Slavische Literaturen der Gegenwart als Weltliteratur. Hybride Konstellationen

Slavische Literaturen der Gegenwart als Weltliteratur. Hybride Konstellationen

Organizer
Diana Hitzke, Institut für Slavistik, JLU Gießen
Venue
Location
Gießen
Country
Germany
From - Until
12.11.2014 - 14.11.2014
Deadline
01.04.2014
Website
By
Hitzke, Diana

„It does make a difference whether one finds that there is an international literary system [...], or whether there are only local fields that may interact with others, but all are essentially nationally based [...].“ (Mads Rosendahl Thomsen)

Politische und gesellschaftliche Veränderungen gehen einher mit zeitlichen und räumlichen Neuausrichtungen. Nicht selten geschieht dies mit Bezug auf globale und transnationale Entwicklungen, mit Blick auf die Welt. Die slavischen Literaturen der Gegenwart (ent)stehen im Kontext des Zusammenbruchs der sozialistischen Systeme und der unterschiedlich verlaufenden gesellschaftlichen Transformationen. Lässt sich in diesem Zusammenhang auch von einer Neuausrichtung der süd-, west- und osteuropäischen Literaturen sprechen?

Viele Texte der Gegenwart beziehen sich nicht (mehr) auf nationale, monokulturelle und einsprachige Literaturtraditionen. Aleksandar Hemon schreibt auf Englisch und Bosnisch, Yana Djin und Katia Kapovich auf Englisch und Russisch, Gala-Dana Zinger auf Russisch und Hebräisch, Dragica Rajčić entwickelt ihre Texte in „Gastarbeiterdeutsch“, Oleg Jur‘ev und Ol‘ga Martynova schreiben sowohl auf Russisch als auch auf Deutsch, Barbi Marković übersetzt Bernhardts Gehen ins Belgrad und Serbisch des 21. Jahrhunderts. Solche Phänomene erregen sowohl textimmanent als auch in dem literarischen und kulturellen Feld, in dem sie sich bewegen und verorten, Irritationen und legen dadurch innovatives Potenzial frei.

Sie stellen auch die Wissenschaften, die solche Texte untersuchen, vor eine Herausforderung. Sprachwechsel und Mehrsprachigkeit sowie multipolare Sichtweisen auf die Kulturen der Welt zeichnen diese Texte aus. Damit sprengen sie die gesellschaftliche sowie auch die wissenschaftliche Fokussierung auf die Trias von Sprache, Literatur und Geschichte bzw. Kultur (vgl. THOMSEN 2010 [2008], ETTE 2004, DAMROSCH 2003). Bestehende Konzepte von Exil und Migration greifen hier zu kurz, da sie zumeist die Trennung von Sprachen, Kulturen und Nationen weiterhin voraussetzen. Wie und mithilfe welcher Ansätze lässt sich aber dann über solche Texte sprechen?

Seit den 90er Jahren gibt es eine intensive theoretische Auseinandersetzung mit dem Konzept der „Weltliteratur“, wobei immer wieder auch auf slavische Texte Bezug genommen wird (vgl. THOMSEN 2010, MORETTI 2009 [2005], CASANOVA 2007 [1999], APTER 2006, DAMROSCH 2003). Dabei wird Weltliteratur nicht im Sinne eines Kanons ästhetisch besonders hochrangiger oder auch vielfach rezipierter Werke verstanden, sondern im Sinne der von THOMSEN beschriebenen Perspektivierung gefasst, die Literatur nicht primär in nationale Subsysteme unterteilt, sondern zunächst von einem internationalen literarischen Feld ausgeht, innerhalb dessen sich verschiedene Gruppierungen von Texten und Schreibweisen ergeben. Gerade an den slavischen Literaturen der Gegenwart, die multilingual und multikulturell sind, lässt sich zeigen, dass solche Subsysteme nicht nur über nationale Kontexte hinausgehen, sondern dass sie ganz selbstverständlich gar nicht erst von solchen ausgehen und sich von vornherein in mehreren Sprachen, Kulturen und Regionen der Welt verorten.

Der Workshop soll eine Möglichkeit bieten, neuere Theorien zur Weltliteratur mit aktuellen Entwicklungen in den gegenwärtigen slavischen Literaturen in Beziehung zu setzen. Eine zentrale These von David DAMROSCH (2003) ist, dass „Weltliteratur“ durch Übersetzung gewinnt. Die Verortung in mehr als einer Sprache und Kultur ist demnach nicht nachgeordnete Notwendigkeit, sondern Voraussetzung von Weltliteratur.

Die Dissemination slavischer Kontexte in verschiedene Sprachen und Kulturen steht im Zentrum des Workshops. Einen besonderen Schwerpunkt bilden Untersuchungen zu Mehrsprachigkeit und Sprachwechsel; insbesondere wenn die Texte und Autor_innen sich gleichzeitig auf slavische und nicht-slavische Sprachen und Kontexte beziehen. Vorträge aus dem Bereich der Komparatistik und aus nicht-slavischen Philologien sind ausdrücklich erwünscht. Der Workshop bietet auch Raum für theoretische Beiträge, in denen die Übertragbarkeit auf die genannten Konstellationen einen zentralen Platz in den Vorträgen einnehmen sollte.

Ziel des Workshops, der sich ausdrücklich auch an Nachwuchswissenschaftler_innen richtet, ist es, neue Wege zu finden, die geeignet sind, um über sprachlich und kulturell vielschichtige Literatur zu sprechen.

Der Workshop findet vom 12. bis 14. November 2014 an der Justus-Liebig-Universität Gießen statt. Eine Finanzierung des Workshops (Reise- und Übernachtungskosten) wird angestrebt, kann jedoch nicht garantiert werden. Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Abstracts (max. 500 Wörter) sowie ein kurzer Lebenslauf werden erbeten bis zum 1. April 2014 an diana.hitzke@slavistik.uni-giessen.de.

Literatur
Emily APTER 2006: The Translation Zone, Princeton.
Pascal CASANOVA 2007 [1999]: The World Republic of Letters, Harvard.
David DAMROSCH 2003: What is World Literature?, Princeton.
Ottmar ETTE 2004: ÜberLebenswissen. Die Aufgabe der Philologie, Berlin.
Franco MORETTI 2009 [2005]: Kurven, Karten, Stammbäume. Abstrakte Modelle für die Literaturgeschichte, Frankfurt am Main.
Mads Rosendahl THOMSEN 2010 [2008]: Mapping World Literature. International Canonization and Transnational Literatures, London/New York.

Kontakt
Diana Hitzke, M.A.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Institut für Slavistik
Otto-Behaghel-Str. 10D
35394 Gießen
diana.hitzke@slavistik.uni-giessen.de

Programm

Contact (announcement)

Diana Hitzke

JLU Gießen, Institut für Slavistik, Otto-Behaghel-Str. 10D, 35394 Gießen

diana.hitzke@slavistik.uni-giessen.de


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