathologie im frühen 20. Jahrhundert

Crimes of Passion: Repräsentationen der Sexualpathologie im frühen 20. Jahrhundert

Veranstalter
Oliver Böni, Japhet Johnstone, Esteban Sanchino Martinez, Germanististisches Institut der WWU Münster
Veranstaltungsort
Ort
Münster
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.07.2013 - 26.07.2013
Deadline
15.02.2013
Website
Von
Böni, Oliver

Der sexualpathologische Diskurs eroberte die Kultur der Moderne fast ebenso schnell wie er sich als wissenschaftliche Disziplin zu etablieren begann. Von Anfang an – darauf verweisen namhafte Sexualpathologen in ihren Standardwerken immer wieder – gehen Wissenschaft und Kultur dabei ein enges Bündnis ein. Da es zunächst an empirischem und statistischem Material mangelt, sehen sich die Wissenschaftler genötigt, ihre Systematisierungen sexueller Devianzen auf der Basis von literarischen Fallgeschichten zu konstruieren. Selbst die Autoren literarischer Texte waren vor dem sexualpathologischen Blick nicht sicher, wurden doch Sexualität thematisierende Texte als die Ausgeburt einer krankhaften Fantasie des Dichters selbst interpretiert – oder vielmehr psychologisch analysiert.

Die für den sexualpathologischen Diskurs typische Verbindung von sex and crime trieb die wissenschaftliche wie auch populäre Rezeption von Texten Richard Krafft-Ebings, Magnus Hirschfelds oder Erich Wulffens maßgeblich voran. Sexuelle Devianz hat sich zu einem prominenten Ableger des sozial Anderen entwickelt, da sie per definitionem das Andere von dem repräsentiert, was gesellschaftlich akzeptiert, legitimiert und institutionalisiert ist. Devianz ist Abweichung von einem kulturell konstruierten „Normalen“ und wird als Bruch mit der sozialen Ordnung und damit als Verbrechen wahrgenommen. Die Virulenz von sexueller Devianz belegen exemplarisch etwa die Debatten über den § 175 des deutschen StGB, der den gleichgeschlechtlichen Verkehr verbot. Der Paragraph, der endgültig erst 1994 abgeschafft wurde, rückt gesellschaftlich und kulturell bereits sanktioniertes Sexualverhalten in den Bereich der Rechtsprechung und Strafverfolgung. Damit ist nicht zuletzt die Transformation eines genuin „privaten“ Bereichs zu einem „öffentlichen“ markiert. Die neue Wahrnehmung sexueller Devianz (wissenschaftlich und juridisch) betrifft auch Reflexionen über Geschlechterrollen – und das heißt vor allem über ‚das Weibliche‘ –, die nunmehr ausgehend von sexualpathologischem Wissen erfolgen. Besonders eindrücklich führt dies der umstrittene wie erfolgreiche Otto Weininger vor.

Die Tagung Crimes of Passion widmet sich der Trias Sexualität – Kriminologie – Literatur im frühen 20. Jahrhundert und versucht sich an einer fundierten Zusammenschau. Wir laden dazu ein, Beiträge einzureichen, die Repräsentationen und Philosophien sexueller Devianz im breitesten Sinne analysieren und sich insbesondere für die Wechselwirkungen zwischen Literatur, Philosophie, Kriminologie und Sexologie interessieren. Dabei ist es ein besonderes Anliegen, ausgehend von einem weiten Textbegriff sowohl literarische als auch wissenschaftliche Repräsentationen sexueller Devianzen einer literaturwissenschaftlichen Lektüre zu unterziehen. Zusätzlich sind Beiträge willkommen, die anthropologische, geschichtswissenschaftliche, kunstgeschichtliche, soziologische und kulturpoetologische Fragen im historischen Kontext der Sexualpathologie diskutieren.

Beiträge, in Deutsch oder Englisch, können beispielsweise folgende Themen aus einer historischen Perspektive behandeln:
--Repräsentationen kriminalisierter Weiblichkeit/Männlichkeit
--Rezeption von Sexualtheorien in Literatur und Populärkultur
--Theoretisierung von sexuellen Perversionen
--Analyse von kriminologischen, sexuellen, politisch-sozialen Diskursen
--Politik von Sexualverbrechen
--sexualpathologische Anthropologie und Kulturkritik

Es ist geplant, eine Auswahl von Tagungsbeiträgen in einem Sammelband zu veröffentlichen.

Bitte schicken Sie bis zum 15. Februar 2013 ein Abstract (maximal 250 Wörter) und eine kurze Biografie an: japhet.johnstone@uni-muenster.de und oliver.boeni@uni-muenster.de. Wir werden Sie spätestens bis zum 1. März 2013 über unsere Entscheidung informieren.

Keynote Speakers: Scott Spector, University of Michigan, Ann Arbor, und Anna Katharina Schaffner, University of Kent, Canterbury.

Konferenzdatum: 24.-26. Juli 2013

Programm

Kontakt

Böni

Schlossplatz 34, 48143 Münster

oliver.boeni@uni-muenster.de