Deutungen der Reformation. Theologische, kulturelle und gesellschaftliche Implikationen aus 500 Jahren. Summerschool der Guardini Stiftung

Deutungen der Reformation. Theologische, kulturelle und gesellschaftliche Implikationen aus 500 Jahren. Summerschool der Guardini Stiftung

Veranstalter
Guardini Stiftung, in Verbindung mit der Guardini Professur für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
Veranstaltungsort
Casa Valdese, Via A. Farnese 18, 00192 Rom
Ort
Rom
Land
Italy
Vom - Bis
17.08.2015 - 28.08.2015
Deadline
10.06.2015
Von
Guardini Professur für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

Seit dem Thesenanschlag Martin Luthers, der als markanter Auftakt der europäischen Re-formation gilt, sind fast 500 Jahre vergangen. In Kooperation mit der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin nimmt dies die Guardini Stiftung zum Anlass, in einer Reihe von Summer Schools nach der Bedeutung der Reformation für Theologie und Gesell-schaft der Neuzeit und ihrem Nachwirken auf die Gegenwart zu fragen. Die erste Summer School in dieser Reihe wird vom 15. bis 30. August 2015 in Rom stattfinden. Zur Bewerbung eingeladen sind jüngere Wissenschaftler/-innen (Doktoranden, PostDocs, Masterstudenten) aus allen einschlägigen Disziplinen.

Die Bedeutung der Reformation als epochales Ereignis, das eng mit den Grundprinzipien der europäischen Neuzeit verknüpft ist, dürfte unstrittig sein. Persönliche Freiheit, die Rolle des Subjekts, Aufklärung, Toleranz etc. sind Schlagworte, deren neuzeitliche Prägung vom Einfluss reformatorischer Ideen nicht zu trennen ist. Gleichzeitig lassen sich aber auch Begriffe wie Individualismus, Bindungslosigkeit, Säkularisierung, Radikalisierung oder Nihilismus ein-werfen, mit denen oft die Schattenseiten der neuzeitlichen Entwicklung aus (nicht nur) theologischer Sicht beschrieben werden. Was wirklich die Folgen der Reformation sind, ist eine Debatte, die weit über die Theologie hinausgreift. Die Summer School versucht sich dem zu stellen mit einer Betrachtung, die eine Vielfalt von Deutungen zulässt und interkonfessionell wie auch interdisziplinär angelegt ist.

Einen Schwerpunkt der Debatte werden abweichende Sichtweisen der Reformation in protestantischen und katholischen Auslegungen bilden. Zwar gibt es hier mittlerweile viele Konvergenzen und von beiden Seiten erstaunliche Vorschüsse für die andere Konfession, den-noch bleibt die theologische Auseinandersetzung ein Kernpunkt für das Verständnis der Reformation und ihrer Geschichte. Die Debatte soll sich aber keineswegs allein auf ein Konstatieren historischer Entwicklungen oder konfessioneller Streitigkeiten beschränken, sondern vielmehr einen philosophischen und gesamtgesellschaftlichen Blick auf die Bedeutung der Reformation ermöglichen, von beispielsweise Hegels Lesart des Protestantismus als letzter und höchster Formation des Christentums über Nietzsches Kritik am „Pöbelhaften“ der Reformation bis hin zur Säkularismusdiskussion unserer Tage etwa bei Charles Taylor.

Die Reformation hat darüber hinaus eine ganze Reihe von kulturellen, wirtschaftlichen, politischen oder gesellschaftlichen Implikationen, die nur indirekt mit der Rolle der Religion zu tun haben und eine Betrachtung aus verschiedenen Disziplinen herausfordern: die protestantische Arbeitsethik als Grundlage für einen neuen Geist des Kapitalismus, die grundsätzliche Verschiebung zu einer neuen Nüchternheit in der Bildenden Kunst, die Betonung der Bildung und der Schrift, die neue Wertigkeit der nationalen Sprachen – all das ist nur eine kleine Auswahl von Entwicklungen, die einen umfassenden und interdisziplinär vielseitigen Blick auf die Reformation ermöglichen.

Eingeladen zur Bewerbung sind Doktoranden/innen, Post-Docs und Masterstudierende aus allen einschlägigen Fachrichtungen, insbesondere Theologie, Philosophie, Literatur- und Kunstwissenschaften, Geschichte etc. Eine konfessionelle Ausgeglichenheit wird vom Veranstalter angestrebt. Teilnehmende aller Konfessionen und Weltanschauungen sind willkommen, vorausgesetzt wird jedoch ein originäres Interesse an Fragen, die mit der Theologie verknüpft sind.

Organisatorisches
Die Summerschool wird geleitet von einem Team von ausgewählten Wissenschaftlern/-innen, dem Prof. Ugo Perone (HU, Guardini Professor), Prof. Dorothea Wendebourg (HU), Prof. Notger Slenczka (HU), Prof. Martin Ohst (Bergische Universität Wuppertal) u.a. angehören werden. Sie leiten zusammen mit weiteren Lehrenden die Summerschool und stehen allen Teilnehmenden für Gespräche und Beratung zur Verfügung.

Für die zwei Wochen der Summerschool organisiert das Kollegium gemeinsame Lektüre- und Seminarsitzungen. Außerdem wird es an mehreren Abenden Vorträge der Lehrenden oder von externen Gästen geben. Ebenso werden alle Teilnehmer Zeit haben, auch ihre eigenen Projekte und Ideen vorzustellen. Alle Veranstaltungen werden genügend Raum für die Diskussion und gemeinsame kritische Auseinandersetzung bieten. Als zusätzliches und fakultatives Angebot werden wir gemeinsame reformationsbezogene Exkursionen zu ausgewählten Orten Roms vorbereiten.

