Praktiken der Frühen Neuzeit. 10. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands

Praktiken der Frühen Neuzeit. 10. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands

Veranstalter
Veranstaltet durch die Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands; Ausgerichtet von der Abteilung Frühe Neuzeit des Historischen Seminars der LMU München, Prof.Dr.Arndt Brendecke.
Veranstaltungsort
Hauptgebäude der LMU, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.09.2013 - 14.09.2013
Deadline
20.08.2013
Von
Hannes Ziegler

Die Arbeitstagung der AG Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands findet im zweijährigen Rhythmus im Wechsel mit dem Historikertag statt. Sie ist eine zentrale wissenschaftliche Plattform für die Frühneuzeitgeschichte in Deutschland und erfüllt für die Frühneuzeitforschung eine bedeutende Funktion: Sie soll den wissenschaftlichen Austausch über aktuelle Fragen des Fachs ermöglichen, und daher eine möglichst umfassende thematische Bandbreite bieten. Zugleich stellt sie auch über die inhaltlichen Fragestellungen hinaus ein Forum der Diskussion und der Netzwerkbildung dar. Auf der letzten Arbeitstagung in Marburg hat die Vollversammlung der Arbeitsgemeinschaft auf Empfehlung des Vorstands beschlossen, dass die Jahrestagung 2013 in München unter dem Thema „Praktiken der Frühen Neuzeit“ stattfinden soll.

Die Frühneuzeitforschung wird – aller Ausdifferenzierung, Vielfalt und Methodenpluralität zum Trotz – seit einiger Zeit von einem breiten Interesse an Praktiken, Handlungsweisen und Verfahren geprägt. Hintergrund dafür ist eine in vielen Arbeitsbereichen bereits vollzogene Verschiebung der Beobachtungsebene vom Expliziten auf das Latente, vom Geäußerten auf den Vollzug des Geschehens, vom Postulat auf die Praxis. Dieses Interesse an den Geschehnissen selbst – den res gestae, den facta – ist der Geschichtswissenschaft geradezu wesensartig eingeschrieben, jedoch u. a. aufgrund der (durchaus fruchtbaren) hermeneutischen Tradition der Disziplin zugleich fremd geworden, sodass Praktiken, Handlungsvollzüge, die Eigenlogiken des Tuns und Vollziehens nun mit einigem Theorieaufwand wieder in das Methodenarsenal historischen Arbeitens zurückgeholt werden müssen. Die Arbeitstagung greift somit nicht nur ein Thema auf, das in letzter Zeit für zahlreiche einzelne Forschungsstränge von besonderem inhaltlichem Interesse war, sondern bietet zugleich die Möglichkeit, auch über die methodisch-theoretischen Grundlagen des Faches zu reflektieren und somit Fragen zu stellen, die alle Fachvertreterinnen und Fachvertreter gleichermaßen angehen.

Programm

Donnerstag, 12.09.2013

13.00 Uhr

Arndt Brendecke (München): Eröffnung

14.00-16.00 Uhr

Sektion I: Die Praxis der Theorie. Soziologie und Geschichtswissenschaft im Dialog
Leitung: Marian Füssel (Göttingen)

- Marian Füssel, Geschichte (Göttingen): Einführung

- Robert Schmidt, Soziologie (Erlangen): Zur Soziologie der Praktiken

- Frank Hillebrandt, Soziologie (Hagen): Vergangene Praktiken. Wege zur ihrer Identifikation

- Sven Reichardt, Geschichte (Konstanz): Praxeologische Geschichtswissenschaft?

