Was ist Politische Zoologie? Dieser Frage widmet sich vom 23. bis 28. September die zweite von drei Würzburger Summer Schools zu den „Cultural and Literary Animal Studies“ (CLAS). Gefördert durch die VolkswagenStiftung bearbeiten NachwuchsforscherInnen aus aller Welt in Würzburg systematische, historische und ästhetische Fragen der kulturwissenschaftlichen Tierforschung. Die Summer School befragt das Jahresthema „Politische Zoologie“ mit Keynote-Lectures von Susan McHugh und Tom Tyler, einer kultur-/naturwissenschaftlichen Debatte mit Christoph Kleineidam und Niels Werber, einem Tierkunstabend mit Antonia Baehr und Gabriele Brandstetter, mit einer Tierspurensuche sowie Theorieworkshops und den Themenworkshops „Schwärme/Völker“, Anomalien/ Delinquenzen“ und „Jagd/Herrschaft“. Zu öffentlichen Veranstaltungen sind Interessierte herzlich eingeladen.
Was sind die politischen und sozialen Funktionen der Tiere? Wie steht es um den Zusammenhang von Politik, Poetik und Geschichte der Tiere? Tiere sind sowohl Ordnungszeichen als auch Ordnungsinstrumente. Solche Tierordnungen lassen sich im Rahmen einer Politischen Zoologie erfassen. Die Analyse politischer Zoologien bezieht sich nicht auf eine gegebene biologische, sondern auf eine entworfene kulturelle Ordnung; unter Einschluss naturwissenschaftlicher Perspektiven bewegt sie sich in biokulturellen bzw. kulturbiologischen Räumen. Sie widmet sich sowohl Theorien (z.B. Evolution) als auch Institutionen (z.B. Zoo) und Praktiken (z.B. Züchtung). Von historischem Interesse ist dabei ein weiter Zeitraum: Frühe Neuzeit, Moderne, Gegenwart. Untersucht werden soll die politische Zoologie ausgehend von exemplarischen Fallstudien literarischer, zoologischer, philosophischer und juristischer Texte.
Für die Summer School kommen 33 internationale NachwuchswissenschaftlerInnen, die an ihren Heimatinstitutionen ein Projekt im Feld der Politischen Zoologie bearbeiten, als StipendiatInnen nach Würzburg. Gemeinsam werden sie eine Woche lang ihre Projekte aneinander konturieren und neue Ideen entwickeln, sich in Theorieworkshops zu kanonischen Texten der Politischen Zoologie positionieren und in Themenworkshops exemplarische Gegenstände diskutieren. Die Gegenstände reichen von Tieren als Figurationen von Abweichungen und Ausschließungen über die utopischen und dystopischen Implikationen des Paradigmas des Insektenschwarms bis zur Jagd als Kreuzungspunkt der Herrschaftsbeziehungen Mensch/Tier und Obrigkeit/Untertan. Der interdisziplinäre Austausch bringt Literatur- und Sozialwissenschaftler, Ethnologen und Anthropologen, Juristen und Philosophen zusammen und verspricht vielfältige Impulse für das noch junge Forschungsfeld.
Neben dem Workshop-Programm für die StipendiatInnen gibt es eine Reihe öffentlicher Veranstaltungen: Mit zwei Keynote Lectures von Wissenschaftlern, deren Forschungen den Diskurs der Politischen Zoologie maßgeblich geprägt haben (Susan McHugh, Maine/USA; Tom Tyler, Oxford/GB) geht die Summer School Fragen der Repräsentation von Tieren in unserer Kultur nach und befragt anthropozentrische Konzeptionen auf ihre politischen Ordnungsfunktionen. Der Konstanzer Neurobiologe Christoph Kleineidam debattiert mit dem Literatur- und Kulturwissenschaftler Niels Werber (Siegen) über das „social decision-making“ von Insekten und Menschen. Die Choreographin Antonia Baehr präsentiert mit der Performance „My dog is my Piano“ unmögliche Möglichkeiten der Kohabitation von Tieren und Menschen und diskutiert darüber im Anschluss mit der Berliner Tanzwissenschaftlerin Gabriele Brandstetter. Diese künstlerische Abendveranstaltung, die Tier-Kunst- und Performance-Freunde gleichermaßen interessieren wird, findet am 23.9.2013 auf der Bühne des Würzburger TanzSpeichers statt; eine Reservierung über netzwerk-clas@germanistik.uni-wuerzburg.de wird dringend empfohlen.
Die Würzburg Summer School for Cultural and Literary Animal Studies wird gefördert von der VolkswagenStiftung.
Kontakt
Nachwuchsforschernetzwerk Cultural and Literary Animal Studies
Alexander Kling, Esther Köhring, Prof. Dr. Roland Borgards
Institut für deutsche Philologie, Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturgeschichte
Universität Würzburg
netzwerk-clas@germanistik.uni-wuerzburg.de, www.summerschool-clas.de