Exil. Asyl. Diaspora. Zur Rolle der Schweiz im 20. Jahrhundert. Vernetzungstagung an der Universität Bern

Exil. Asyl. Diaspora. Zur Rolle der Schweiz im 20. Jahrhundert. Vernetzungstagung an der Universität Bern

Veranstalter
Kristina Schulz (Bern); Joachim Schlör (Southampton)
Veranstaltungsort
Universität Bern
Ort
Bern
Land
Switzerland
Vom - Bis
26.02.2015 - 28.02.2015
Deadline
01.11.2014
Von
Kristina Schulz

Die deutschsprachige Exilforschung ist in den 1970er Jahren entstanden und hat sich in Deutschland und Österreich mit Bibliotheken, Forschungsstellen, Lehrstühlen, Fachgesellschaften und Zeitschriften etabliert. Sie stellt sich neuerdings auch den Herausforderungen einer zeitlich, methodisch und räumlich erweiterten Exil- und Migrationsgeschichte. Exile Studies gehören – z.T. in Form von studies of displacement oder refugee studies – auch zu den Studien- und Forschungsprogrammen englischsprachiger Universitäten und haben insgesamt Nachhall in vielen Ländern gefunden, die zwischen 1933 und 1945 Flüchtlinge des nationalsozialistischen Deutschlands aufgenommen haben.

Die Schweiz stellt eine Ausnahme dar. Obwohl einzelne Forscherinnen und Forscher zur Geschichte des Exils gearbeitet haben (und aktuell arbeiten) und obwohl die Archivlandschaft eine ausgezeichnete Voraussetzung für eine umfassende Betrachtung von Exil und Asyl aus Schweizer Perspektive bieten, bleibt die Exilforschung hier fragmentiert. Im Umfeld und in der Forschungskonjunktur der Bergier-Kommission sind zwar seit den späten 1990er Jahren grundlegende Untersuchungen zum Umgang der Schweiz mit Flüchtlingen in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg entstanden, diese konnten aber bislang nicht in eine umfassende Geschichte des politischen Asyls in der Schweiz integriert werden. Die Fragmentierung gilt in noch stärkerem Masse für Forschungen zum politischen Asyl nach 1945. Es gelingt der neueren sozial-, politik- und rechtswissenschaftlichen Migrationsforschung kaum noch, die historische Dimension von Exil und Asyl einzubeziehen und einen Bogen über das gesamte „Zeitalter der Extreme“ (Hobsbawm) zu schlagen.

Die Tagung beabsichtigt, laufende Arbeiten zu Exil und Asyl im 20. Jahrhundert mit dem Ziel der Vernetzung und der Synergienbildung vorzustellen. Es gilt, den Status-quo der historischen Erforschung von Exil, Asyl und Diaspora in der Schweiz zu bestimmen sowie das Potential einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen sozial-, literatur-, kultur- und geschichtswissenschaftlichen Ansätzen auszuloten und dabei auch die Kategorie Geschlecht einzubeziehen. Die Tagung zielt darauf, die Rolle der Schweiz als Zufluchtsort von Verfolgten und Opfern von Krieg, militärischer Bedrohung, Terror und Unterdrückung im gesamten 20. Jahrhundert zu beleuchten. Im Zentrum steht die Schweiz als Ankunftsland und Ort der Begegnung zwischen Einheimischen und Flüchtlingen sowie ihre Mittlerfunktion in transnationalen Netzwerken von Kommunikation und Kooperation zwischen Menschen auf der Flucht. Beleuchtet werden sollen u.a. die Bedingungen, Praktiken und Foren der Begegnung, Fremd- und Selbstbilder von Schweizern und Flüchtlingen, Versuche der (Selbst)Organisation von Flüchtlingen sowie solidarischen Bewegungen und Vereinigungen. Diskutiert werden sollen ferner Begrifflichkeiten sowie theoretische und methodische Zugriffe einer erweiterten Exilforschung und dies im Anschluss an die internationale Forschung, aber auch im Zuschnitt auf die spezifische Situation der Schweiz.

Tagungssprachen sind deutsch, englisch, französisch.

Durchgeführt wird die Veranstaltung als Verbindung aus eingeladenen Vorträgen und solchen, die mittels dieses Call for Papers gewonnen werden. Ausdrücklich angesprochen ist der wissenschaftliche Nachwuchs. Mögliche Themenbereiche für Vorträge, die sich aus kultur-, sozial-, geschlechter- und geschichtswissenschaftlicher Perspektive auf Fluchtbewegungen seit dem Ersten Weltkrieg und bis in die 1990er Jahre beziehen können, sind:

- Orte, Akteurinnen/Akteure und Wege von Exil, Asyl und Diaspora in der Schweiz
- Foren und Praktiken der Begegnung zwischen Flüchtlingen sowie zwischen Flüchtlingen und Einheimischen
- Die Schweiz als Ort des Wissenschaftsexils, mit einem Schwerpunkt auf der Zeit 1933-1945, aber auch darüber hinaus
- Verhandlungen von ‚fremd’ und ‚eigen’, Konstruktionen des „Selbst“ und der „Anderen“ im Kontext erzwungener Migration im 20. Jahrhundert
- Schlüsselmomente und -Personen der schweizerischen Flüchtlingspolitik „der offenen Grenzen“ im Kontext des Kalten Krieges sowie ihrer Kritikerinnen und Kritiker
- Geschlechtsspezifische Erfahrungen und Verläufe von Exil, Asyl und Diaspora in der Schweiz
- Begriffsgeschichtliche Untersuchungen zu Exil und Asyl als Schlüsselbegriffe der politischen Semantik im 20. Jahrhundert

Interessierte Forscherinnen und Forscher sind gebeten, bis zum 1. November ein 1seitiges Abstrakt sowie eine Kurzvita (max. 1 Seite) an magda.kaspar@hist.unibe.ch zu senden. Eine Benachrichtigung erfolgt um den 15. November 2014. Die Vorträge können 20 Minuten nicht überschreiten.

Die Tagung wird aus Mitteln des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördert, weitere Drittmittelanträge laufen. Es wird, vorbehaltlich weiterer Zusagen, angestrebt, die Reise- und Aufenthaltskosten der Referierenden vollständig zu übernehmen.

Programm

Kontakt

Prof. Dr. Kristina Schulz
Historisches Institut der Universität Bern
Länggassstr. 49
CH-3012 Bern
kristina.schulz@hist.unibe.ch

http://www.hist.unibe.ch/content/e267/e6141/index_ger.html?preview=preview
Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Französisch, Deutsch
Sprache der Ankündigung