Die Summerschool wird in Deutsch gehalten, Vorträge und Diskussionen auf Englisch sind jedoch ausdrücklich willkommen. Internationale (und nicht-muttersprachliche) Interessenten sind zur Bewerbung ausdrücklich eingeladen, sie sollten aber in der Lage sein, einer Diskussion in deutscher Sprache zu folgen.

Zeitplan
Anreise: Sonntag, 16.8.2015
Beginn der Summerschool: Montag, 17.8.2015
Ende der Summerschool: Freitag, 28.8.2015
Abreise: Sonntag, 30.8.2015
Teilnahmegebühr: 80 €
Reisekosten bis zu einer Höhe von max. 150 € werden bei Vorlag von Ticket/ Quittung erstattet. Ebenso werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (Halbpension) von den Organisatoren getragen.

Zentral für die Bewerbung ist, neben den üblichen Unterlagen (Motivationsskizze, CV), die Vorstellung eines eigenen Konzepts oder einer Fragestellung, die im Rahmen der Summer School präsentiert und diskutiert werden kann. Ein solches Konzept kann von eigenen Forschungen ausgehen, auf Erfahrungen und Beobachtungen beruhen oder in Form von konkreten Fragen zur Deutung der Reformation formuliert sein. Das Exposé sollte eine Länge von 400 Wörtern (ca. eine Seite) nicht überschreiten.
Bewerbungsunterlagen

Einzusenden sind
- Anmeldeformular (verbindliche Anmeldung),
- kurzer CV,
- aussagekräftiges Motivationsschreiben (150 – 200 Wörter),
- Kurzexposé (s. oben, < 400 Wörter).
(CV, letter of motivation and exposé may also be submitted in English)

Senden Sie bitte alle Unterlagen in einer Datei mit Anschreiben an die Geschäftsstelle der Guardini Stiftung, am besten als PDF per Email an diese Adresse: info@guardini.de

Bewerbungsschluss ist am 10.6.2015. Die Mitteilung über eine Teilnahme an der Summerschool erfolgt bis 1. Juli 2015.

Programm

Tagesprogramm (Beispiel)

- 09.00 – 10.30h Seminar
Für alle gemeinsam: Vorstellung und Diskussion der Impulsreferate aller Teilnehmer
- 11.00 – 13.00h Lektürekurs
In zwei Gruppen: gemeinsame Erarbeitung und Debatte ausgewählter Texte
- 19.00 – 20.00h Abendvortrag mit anschließender Diskussion
Für alle gemeinsam; wahlweise auch externe Gäste als Vortragende

An den Abenden und/oder Wochenenden gemeinsames Kulturprogramm und Besichtigungen für alle, die dies wünschen.

Kurse/ Seminare: (mögliche Themen)

Reformation: Ideen und Protagonisten

Kernthemen der Reformation erarbeitet anhand von ausgewählten und exemplarischen Texten: Reflexion über die Freiheit des (christlichen) Individuums, Selbstthematisierung des Subjekts, Bedeutung der Schrift (sola scriptura), Rolle des Glaubens und der Gnade (sola fide, sola gratia). Ebenso Rückgriff auf zentrale Texte, die das Ansinnen einer Re-formation, d.h. Rückgriff auf die Tradition und Neubesinnung, verdeutlichen: etwa Schriften Luthers bis 1520 und frühe Texte Melanchthons mit ihrer Rezeption der (augustinischen) Mystik, Luthers Rezeption des Bernhard von Clairvaux in der Ersten Psalmenvorlesung und im Römerbriefkommentar; Rezeption der Theologia Deutsch und Taulers.

Kritik der Reformation: Humanismus und Kath. Reform

Sicht bedeutender Gegner Martin Luthers: etwa Girolamo Seripando, Johannes Eck, Bartolomé Carranza, Diego Lainez, Gasparo Contarini u.a. Doch ist es das Anliegen, die Perspektive nicht auf alte Konflikte zu verengen (wie sie etwa im polemischen Begriff der „Gegenreformation“ zum Ausdruck kommen), sondern den Blick auf die Reformation als epochales, die kulturellen Codierungen umwälzendes Ereignis und seine Auswirkungen auf das religiös-politische-kulturelle „Establishment” der Zeit zu lenken. Die Auswahl soll einen weiten Bogen spannen, angefangen von Erasmus über Thomas Morus oder Ignatius von Loyola bis hin zu Karl V.

Rezeptionslinien: Die Reformation als Inspiration und als Schrecken (bis heute)

Die Reformation hat im Laufe der Jahrhunderte (bis heute) die unterschiedlichsten Deutungen und Wertungen erfahren. Exemplarisch seien hier genannt: Hegel, Schleiermacher, Gogarten, Troeltsch, Tillich in einer eher affirmativen Lesart, Johann Adam Möhler, der späte Schelling oder Nietzsche in sehr unterschiedlich akzentuierten kritischen Wendungen gegen die Reformation, der Theologe Romano Guardini oder der Schriftsteller Hugo Ball aus katholischer Perspektive, die Analyse des Protestantismus im Hinblick auf die Arbeitsethik bei Max Weber, oder schließlich die Säkularismusdebatte unserer Tage etwa bei Charles Taylor. Der Kurs wird anhand ausgewählter Positionen ein Bild der Reformation als einem historischen Ereignis zeichnen, das bis in die Gegenwart hinein breite gesellschaftliche Wirkung entfaltet.

Kontakt

Mariola Lewandowska

Guardini Stiftung
Askanischer Platz 4, 10963 Berlin
+49 30 217358-0
+49 30 217358-99
info@guardini.de

http://www.guardini.de/guardini/front_content.php
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