Jenseits des Illustrativen. Visuelle Medien und Strategien politischer Kommunikation

Jenseits des Illustrativen. Visuelle Medien und Strategien politischer Kommunikation

Veranstalter
Cluster "Politische Kommunikation" des Forschungsschwerpunkts "Kulturelle Begegnungen - Kulturelle Konflikte", Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Veranstaltungsort
Theologische Fakultät, Karl-Rahner-Platz 1; Geiwi-Turm, Innrain 52d
Ort
Innsbruck
Land
Austria
Vom - Bis
11.04.2013 - 12.04.2013
Von
Dr. Niels Grüne

Die Innsbrucker Veranstaltungsreihe „Jenseits des Illustrativen. Visuelle Medien und Strategien politischer Kommunikation“ dient dazu, zwei historische Dimensionen von der Antike bis ins 20. Jahrhundert aufeinander zu beziehen, die je für sich – und zum Teil auch in ihrem Zusammenspiel – in den letzten 20 Jahren zunehmend Beachtung gefunden haben. Zum einen hat sich die wachsende Aufmerksamkeit für Bildquellen inzwischen zu dem umfassenden Konzept einer „visual history“ verdichtet. Zum anderen fungiert „politische Kommunikation“ als ein begrifflicher Referenzpunkt für zahlreiche, vor allem kulturwissenschaftlich inspirierte Ansätze, die sich um eine Erweiterung der herkömmlichen Politikgeschichte bemühen.

In Anlehnung an jüngere Definitionsversuche sehen wir „politische Kommunikation“ generell dadurch charakterisiert, dass sie kollektive Verbindlichkeit mit Blick auf Ordnungsnormen, Interaktionsregeln und Machtverhältnisse anstrebt. Sie konstituiert somit einen historisch variablen relationalen Handlungsraum, in dem mittels Praktiken, Diskursen, Symbolen und Ritualen überindividuelle Probleme von Sozial- und Herrschaftsbeziehungen thematisiert werden. Die Positions- und Ressourcenkämpfe der Akteure in diesem Feld kreisen maßgeblich darum, Legitimations- und Plausibilisierungsformen für ihre Geltungs- und Hegemonieansprüche zu entwickeln.

Naturgemäß rückt aus einer solchen Perspektive ein breites Spektrum visueller Verbindlichkeitskommunikation in den Fokus. Es reicht von einzelnen Kunstwerken über massenmedial distribuierte Artefakte und performative Vollzüge bis zu mentalen und Sprachbildern. In jedem Fall dehnt es den klassischen Kanon der politischen Ikonographie erheblich aus. Im Kern richtet sich das Interesse darauf, welchen Beitrag visuelle (Re-)Präsentationen zur Konstituierung des „Politischen“ in jenem Sinne eines ordnungsstiftenden und handlungsermächtigenden Kommunikationsmodus leisten, so dass sie nicht nur als Indikatoren, sondern auch als Faktoren gesellschaftlicher Wirklichkeit hervortreten.

Diese analytische Grundlinie lässt sich in eine Reihe von Anschlussfragen auffächern, die das Erkenntnisziel – keineswegs erschöpfend – näher umreißen und operationalisieren:
- Jede Initiative zu resonanzfähiger Teilhabe an der politischen Kommunikation bedarf einer wert- und/oder zweckrationalen Legitimation. Aus welchen normativen Ressourcen speisten sich bildliche Geltungsbehauptungen in dieser Hinsicht?
- Auch die politische Wirkungskraft visueller Manifestationen liegt im Auge des Betrachters. Auf welche Quellen kann man sich stützen, um diese rezeptionsästhetische Seite über werkimmanente Adressatenorientierungen hinaus zu erfassen?
- Lassen sich hierbei Zusammenhänge zwischen den Formen des Visuellen und den beabsichtigten Ansprechpartnern systematisieren?
- In einigen Phasen der Antike und abermals seit dem späten Mittelalter schälte sich mit dem werdenden „Staat“ ein festes Ensemble von Institutionen und Akteuren als privilegierter Ort kollektiv verbindlicher Ordnungsstiftung heraus. Wie wurde eine derartige Monopolisierung des „Politischen“ visuell gestaltet und – umgekehrt – angefochten?
- Welche ephemeren Darstellungsformen von Herrschaft gab es demgegenüber, die nicht auf intendierten Repräsentationen beruhten?
- Etablierte Sehgewohnheiten sind Ausdruck eines bestimmten kommunikativen und ästhetischen Stils sowie das Ergebnis von Aushandlungsprozessen. Wer oder was war daran beteiligt bzw. stand außerhalb und wurde aus welchen Gründen ausgeschlossen?
- Bilder spiegeln nicht nur wider oder illustrieren, sondern haben einen Eigensinn. Wie lässt sich der Bildakt im Vergleich zum Sprechakt aus historischer Perspektive erforschen?
- Visuelle (Re-)Präsentationsweisen stehen häufig in einem engen Zusammenhang mit sprachlich-textuellen Vermittlungsformen. In welchem Maße prägten solche intermedialen Bezüge die politische Bildprogrammatik?

