Eigen-Sinn: Herrschaft als soziale Praxis in Ostmitteleuropa nach 1945. Ein internationaler Workshop für Nachwuchswissenschaftler

Eigen-Sinn: Herrschaft als soziale Praxis in Ostmitteleuropa nach 1945. Ein internationaler Workshop für Nachwuchswissenschaftler

Veranstalter
Caroline Garrido (Centre Marc Bloch, Berlin); Jonas Grygier (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder); Kornelia Kończal (European University Institute, Florenz)
Veranstaltungsort
Ort
Frankfurt (Oder)
Land
Deutschland
Vom - Bis
16.10.2014 - 19.10.2014
Website
Von
Kornelia Kończal, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie, Universität Bielefeld

Der von Alf Lüdtke vorgeschlagene Begriff „Eigen-Sinn“ gehört zu den international erfolgreichsten Konzepten, die in der deutschen Geschichtswissenschaft entwickelt wurden, so dass man beinahe von einem „Exportschlager“ sprechen kann. Lüdtkes anthropologisch geschulter Blick auf die Alltagsgeschichte ermöglicht es, die Opposition zwischen Herrschenden und Beherrschten neu zu denken. Während „Herrschaft als soziale Praxis“ „eigen-sinnig“ handelnder Akteure im Sinne Alf Lüdtkes in Teilen Westeuropas und in den USA intensiv untersucht wird, dominieren z.B. in Frankreich und Polen andere Forschungstraditionen (socio-histoire du politique; historia życia codziennego). Gemeinsam ist diesen Ansätzen der Versuch, die für jede soziale Ordnung grundlegende Frage der Herrschaft als einen relationalen Prozess zwischen den Herrschenden und den Beherrschten zu betrachten. Bisher fand die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Forschungsprogramm jedoch vorwiegend in nationalen Bezugsrahmen statt.

Unser Workshop setzt sich zum Ziel, diese nationalen Begrenzungen zu überwinden. Die Veranstaltung richtet sich an Nachwuchswissenschaftler aus verschiedenen Ländern, deren Forschungsprojekte zur Alltagsgeschichte Deutschlands (DDR sowie BRD) und Ostmitteleuropas nach 1945 von Lüdtkes Konzept inspiriert sind. Zur Bewerbung sind nicht nur Historiker, sondern auch Vertreter anderer Disziplinen eingeladen.

Auf dem Workshop wird es zum einen um die Beschäftigung mit den Konzepten „Eigen-Sinn“ und„Herrschaft als soziale Praxis“ gehen; zum anderen werden Forschungsprojekte vorgestellt, in denen dieses Forschungsprogramm umgesetzt wird. Im Voraus bekommen die Teilnehmer einen Reader mit einschlägigen Texten. Ausgewiesene Wissenschaftler werden die einzelnen Projekte kommentieren.

Die Veranstaltung wird von den folgenden Fragen begleitet: Wie wirkten Alltagskultur und Lebenswelten auf die Herrschaft zurück? Welchen Einfluss hatte die Herrschaft in Systemen sowjetischen Typs auf die Alltagskultur verglichen mit den westeuropäischen Ordnungsmodellen? Wie veränderten sich Alltagskultur und Lebenswelten der Menschen im Laufe der Herrschaft solcher politischen Systeme verglichen mit der in westlichen Demokratien? Diese Fragen werden in fünf thematischen Zusammenhängen diskutiert: Verwaltung, Sicherheit, Eigentumskonflikte, Arbeitsalltag, Konsum und Freizeitgestaltung.

Programm

Donnerstag, 16. Oktober 2014: Anreise

Freitag, 17. Oktober 2014

9.30: Begrüßung und Einführung:
Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch, Berlin, Stellvertretender Direktor)
Jonas Grygier (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder)
Jürgen Neyer (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Dekan der Kulturwissenschaftlichen Fakultät)

9.45-11.00: Lektürekreis:
Impulsreferat: Thomas Lindenberger (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam)

11.00-11.30: Kaffeepause

11.30-13.00: Projektvorstellungen I: Herrschaftsordnungen
Moderation: Kornelia Kończal (European University Institute, Florenz)
Eszter Kiss (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam): Institutionen der Bildpolitik und Bildzensur im Spätsozialismus. Das Beispiel Ungarn
Lena Kuhl (Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, Berlin/Erkner): Eigensinn in der „einheitlichen Staatspolitik“? Die Gestaltung sozialistischer Lebenswelten durch Verwaltung und Fachplanung der mittleren Ebene in der DDR
Jonas Grygier (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder): Verwaltung im Staatssozialismus. Planungsabsichten und Planungswirklichkeiten im staatssozialistischen Polen der 60er Jahre am Beispiel der Tourismuspolitik
Kommentar: Tim Buchen (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder)

13.00-14.45: Mittagspause

14.45-16.00: Projektvorstellungen II: In- und Exklusionen
Moderation: Caroline Garrido (Université Rennes/ Centre Marc Bloch, Berlin)
Uta Karstein (Technische Universität Dresden): „Sag mir wo Du stehst…“ Alltagsweltliche Positionierungen zum Staat-Kirche-Konflikt in der DDR
Matěj Kotalík (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam): Wer ist eigentlich ein chuligán?“ – „Wer ist nun eigentlich ein Rowdy?“ Die eigen-sinnigen Verständnisse und Verwendungen der Konzepte chuligánství in der ČSR/ČSSR und Rowdytum in der DDR (1955-1980)
Kommentar: Emmanuel Droit (Centre Marc Bloch, Berlin)

16.00-16.30: Kaffeepause

16.30-18.00: Projektvorstellungen III: Eigentum
Moderation: Jonas Grygier (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder)
Kornelia Kończal (European University Institute, Florenz): Plundering of German Property and Reconstruction of Social Order in Post-War Central Europe
Rüdiger Schmidt (Universität Münster): Schwellen der Herrschaftsimplementierung in der Sowjetischen Besatzungszone: Enteignungspolitik als soziale Praxis 1945-1949
Kommentar: Mark Keck-Szajbel (Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien, Frankfurt/Oder)

Samstag, 18. Oktober 2014

10.00-12.00: Projektvorstellungen IV: Konsum- und Freizeitverhalten
Moderation: Caroline Garrido (Université Rennes/ Centre Marc Bloch, Berlin)
Jan Kleinmanns (Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn): Der Sport in der DDR. Die Konstruktion einer öffentlichen Sphäre in der gemeinschaftlichen Lebenswelt
Rebecca Menzel (Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam): „Ausstieg oder Engagement?“ Alternative Lebensentwürfe als oppositionelle Praxis in BRD und DDR 1965-1980
Jakub Sawicki (Ludwig-Maximilian-Universität, München): Esskulturen im modernen Nachkriegseuropa. Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik und Volksrepublik Polen 1965 - 1975 im Vergleich
Kommentar: Patrice Poutrus (Universität Wien)

12.00-12.15: Kaffeepause

12.15-13:30: Abschlussdiskussion
Abschlusskommentar:
Dagmara Jajeśniak-Quast (Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder)

Abreise

Kontakt

Kornelia Konczal

EUI, Florenz

eigensinn2014@gmail.com


Redaktion
Veröffentlicht am
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Region(en)
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
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