- Dagmar Freist, Geschichte (Oldenburg): Praxeologische Relektüre gesellschaftlicher Transformationsprozesse in der Frühen Neuzeit

Sektion II: Ärztliche Praktiken (1550-1750)
Leitung: Michael Stolberg (Würzburg)

- Volker Hess (Berlin): Schreibpraktiken der frühneuzeitlichen Medizin, 1680-1750

- Sabine Schlegelmilch (Würzburg): Diagnostische Praktiken am Krankenbett. Die Praxisjournale von Johannes Magirus (1615-1697) und Heinrich Bossen (1620-1673)

- Ruth Schilling (Berlin): Therapeutische Praktiken im sozialen Kontext. Ein Arzt und seine Besucher in der Mitte des 18. Jahrhunderts

- Michael Stolberg (Würzburg): Kommunikative Praktiken: medizinische Popularisierung am Krankenbett im 16. Jahrhundert

16.30-18.30 Uhr

Sektion III: Saperi. Praktiken der Wissensproduktion und Räume der Wissenszirkulation zwischen Italien und dem Deutschen Reich im 17. Jahrhundert
Leitung: Sabina Brevaglieri (Mainz/Rom), Matthias Schnettger (Mainz)

- Sabina Brevaglieri (Mainz/Rom) / Matthias Schnettger (Mainz): Einführung

- Sabina Brevaglieri (Mainz/Rom): Die Wege eines Chamäleons und der Bienen. "Naturwissenschaftliche" Praktiken und Räume der politischen Kommunikation zwischen Rom und dem Darmstädter Hof (1619-1629)

- Sebastian Becker (Mainz): Wissenstransfer durch Spionage. Ein florentinischer Agent und seine Reise durch Nordeuropa

- Klaus Pietschmann (Mainz): Musikgeschichtsschreibung als historia naturalis im italienisch-deutschen Wissenstransfer um 1700. Andrea Bontempis Historia musica (Perugia 1695) und ihre Rezension in den Acta eruditorum (Leipzig 1696)

- Wolfgang Schmale (Wien): Kommentar

Sektion IV: Praktiken in den Mensch-Tier-Verhältnissen in der Frühen Neuzeit
Leitung: Julia Breittruck (Bielefeld), Aline Steinbrecher (Zürich)

- Julia Breittruck (Bielefeld): Zwitschernde Frauen und Kanaris. Musikpraktiken und Vögel im 18. Jahrhundert

- Mark Hengerer (Konstanz): Miaou! Intim mit Tieren

- Gesine Krüger (Zürich): Transportgut, Ware, Individuum: Koloniale Tiere auf Reisen

- Aline Steinbrecher (Zürich): Zum Leben mit "Lusttieren" – eine praxeologische Annäherung

19.00 Uhr Conference Dinner (nach Anmeldung)

Freitag 13.09.2013

8.30-10.30 Uhr

Sektion V: Praktiken frühneuzeitlicher Amtsträger und die Praxis der Verwaltung
Leitung: Stefan Brakensiek (Duisburg-Essen), Birgit Emich (Erlangen)

- Stefan Brakensiek (Duisburg-Essen): Einführung

- Hanna Sonkajärvi (Rio de Janeiro): Kommissäre der Inquisition an Bord. Schiffsinspektionen in Vizcaya ca. 1560-1680

- Ulrike Ludwig (Dresden): Verwaltung als häusliche Praxis

- Hillard von Thiessen (Rostock): Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten

- Corinna von Bredow (Duisburg-Essen): Gestaltungspotentiale der niederösterreichischen Kreisämter 1753-1799

- Birgit Emich (Erlangen): Kommentar

Sektion VI: Religiöse Praxis im Exil
Leitung: Bettina Braun (Mainz), Judith Becker (Mainz)

- Judith Becker (Mainz): Praktiken des Gemeindeaufbaus in reformierten Exilsgemeinden im 16. Jahrhundert

- Timothy Fehler (Greenville): Armenfürsorge und die Entwicklung der Informations- und Unterstützungsnetzwerke in und zwischen reformierten Exilsgemeinden

- Bettina Braun (Mainz): Englische katholische Inseln auf dem Kontinent: Das religiöse Leben der englischen Nonnen im 17. und 18. Jahrhundert

- Matthias Noller (Stuttgart): "Unruhige Hussiten" und "Stille im Lande". Die Formierung der böhmischen Exulanten-Gemeinden in Berlin 1732-1756

11.00-13.00 Uhr

Sektion VII: Dinge als Ko‐Akteure des Sozialen? Materielle Praktiken in der Frühen Neuzeit
Leitung: Dagmar Freist (Oldenburg)

