Summa summarum dreht sich vieles ums Geld. Wirtschafts- und Rechnungsbücher zählen zu den interessantesten, wenn auch vielleicht nicht zu den ästhetisch reizvollsten Quellen des Mittelalters.
Sie verweisen für die Institutionen, in denen und für die sie entstanden – Höfe, Klöster, Städte, Hospitäler etc. –, auf ökonomische, aber ebenso auf soziale und prosopographische Zusammenhänge. Dennoch erhalten die vielfach in den verschiedensten Archiven überlieferten Rechnungsquellen noch nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt. Sie dienen oftmals als Steinbruch, ohne jedoch methodisch selbst ins Zentrum gerückt zu werden. Die Nationalökonomen machten erstmals große Rechnungsreihen in umfangreichen Editionen der breiten Wissenschaft zugänglich. Im Zentrum standen dabei die Rechnungen der städtischen Kämmereien, aus denen man einerseits die kommunalen Haushalte in ihrer Struktur und Technik zu rekonstruieren versuchte. Andererseits verwiesen schon die frühesten Kommentare und Einleitungen auf den Wert der individuellen Items für Kunst- und Sozialgeschichte. Mit dem Aufkommen der Möglichkeiten zur Verarbeitung größerer Datenmengen entdeckte man Rechnungen vermehrt als serielle Quelle. Es hat sich gezeigt, dass die Ergebnisse dieser Arbeiten massive methodische Probleme in sich bergen.
Hier möchte der Workshop ansetzen. In einem Zweisprung soll diese vermeintlich normierte und homogene Quellengattung, die sich bei näherer Betrachtung als sehr viel vielfältiger und problematischer erweist, untersucht werden. Ein inhaltlicher Schwerpunkt soll dabei auf städtische, städtisch-institutionelle und klösterliche Rechnungen gelegt werden.
Zunächst gilt es, die Quellen selbst zu verstehen, ihre Binnenstruktur zu durchdringen und ihre Genese zu kennen. So bleiben viele grundlegende Fragen zu dieser Quellengattung zu diskutieren, zu ihrer Organisation.
In einem zweiten Schritt sollen Perspektiven der Auswertung diskutiert werden. Hier steht der Inhalt im Vordergrund: Prosopographie, Preise, Sozialgeschichte, etc. Ferner werden die Möglichkeiten und Probleme seiner Verarbeitung angesprochen: Welche Herausforderungen stellen Editionen dar, wo liegen die Fallstricke. Hieraus ergeben sich zentrale Fragen, die sich im Ablauf des besonders an Nachwuchswissenschaftler gerichteten Workshops widerspiegeln:
A. Rechnungstechnik
- In welcher Weise fand die schriftliche Fixierung statt?
- Wie wurden Rechnungen organisiert?
- Wie floss das Geld – physisch oder virtuell?
- Gab es getrennte Kassen, Haupt- und Nebenrechnungen?
- In welcher Weise kommunizierten Rechnungen miteinander?
- Hafteten die Amtsträger für Verluste?
- Wie ging man mit ausstehenden Zahlungsverpflichtungen um?
B. Inhalt, Auswertung, Edition
- Welche Materialität des Alltags zeigt sich in den Rechnungen und welchen Blick auf die Wertigkeit der Dinge und deren Wandel zeigen sie?
- Welche prosopographischen Möglichkeiten eröffnen die Rechnungen?
- Welche Überlieferungswege lassen sich ausmachen?
- Welche Herausforderungen stellen Transkription und Edition dar?
Der Workshop richtet sich in erster Linie an den wissenschaftlichen Nachwuchs und soll von erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern moderiert werden. Beispiele aus der Praxis sind sehr willkommen.