„Es ist immer möglich, daß man im Raum eines wilden Außen die Wahrheit sagt; aber im Wahren ist man nur, wenn man den Regeln einer diskursiven ‘Polizei’ gehorcht, die man in jedem seiner Diskurse reaktivieren muss.
Die Disziplin ist ein Kontrollprinzip der Produktion des Diskurses. […] Gewöhnlich sieht man in der Fruchtbarkeit eines Autors, in der Vielfältigkeit der Kommentare, in der Entwicklung einer Disziplin unbegrenzte Quellen für die Schöpfung von Diskursen. Vielleicht. Doch ebenso handelt es sich um Prinzipien der Einschränkung, und wahrscheinlich kann man sie in ihrer positiven und fruchtbaren Rolle nur verstehen, wenn man ihre restriktive und zwingende Funktion betrachtet” (Michel Foucault: L’ordre du discours = Inauguralvorlesung am Collège de France 1970 (Paris 1972) [deutsche Ausgabe: Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt/Main, 1993, 25]).
Mit Michel Foucaults inzwischen deutlich verfeinertem diskurstheoretischen Ansatz nebst Werkzeugkasten und vor allem seiner betont machtkritischen Perspektive lässt sich auch für die deutschsprachige Archäologie die Frage aufwerfen, welches archäologische Wissen innerhalb des Faches als wissenschaftlich, als - um es mit Foucault zu sagen – „im Wahren“ gilt, und welches ausgeschlossen ist, und besonders wodurch diese Zuschreibungen entstehen. Wodurch und von wem wird bestimmt, was gedacht/gesagt/getan werden darf, und was geschwiegen werden muss. Wie werden Wissen und seine Objekte, die nicht „im Wahren” sind, ausgegrenzt und zum Schweigen gebracht: „What silences us?“, wie John Barrett bei einem Round Table zu diesem Thema 2013 in Pilsen fragte.
Neben dem Charakter herrschender disziplinärer Diskursordnungen, ihrem Gewachsensein und ihrer (möglichen) Abhängigkeit von außerfachlichen Wirkmächten geht es uns auch um Orte und Strategien der (Re)Produktion von „wahrem” Wissen bzw. der Saktionierung oder des Zum-Schweigen-Bringens „unwahren” Wissens. Wir möchten ein Nachdenken über die Mechanismen disziplinärer Macht anstoßen und zur Diskussion stellen, ob wir nicht tagtäglich durch das Befolgen und damit verbundene Aufrechterhalten der disziplinären Diskursordnung(en) dazu beitragen, nicht-konformes Wissen von vornherein abzuwehren und auf diese Weise nur Mainstream zu erzeugen, und schlimmer noch: neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu verhindern?
Die Vorträge bilden eine gemeinsame Sektion der AG Theorien in der Archäologie e.V. (AG TidA e.V.) und des Forums Archäologie in Gesellschaft (FAiG) beim 8. Deutschen Archäologiekongress in Berlin (6.-10. Oktober 2014 in Berlin)