- Dagmar Freist (Oldenburg): Einführung und Moderation

- Benjamin Schmidt (Washington): Form, Meaning, Furniture: On Exotic Objects and their Transmediations

- Christina Beckers/Lucas Haasis (Oldenburg): Postwendend - Geschriebene und beschriebene Dinge zwischen fiktiver, immaterieller und konkreter Materialität

- Christine Göttler (Bern): The Giant of Antwerp: Materiality and the Practice of the Mathematical Arts in Sixteenth Century Antwerp

- Constantin Rieske (Oldenburg): Stein, Stoff, Papier: Materielle Praktiken des Glaubenswechsels im 17. Jahrhundert

- Marian Füssel (Göttingen): Kommentar

Sektion VIII: Praktiken der römischen Bücherzensur im 17. und 18. Jahrhundert
Leitung: Andreea Badea (Rom)

- Margherita Palumbo (Rom): "Deve dire il Segretario che li sono stati accusati..." Die vielfältigen Wege der Anzeige an die Indexkongregation

- Bernward Schmidt (Aachen): Beleidigung für fromme Ohren! Zur Bedeutung von Proposition und Qualifikation im Kontext der Römischen Bücherzensur

- Andreea Badea (Rom): Über häretische Bücher richten oder diskutieren? Die Indexkongregation als kuriale Kommunikations- und Informationszentrale

- Marco Cavarzere (Pisa): Funktionale Ambiguität bei Zensurprozessen der römischen Zensur im 17. Jahrhundert

14.00-15.00 Uhr Mitgliederversammlung der AG FNZ

15.15-17.15 Uhr

Sektion IX: Can you hear the light? Sinnes- und Wahrnehmungspraktiken in der Frühen Neuzeit
Leitung: Daniela Hacke (München/Zürich), Philip Hahn (Tübingen), Ulrike Krampl (Tours), Jan-Friedrich Missfelder (Zürich)

- Claudia Jarzebowski (Berlin): „... daß sie mich aufbrennen wie die Mutter.“ Ängste von Kindern im 17. Jahrhundert

- Daniela Hacke (München/Zürich): Das Fremde betrachten. Sehpraktiken im englischen Kolonialdiskurs

- Herman Roodenburg (Amsterdam): Sich in die Leiden Christi hineinversetzen: Taktilität und Gefühl in der mittelalterlichen niederländischen Passionsmalerei und in Rembrandts Gemäldezyklus der Leiden Christi

- Ulrike Krampl (Tours): Sprechen und Verstehen als sensorielle Praktiken des Sozialen. Situationen aus Frankreich im 18. Jahrhundert

- Philip Hahn (Tübingen): Sinne im Wandel? Konjunkturen sensorieller Praktiken im städtischen Wahrnehmungsraum am Beispiel von Ulm in der Frühen Neuzeit

- Jan-Friedrich Missfelder (Zürich): Der Krach von nebenan. Nachbarschaftskonflikte und akustische Sensibilitäten im frühneuzeitlichen Zürich

- Renate Dürr (Tübingen): Kommentar

Sektion X: Archival Practices. Producing Knowledge in early modern repositories of writing
Leitung: Markus Friedrich (Hamburg)

- Markus Friedrich (Hamburg): What is the History of Archives and what could it be?

- Elizabeth Williamson (London): Producing political knowledge: from the 'late great Confusion' of papers to Sir Francis Walsingham's table book

- Randolph Head (Riverside): From Scribal Practices to Archival Knowledge Systems in Innsbruck, 1480-1565

- Megan K. Williams (Groningen): Diplomatic Diplomatics? Approaching Early Modern Diplomacy through Paperwork Practices

- Marc-André Grebe (Bielefeld): Governing Philip's II Paper Empire - The work of Diego Ayala, royal archivist of the Spanish Habsburgs at the Archive of Simancas (1561-1594)

18.30 Uhr Abendvortrag - Wolfgang Behringer und Justus Nipperdey (beide Saarbrücken): Präsentation und Diskussion des laufenden DFG-Projektes: "Die Institutionalisierung des Faches Geschichte der Frühen Neuzeit"

Samstag 14.09.2013

8.30-10.30 Uhr

Sektion XI: Praktiken des Verhandelns
Leitung: Christian Windler (Bern)