Programm

Donnerstag, 11. April 2013
Dekanatssitzungssaal, Theologische Fakultät, Karl-Rahner-Platz 1, 1. Stock

14.00-14.15 Uhr: Dr. Niels Grüne / Dr. Claus Oberhauser (Innsbruck)
Begrüßung, Einführung

14.15-15.30 Uhr: PD Dr. Martin Knauer (Münster / Hamburg)
Bildlichkeit ohne Bilder? Visualität als Problem einer transdisziplinären Kulturgeschichte des Politischen

15.30-16.00 Uhr: Kaffeepause

16.00-17.00 Uhr: Dr. Simona Slanička (Bern)
Füllhorn, Gebieter über Jahreszeiten, Monate und das Weltenschicksal. Herzog Borso d‘Este auf den Schifanoiafresken

17.00-18.00 Uhr: PD Dr. Monika Melters (München)
Zur Medialität von Geschichte. Die „Plus excellents bastiments des France“ (1576/79) des Jacques Androuet Du Cerceau

19.00-20.30 Uhr: Univ.-Prof. Dr. Birgit Emich (Erlangen)
Raymund-Schwager-Vorlesung
Madonnensaal, Theologische Fakultät, Karl-Rahner-Platz 3, 2. Stock
Staatsdienst und Seelenheil: Beamtengrabmäler der Frühen Neuzeit als Medien politischer Kommunikation

21.00 Uhr: Gemeinsames Abendessen

Freitag, 12. April 2013
Raum 40718, Innrain 52d (Geiwi-Turm), 7. Stock

9.00-10.00 Uhr: PD Dr. Stefan Ehrenpreis (Fribourg / Nürnberg)
Erziehung zum politischen Sehen? Bildliche Darstellungen von Herrschaft und Gesellschaftsordnung in frühneuzeitlichen Schulbüchern

10.00-11.00 Uhr: Ao. Univ.-Prof. Dr. Markus Neuwirth (Innsbruck)
Das Wappen Portugals. Die globale Multiplikation der Instrumentalisierung

11.00-11.30 Uhr: Kaffeepause

11.30-12.30 Uhr: Philipp Hubmann M.A. (Innsbruck)
Politik der Folter – Die Bilder von Guantánamo Bay und Judith Butlers Theorie der „state speech“

12.30-13.30 Uhr: Mittagspause

13.30-14.30 Uhr: Ao. Univ.-Prof. Prof. Dr. Sybille Moser-Ernst / Dr. Ursula Marinelli (Innsbruck)
Geschichte des Karikaturprojektes Kris/Gombrich. Fokus Künstler oder Fokus Werk? Oder: Wer ist der Akteur?

14.30-15.30 Uhr: Schlussdiskussion
Impulsreferate
Univ.-Prof. Dr. Birgit Emich (Erlangen)
Univ.-Prof. Dr. Eckhart Hellmuth (München)

Kontakt

Univ.-Ass. Dr. Niels Grüne
Dr. Claus Oberhauser
Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie
Innrain 52d
A-6020 Innsbruck
niels.gruene@uibk.ac.at
claus.oberhauser@uibk.ac.at

http://www.uibk.ac.at/politik-religion-kunst/cluster/politische-kommunikation.html
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