Am 24. - 25. Oktober 2013 veranstaltet das Hamburger Institut für Sozialforschung in Kooperation mit dem Institut für Soziologie der Universität Hamburg und der Sektion Migration und ethnische Minderheiten in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie einen Workshop mit dem Titel ‚Migration, Integration und Demokratie’.
Mit der Veranstaltung möchten wir Raum für den wissenschaftlichen Austausch über ein aktuelles, kontrovers diskutiertes Themenfeld unter besonderer Einbeziehung des wissenschaftlichen Nachwuchses bieten.
In dem Workshop sollen unterschiedliche Positionen bezüglich einer so genannten Kritischen Migrationsforschung und einer Migrationsforschung, die sich als Integrationsforschung versteht, benannt und diskutiert werden. Die zwei Themen ‚Integration und Demokratie’ sowie ‚Migration und Demokratie’ gliedern den Workshop. Es ist geplant bis zu sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen aus der Soziologie und an grenzenden Disziplinen wie Ethnologie und Kulturanthropologie, der Sozialpsychologie oder den Politikwissenschaften einzuladen, ihre Positionen vorzustellen. Die beitragenden NachwuchswissenschaftlerInnen werden nach einem Auswahlverfahren eingeladen und sollen Ergebnisse abgeschlossener oder fortgeschrittener Forschungsarbeiten (Dissertation oder vergleichbares Niveau) zu Fragen der Integration und Migration präsentieren. Es wird angestrebt, die Vielfalt der aktuell in der Migrations- und Integrationsforschung bestehenden Zugänge (qualitativ bzw. quantitativ empirisch), paradigmatische Orientierung (z. B. Integration, Menschenrechte, Eigensinnigkeit) und theoretische Anbindungen (z. B. Citizenship, Transnationalismus, Intersektionalität, Gouvernementalität) gleichermaßen zur Geltung zu bringen. Besonders willkommen sind Vorschläge mit einem ausdrücklichem und erkennbarem Bezug zum Workshop-Thema ‚Migration, Integration und Demokratie’.
Zum thematischen Fokus der Veranstaltung
Demokratie bildet für die soziologische Migrationsforschung einen empirischen Ausgangs- und normativen Bezugspunkt. Die Beforschung von Integrations- und Migrationsprozessen ist im deutschen Sprachraum überwiegend auf soziale Sachverhalte und öffentliche Probleme ausgerichtet, die sich aus dem Anspruch ergeben, demokratisch konstituierten und legitimierten Regelungen Geltung zu verschaffen.
Die aktuellen migrationspolitischen Maßnahmen zur Förderung und Forderung der Integration sowie zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung werden damit begründet, legitime Funktionen demokratischer Lebensform zu sein, diese abzusichern und vor Überforderung zu schützen.
Aber auch KritikerInnen der Einwanderungs- und Integrationsbestimmungen berufen sich auf demokratische Werte. Im Bereich der Integrationspolitik wird z.B. kritisiert, dass die Balance zwischen formaler Mehrheitsregel und Schutz von Minderheitenrechten, die konstitutionelle Demokratien auszeichnet, durch einen ‚Integrationszwang’ verletzt wird. Beklagt wird auch, dass in restriktiven Politiken der Anspruch auf Beteiligung der jeweils Betroffenen in demokratischen Entscheidungsverfahren und die Berücksichtigung ihrer legitimen Interessen in der Migrations- und Integrationspolitik nicht angemessen erfüllt wird.
In Demokratien sollen normative Positionen idealerweise durch wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt sein. Insbesondere hinsichtlich kontrovers diskutierter ‚öffentlicher Probleme’ besteht eine gesellschaftliche Erwartung, dass die Wissenschaft sich am ‚öffentlichen Vernunftgebrauch’ beteiligen möge und rationale Argumente und Entscheidungshilfen liefert. In den Diskussionen um die Migrationspolitik wurden die Grenzen zwischen wissenschaftlich begründeter und politisch motivierter Stellungnahme in der Vergangenheit mehrfach verwischt. Dennoch bleiben öffentliche Erwartungen bestehen, dass die Wissenschaft fundierte Informationen und Erklärungen liefert.
Die Implikationen der wechselseitigen Durchdringung institutionalisierter Demokratie und soziologischer Migrationsforschung sind Gegenstand des Workshops. Dabei geht es zum einen um die Bedeutung, die dem Demokratiebezug bei der Bestimmung des Themenfeldes, der Problemauswahl, der Fragestellung und der theoretischen Einbettung zukommt. Zum anderen wird nach der Bedeutung der soziologischen Migrationsforschung für die demokratische Diskussion gefragt und welchen Beitrag sie aktiv leisten kann und leisten soll.