- Ralf-Peter Fuchs (München): Normaljahrsverhandlungen und Wahrnehmung von Interessen

- Matthias Köhler (Münster): Instrumenteller und symbolischer Aspekt von Friedensverhandlungen auf dem Kongress von Nimwegen

- Tilman Haug (Bern): Zweierlei Verhandlung? Zur Dynamik „externer“ und „interner“ Kommunikationspraktiken in den Beziehungen der französischen Krone zum Alten Reich nach 1648

- Nadir Weber (Bern): Praktiken des Verhandelns – Praktiken des Aushandelns. Versuch einer Begriffsschärfung am Beispiel der preußischen Außenbeziehungen im 18. Jahrhundert

- Christina Brauner (Münster): Zwischen Ehre und Profit. Rollenvielfalt und Ressourcennutzung in der Verhandlungspraxis von Handelskompanien in Westafrika

- Jean-Claude Waquet (Paris): Kommentar

Sektion XII: Praktiken der Heuchelei? Funktionen und Folgen der Inkonsistenz sozialer Praxis
Leitung: Tim Neu (Göttingen), Matthias Pohlig (Münster)

- Tim Neu (Göttingen): Einführung

- Thomas Weller (Mainz): Heuchelei und Häresie. Religiöse Minderheiten und katholische Mehrheitsgesellschaft im frühneuzeitlichen Spanien

- Niels Grüne (Innsbruck): Heuchelei als Argument. Bestechungspraktiken und Simoniedebatten im Umfeld von Bischofswahlen der Frühen Neuzeit

- Birgit Näther (Duisburg/Essen): Systemadäquate Artikulation von Eigeninteressen. Zur Funktion von Heuchelei in der bayerischen Verwaltung des 18. Jahrhunderts

- Tim Neu (Göttingen): „nicht in Meinung das (...) etwas neuwes eingeführt werde“. Heuchelei und Verfassungsgenese im frühen 17. Jahrhundert

- Matthias Pohlig (Münster): Kommentar

11.00-13.00 Uhr

Sektion XIII: Praktiken des Entscheidens
Leitung: Barbara Stollberg-Rilinger (Münster)

- Barbara Stollberg-Rilinger (Münster): Praktiken des Entscheidens - Einleitung

- Birgit Emich (Erlangen): Roma locuta – causa finita? Zur Entscheidungskultur des frühneuzeitlichen Papsttums

- André Krischer (Münster): Die Performanz des Entscheidens. Der Hochverratsprozess gegen Christopher Layer 1722

- Gabriele Haug-Moritz (Graz): Entscheidung zu physischer Gewaltanwendung. Der Beginn der französischen Religionskriege (1562) als Beispiel

- Matthias Pohlig (Münster): Entscheiden im Krieg. Entscheidungspraktiken und Entscheidungskultur der englischen Regierung um 1700

- Philip Hoffmann-Rehnitz (Münster): Schlusskommentar

Sektion XIV: Die Ökonomie sozialer Beziehungen. Praktiken des Umgangs mit Ressourcen
Leitung: Gabriele Jancke (Berlin), Daniel Schläppi (Bern)

- Gabriele Jancke (Berlin)/Daniel Schläppi (Bern): Einleitung

- Daniel Schläppi (Bern): Rechnungen und Rituale. Kollektive Praktiken als Schnittstelle zwischen den Finanz- und Beziehungshaushalten alteidgenössischer Personenkorporationen

- Sebastian Kühn (Berlin): Die Boten Thurneyssers. Praktiken der Ressourcenkonversion in triadischen Handlungsketten

- Gabriele Jancke (Berlin): Der Wert der Worte – Bewerten und Prozessieren in Handlungsketten im Kontext von frühneuzeitlicher Gastlichkeit

- Margareth Lanzinger (Siegen/Wien): Verwandtenheiraten und das "gemeine Wohl" - divergierende Ressourcenlogiken

Kontakt

Hannes Ziegler

LMU München, Historisches Seminar, Abt. Frühe Neuzeit, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München

agfnz2013@lmu.de

http://www.lmu.de/agfnz2013
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